Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage einer Aufenthaltserlaubnis zur Bewilligung von Grundsicherungsleistungen an einen Ausländer
Orientierungssatz
1. Wer Leistungen der Grundsicherung beantragt, hat die Leistungsvoraussetzungen nach dem SGB 2 nachzuweisen. Ein Ausländer ist insoweit nach § 4 Abs. 5 AufenthG verpflichtet, sein Aufenthaltsrecht nachzuweisen.
2. Im Hinblick auf den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB 2 ist eine Gleichbehandlung von deutschen und ausländischen Staatsangehörigen ausgeschlossen. Bei ausländischen Staatsangehörigen ist zu prüfen, ob ein Ausschlusstatbestand vorliegt, der für deutsche Staatsangehörige nicht in Betracht kommt. Deshalb kann der Grundsicherungsträger bei der Antragstellung eine aktuelle Aussage der zuständigen Ausländerbehörde verlangen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Erstattung der Kosten für ein Widerspruchsverfahren hat und, ob der Beklagte zu Recht vor Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch (SGB II) die Vorlage einer Aufenthaltserlaubnis verlangen durfte.
Der 1954 geborene Kläger, der t. Staatsangehöriger ist, bezog seit Januar 2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Auf der Grundlage einer Fiktionsbescheinigung vom 11. Januar 2007, gültig bis 10. April 2007, und einem entsprechenden Fortzahlungsantrag vom 27. Februar 2007 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 28. Februar 2007 Leistungen für die Zeit vom 1. April bis 10. April 2007 in Höhe von 179,73 EUR. Mit Schreiben vom selben Tag wies sie den Kläger darauf hin, dass nach den vorliegenden Unterlagen der Aufenthalt nur bis zum 10. April 2007 gültig sei, und forderte ihn auf, umgehend den darüber hinaus gültigen Aufenthalt nachzuweisen.
Gegen den Bescheid vom 28. Februar 2007 legte der Bevollmächtigte des Klägers Widerspruch ein mit der Begründung, der Kläger habe Anspruch auf Arbeitslosengeld II, weil er einen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis habe. Dieser Anspruch ergebe sich aus Art. 7 II ARB 1/80 (Beschluss des Assoziationsrats EWG - Türkei vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation).
Mit Schreiben vom 28. März 2007 wies der Beklagte darauf hin, dass Leistungen ab 11. April 2007 selbstverständlich wieder aufgenommen würden, wenn der Kläger eine gültige Aufenthaltserlaubnis vorlege.
Nachdem der Kläger eine Fiktionsbescheinigung vom 2. April 2007, gültig bis 1. Juli 2007 vorgelegt hatte, bewilligte der Beklagte mit Bewilligungsbescheid vom 5. April 2007 Leistungen für die Zeit vom 11. April 2007 bis 1. Juli 2007.
Mit Bescheid vom 20. August 2007 lehnte der Beklagte die Erstattung von Kosten für das Widerspruchsverfahren ab, da die Stattgabe des Widerspruchs auf Grund eines neuen Sachverhalts erfolgt sei und die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht notwendig gewesen sei. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2008 zurückgewiesen.
Mit der am 5. März 2008 erhobenen Klage verfolgte der Kläger seinen Anspruch weiter. Es sei erforderlich gewesen, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, da er sich von den Behörden verfolgt gefühlt habe. Er sei nicht verpflichtet gewesen, eine Aufenthaltserlaubnis vorzulegen, da nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis bei einem t. Staatsangehörigen, der Rechte aus Art. 6 oder 7 ARB 1/80 herleiten könne, nur deklaratorische Bedeutung hätten. Die Beklagte habe jedoch die Zahlung der Leistung von der Vorlage einer Aufenthaltserlaubnis abhängig gemacht. Damit habe sie gegen hochrangige EU-Vorschriften über die Gleichbehandlung von t. Mitbürgern verstoßen. Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse, dass festgestellt werde, dass die Behörde es in Zukunft unterlasse, von ihm entsprechende Nachweise zu verlangen.
Mit Beschluss vom 10. Juli 2008 lehnte das Sozialgericht Hamburg den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab; auch die entsprechende Beschwerde blieb ohne Erfolg (vgl. Beschluss des LSG Hamburg vom 6.5.2011 - L 5 B 397/08 PKH AS).
Mit Gerichtsbescheid vom 25. November 2011, zugestellt an den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 1. Dezember 2011, wurde die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für eine Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens nach § 63 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch (SGB X) nicht vorlägen. Die mit Bescheid vom 5. April 2007 verfügte Leistungsbewilligung ab 11. April 2007 stelle keine Abhilfeentscheidung des Beklagten dar, sondern sei auf die Vorlage der Fiktionsbescheinigung vom 2. April 2007 zurückzuführen. In Fällen, in denen nach dem konkreten Sachverhalt ein anderer Umstand als der Widerspruch rechtlich zurechenbar sei, was z.B. dann gelte, wenn der Widerspruchsführer seien Mitwirkungspflichten erst im Widerspruchsverfahren nachkomme, greife die Kostenerstattungsregel des § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X nicht. Im Übrigen sei auch das ...