Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Verpflichtung des Trägers der Arbeitslosenversicherung zur Meldung einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit. Arbeitsuchendmeldung. Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Rechtsschutzbedürfnis

 

Orientierungssatz

1. Tatbestandsvoraussetzung einer Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB 6 ist, dass sich der Versicherte nachweislich bei dem Träger der Arbeitslosenversicherung als arbeitsuchend gemeldet hat.

2. Die Vergünstigung einer solchen Anrechnungszeit soll nur solchen Versicherten zukommen, die sich selbst solidarisch verhalten, d. h. dass sie vorbehaltlos nach Arbeit suchen. Dazu genügt es nicht, dass sie lediglich arbeitslos und erwerbsfähig sind. Sie müssen auch bemüht sein, unter Nutzung der Möglichkeiten der Arbeitsvermittlung eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung wieder zu erlangen. Wer sich zwei Jahre lang nach einer behaupteten Meldung als arbeitsuchend mit der Arbeitsagentur nicht in Verbindung setzt, hat erkennbar ein solches Bestreben nicht, vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2004 - B 13 RJ 16/03 R.

3. Die Meldung als arbeitsuchend kann im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht fingiert werden. Hierzu wäre erforderlich, dass die Ersetzung der fehlenden Anspruchsvoraussetzung mit dem Gesetzeszweck in Einklang steht.

 

Normenkette

SGB VI § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 193; SGB III a.F. § 38 Abs. 4 S. 2

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten in der Sache über die Verpflichtung der Beklagten, bei dem Rentenversicherungsträger eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zu melden.

Die Klägerin sprach am 8. November 2007 persönlich bei der Beklagten vor. Ihr wurde eine Bescheinigung über diese persönliche Vorsprache ausgehändigt, in der festgestellt wurde, dass Sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe und dass aus diesem Grund auf eine formelle Antragstellung verzichtet werde.

Die Klägerin sprach am 12. August 2009 erneut persönlich bei der Beklagten vor und erhielt einen Termin für den 18. August 2009. Zu einem persönlichen Gespräch mit der Beklagten kam es dann jedoch bereits schon am 14. August 2009. Dem hierzu gefertigten Vermerk lässt sich folgender Vortrag der Klägerin entnehmen: Sie habe sich am 8. November 2007 persönlich gemeldet, um in Arbeit vermittelt zu werden. Sie sei an die ARGE verwiesen worden, die sie jedoch ebenfalls abgelehnt hätte. Sie sei nicht darauf hingewiesen worden, dass auch die Möglichkeit einer Aufnahme als arbeitslos ohne Leistungsbezug bestanden habe bzw. habe gedacht, dass sie arbeitssuchend ohne Leistungsbezug aufgenommen worden sei. Sie sei jetzt bei einem Anwalt gewesen, der sie darauf hingewiesen habe, dass es damals schon möglich gewesen wäre, sie als arbeitssuchend ohne Leistungsbezug aufzunehmen, bzw. dass es die Pflicht der Beklagten gewesen wäre, sie diesbezüglich zu beraten. Sie stellte einen Antrag auf Bescheinigung der Zeit ab 8. November 2007 als arbeitssuchend.

Mit Schreiben vom 14. August 2009 lehnte die Beklagte die Erteilung einer entsprechenden Bescheinigung mit der Begründung ab, dass die Klägerin keine Arbeitserlaubnis für den deutschen Arbeitsmarkt besessen und daher dem deutschen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden habe.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2009 mit der Begründung als unzulässig, dass es sich bei dem Schreiben vom 14. August 2009 nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt habe, da es keine eigenständige Regelung enthalten habe.

Die Klägerin hat am 15. Oktober 2009 Klage erhoben. Diese hat sie damit begründet, dass sie bereits am 8. November 2007 nach Erhalt einer Freizügigkeitsbescheinigung bei der Beklagten gewesen sei und sich dort als arbeitslos und arbeitssuchend gemeldet sowie eine Arbeitserlaubnis begehrt habe. Sie sei jedoch lediglich an die ARGE verwiesen worden. Erst in dem Gespräch vom 14. August 2009 habe sie erfahren, dass sie bei der Beklagten nicht als arbeitssuchend registriert worden sei. In diesem Gespräch habe sie auch erfahren, dass Sie eine Arbeitsberechtigung nur von der Ausländerbehörde bekomme. Sie habe diese noch am gleichen Tag dort erstellen lassen und der Beklagten vorgelegt.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass sich die Klägerin in der Zeit von November 2007 bis August 2009 nicht bei der Beklagten gemeldet habe.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 29. Juni 2010, der Klägerin zugestellt am 6. Juli 2010, mit der Begründung abgewiesen, dass es sich bei dem Schreiben vom 14. August 2009 zwar um einen Verwaltungsakt handele, dieser jedoch zu Recht ergangen sei, da die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung von Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Bezug von Leistungen ab dem 8. November 200...

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