Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Befreiung von der Versicherungspflicht für einen zugelassenen Rechtsanwalt

 

Orientierungssatz

1. Nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 6 werden Angestellte für die Beschäftigung, wegen der sie aufgrund einer Mitgliedschaft in einer berufsständischen Vereinigung Mitglied einer solchen Versorgungseinrichtung und zugleich Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, auf Antrag neben weiteren Voraussetzungen von der Versicherungspflicht befreit.

2. Nach § 60 Abs. 1 S. 2 BRAO sind Mitglieder der Rechtsanwaltskammer die Rechtsanwälte, die von ihr zugelassen oder aufgenommen worden sind.

3. Erfolgt die Zulassung lediglich für eine nebenberufliche Tätigkeit als freier Rechtsanwalt und ist der Betroffene hauptberuflich als Syndikus für ein Vertrags- und Beschaffungsmanagement tätig, so ist eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 6 ausgeschlossen. Eine anwaltliche Berufsausübung in der äußeren Form als Syndikus ist nicht möglich.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 26.06.2018; Aktenzeichen B 5 RE 14/17 B)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18. April 2013 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die Tätigkeit als Referentin bei der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 9. März 2011 bis 31. März 2014.

Die 1981 geborene Klägerin ist Volljuristin. Ab dem 1. Februar 2010 war sie bei der Beigeladenen zu 1) tätig als Referentin Vertragsmanagement. Der Arbeitsvertrag wurde im Januar 2010 geschlossen. Die Beigeladene zu 1) ist ein Netzwerk von Fachbetrieben der Orthopädietechnik, Rehabilitation und häuslichen Pflege. Die Zentrale, für die die Klägerin tätig war, verantwortet das überregionale Vertrags- und Beschaffungsmanagement.

Unter dem 27. Januar 2010 trafen die Klägerin und die Beigeladene zu 1) eine Ergänzungsvereinbarung zum Anstellungsvertrag mit folgender Regelung: Frau G. ist berechtigt, sich zur Anwartschaft der Versorgungsbezüge als freie Rechtsanwältin bei der Rechtsanwaltskammer anzumelden. Eine Freistellung von der Arbeitszeit gilt ausschließlich für Pflichtmandate. Diese, ebenso wie alle anderen Termine und Handlungen in der Funktion als Rechtsanwältin, müssen im Rahmen der Urlaubs- bzw. Gleitzeitregelung getätigt werden.

Am 9. März 2011 wurde die Klägerin als Rechtsanwältin zugelassen und ist seitdem Mitglied der H. Rechtsanwaltskammer H1 und Mitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der H2 (Beigeladene zu 2)).

Die Klägerin beantragte am 23. März 2011 bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für ihre Tätigkeit als Referentin bei der Beigeladenen zu 1). Ausweislich der beigefügten Stellenausschreibung wurde für die Stelle ausdrücklich ein Volljurist bzw. eine Volljuristin gesucht. Nach der ebenfalls beigefügten Stellenbeschreibung wurden als Hauptaufgaben genannt: Erstellung von Angeboten, Vertragsverhandlungen mit Leistungsträgern sowie Mitarbeit an neuen Vertragskonzeptionen. Dem Bereich der Rechtsberatung seien folgende Tätigkeiten zuzuordnen: Prüfung von Verträgen (z. B. Beitrittsverträge, Verträge von Lizenznehmern); Beratung von Lizenznehmern bei deren Vertragsverhandlungen; Lizenznehmer- und Leistungsträgerbetreuung in allen relevanten Fragen, insbesondere juristischen Fragestellungen; Sichtung/Auswertung von Ausschreibungen; Koordination und rechtliche Beratung bei Ausschreibungen. Zum Bereich der Rechtsentscheidung gehörten: Erstellung von Angeboten; Vertragsverhandlungen mit Leistungsträgern; Mitarbeit an neuen Vertragskonzeptionen; Sichtung/Auswertung von Ausschreibungen; Koordination und rechtliche Beratung bei Ausschreibungen. Dem Bereich Rechtsgestaltungen seien zuzuordnen: Vertragsverhandlungen mit Leistungsträgern; Erstellung von Angeboten; Mitarbeit an neuen Vertragskonzeptionen. Schließlich gehörten zum Bereich Rechtsvermittlungen die folgenden Tätigkeiten: Durchführung von Arbeitskreisen; Durchführung von Schulungen, insbesondere Vertragsgrundschulungen; Aufarbeitung von Urteilen und juristischer Sachverhalte, juristische Kurzgutachten, Stellungnahmen; Informationsaufbereitung aus dem Arbeitsgebiet für Lizenznehmer und Mitarbeiter Vertragsmanagement.

Ausweislich des Arbeitsvertrags wurde die Klägerin als "Referentin Vertragsmanagement" eingestellt. In einer ergänzenden Stellungnahme führte die Beigeladene zu 1) zur Erläuterung der Funktion der Klägerin aus, deren Hauptaufgabe bestehe darin, Angebote an Krankenkassen zu erstellen und diese zu verhandeln. Diese Verhandlungen führe die Klägerin eigenständig durch. Dabei sei sie hauptverantwortlich für alle Verträge der Beigeladenen zu 1) mit privaten Krankenversicherungen zuständig. D...

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