Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzlicher Rentenversicherung: Befreiung von der Versicherungspflicht für einen angestellten Juristen wegen Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk. Zulässigkeit der Befreiung bei einem Syndikusanwalt

 

Orientierungssatz

Allein der Umstand, dass ein angestellter Jurist neben seinem Beschäftigungsverhältnis auch im geringen Umfang einer Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt nachgeht und als solcher im Versorgungswerk der Rechtsanwalt pflichtversichert ist, rechtfertigt für sich genommen noch nicht eine Befreiung von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung in Bezug auf das bestehende Arbeitsverhältnis. Für einen angestellten Jurist, der in einem festen Dienstverhältnis zu einem nicht anwaltlichen Arbeitgeber steht, kommt deshalb eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung in Bezug auf das Beschäftigungsverhältnis im Regelfall nicht in Betracht (Anschluss: LSG Essen, Urteil vom 22.08.2005, Az.: L 3 RA 72/04).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 26.06.2018; Aktenzeichen B 5 RE 14/17 B)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für deren Tätigkeit als Referentin bei der Beigeladenen zu 1).

Die 1981 geborene Klägerin ist Volljuristin. Seit dem 01.02.2010 ist sie bei der Beigeladenen zu 1) tätig als Referentin Vertragsmanagement; der Arbeitsvertrag wurde am 06./07.01.2010 geschlossen. Die Beigeladene zu 1) ist ein Netzwerk von Fachbetrieben der Orthopädietechnik, Rehabilitation und häuslichen Pflege. Die Zentrale, für die die Klägerin tätig ist, verantwortet das überregionale Vertrags- und Beschaffungsmanagement.

Am 27.01.2010 trafen die Klägerin und die Beigeladene zu 1) eine Ergänzungsvereinbarung zum Anstellungsvertrag. In dieser heißt es wörtlich: "Frau G. ist berechtigt sich zur Anwartschaft der Versorgungsbezüge als freie Rechtsanwältin bei der Rechtsanwaltskammer anzumelden. Eine Freistellung von der Arbeitszeit gilt ausschließlich für Pflichtmandate. Diese, ebenso wie alle anderen Termine und Handlungen in der Funktion als Rechtsanwältin, müssen im Rahmen der Urlaubs- bzw. Gleitzeitregelung getätigt werden".

Am 09.03.2011 wurde die Klägerin als Rechtsanwältin zugelassen, seitdem ist sie Mitglied der H. Rechtsanwaltskammer H1 und Mitglied des V. der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der H2 (Beigeladener zu 2)).

Die Klägerin beantragte am 23.03.2011 bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für ihre Tätigkeit als Referentin bei der Beigeladenen zu 1). Dem Antrag beigefügt war die Stellenausschreibung. Danach wurde für die Stelle der Klägerin ausdrücklich ein Volljurist bzw. eine Volljuristin gesucht. Ebenfalls mit beigefügt war eine Stellenbeschreibung. In dieser werden als Hauptaufgaben der Klägerin genannt: Erstellung von Angeboten, Vertragsverhandlungen mit Leistungsträgern sowie Mitarbeit an neuen Vertragskonzeptionen. Dem Bereich der Rechtsberatung seien folgende Tätigkeiten zuzuordnen: Prüfung von Verträgen (z. B. Beitrittsverträge, Verträge von Lizenznehmern); Beratung von Lizenznehmern bei deren Vertragsverhandlungen; Lizenznehmer- und Leistungsträgerbetreuung in allen relevanten Fragen, insbesondere juristischen Fragestellungen; Sichtung/Auswertung von Ausschreibungen; Koordination und rechtliche Beratung bei Ausschreibungen. Zum Bereich der Rechtsentscheidung gehörten: Erstellung von Angeboten; Vertragsverhandlungen mit Leistungsträgern; Mitarbeit an neuen Vertragskonzeptionen; Sichtung/Auswertung von Ausschreibungen; Koordination und rechtliche Beratung bei Ausschreibungen. Dem Bereich Rechtsgestaltungen seien zuzuordnen: Vertragsverhandlungen mit Leistungsträgern; Erstellung von Angeboten; Mitarbeit an neuen Vertragskonzeptionen. Schließlich gehörten zum Bereich Rechtsvermittlungen die folgenden Tätigkeiten: Durchführung von Arbeitskreisen; Durchführung von Schulungen, insbesondere Vertragsgrundschulungen; Aufarbeitung von Urteilen und juristischer Sachverhalte, juristische Kurzgutachten, Stellungnahmen; Informationsaufbereitung aus dem Arbeitsgebiet für Lizenznehmer und Mitarbeiter Vertragsmanagement.

Auf Nachfrage der Beklagten reichte die Klägerin ferner eine Kopie ihres Arbeitsvertrages, ein Organigramm der Beigeladenen zu 1) sowie eine ergänzenden Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) ein. Ausweislich des eingereichten Arbeitsvertrags wurde die Klägerin als "Referentin Vertragsmanagement" eingestellt. In der ergänzenden Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) führte diese zur Erläuterung der Funktion der Klägerin aus, deren Hauptaufgabe bestehe darin, Angebote an Krankenkassen zu erstellen und diese zu verhandeln. Diese Verhandlungen führe die Klägerin eigenständig durch. Derzeit sei sie hauptverantwortlich für alle Verträge der Beigeladenen zu 1) mit privaten Krankenversicherungen z...

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