Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. freiwilliges Mitglied. betriebliche Altersversorgung. Riesterrente. Beitragsbemessung ohne Berücksichtigung des Freibetrags gemäß § 226 Abs 2 S 2 SGB 5. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Die Nichtberücksichtigung freiwillig versicherter Betriebsrentner im Rahmen der Freibetragsregelung des § 226 Abs 2 SGB 5 verstößt nicht gegen das Gleichheitsgebot des Art 3 GG (Anschluss an LSG Darmstadt vom 19.1.2023 - L 1 KR 463/21).

 

Tenor

1. Die Berufung wird zurück- und die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Der Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse seit dem 1. Juli 2020 als Rentner bei der Beklagten freiwillig gesetzlich krankenversichert. In seiner Anmeldung zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung gab der Kläger unter Beifügung von Nachweisen an, von der D. eine Regelaltersrente in Höhe von monatlich 1494,74 €, sowie betriebliche Altersrenten von der D1 in Höhe von monatlich 179,81 € und 5,52 € sowie eine Riester-Rente in Höhe von monatlich 136,13 € zu beziehen.

Mit Bescheid vom 31. Juli 2020 setzte die Beklagte die Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem 1. Juli 2020 in Höhe von 277,05 € fest. Dabei legte sie sämtliche angegebenen Bezüge und damit ein monatliches Einkommen von insgesamt 1816,20 € zu Grunde.

Hiergegen legte der Kläger unter dem 13. August 2020 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass die Verbeitragung der Versorgungsbezüge und der sonstigen Einnahmen unrechtmäßig sei. Bei pflichtversicherten Rentnern würden diese Beiträge nicht erhoben werden, sodass eine Ungleichbehandlung von freiwillig Versicherten und pflichtversicherten Rentnern bestehe.

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 28. Oktober 2020 ihren Bescheid ergänzend begründet und auch dargelegt hatte, dass und warum der Kläger nicht die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) erfülle, wies sie den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2020 zurück. Da der Kläger die entsprechende Vorversicherungszeit für eine Pflichtversicherung in der KVdR nicht erfüllt habe, habe er richtig eine Anmeldung zur freiwilligen Krankenversicherung eingereicht. Eine Pflichtversicherung als Rentner trete nur ein, wenn von der erstmaligen Aufnahme der Erwerbstätigkeit bis zur Rentenantragstellung mindestens 9/10 der zweiten Hälfte dieses Zeitraums eine eigene Mitgliedschaft oder eine Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bestanden habe. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall, weil er in der Zeit vom 1. Oktober 1994 bis zum 31. Mai 2004 privat krankenversichert gewesen sei. Zur Sicherstellung des weiteren Versicherungsschutzes sei es deshalb erforderlich gewesen, die Mitgliedschaft des Klägers nach Beendigung der Beschäftigung, d.h. bei Eintritt in die Rente, als freiwillige Mitgliedschaft fortzuführen. Die Beitragsbemessung erfolge einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf Grundlage der gesetzlichen Regelungen. Gemäß den sogenannten Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler (BtrVgSz) seien das Arbeitsentgelt, dass Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden könnten ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Auf dieser Grundlage sei die Beitragsberechnung der Beklagten korrekt erfolgt.

Am 23. Dezember 2020 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben, die er im Hinblick auf die ebenfalls festgesetzten Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung nach einer Unterwerfungserklärung der Pflegekasse der Beklagten für erledigt erklärt hat. Im Hinblick auf die beanstandete Höhe der Krankenversicherungsbeiträge hat der Kläger begehrt, dass bei der Beitragserhebung ab dem 1. Juli 2020 unter Abänderung des angefochtenen Bescheide ein gesetzes- und verfassungskonformer Freibetrag im Sinne von § 226 Abs. 2 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) berücksichtigt wird. Zur Begründung  hat er seine vorgerichtlichen Ausführungen wiederholt und vertieft und ergänzend ausgeführt, dass der Gesetzgeber durch das GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz ab dem 1. Januar 2020 einen Freibetrag für Einnahmen aus Leistungen der betrieblichen Altersversorgung eingeführt habe. Dieser greife jedoch nicht bei freiwillig versicherten Rentnern. Dieser Freibetrag solle einerseits zu einer Beitragsentlastung der versicherungspflichtigen Mitglieder führen und andererseits die betriebliche Altersversorgung stärken und für Beschäftigte attraktiver machen. Der Kläger werde als freiwillig versicherter Rentner jedoch benachteiligt, denn für ihn greife dieser Freibetrag nicht. Er halte diese Benachteiligung für verfassungsrechtlich...

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