Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen. selbstständiger Taxiunternehmer. Anmeldung der Fahrer zur Sozialversicherung und Beitragsentrichtung zur Vortäuschung einer abhängigen Beschäftigung. öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Fehlen eines Rechtsgrundes für die geleistete Beitragszahlung. Anwendbarkeit des Rechtsgedankens des § 814 BGB
Orientierungssatz
Der aus dem Rechtsgedanken des § 814 BGB abgeleitete Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ist auch im Rahmen des hier in Form des § 26 Abs 2 und 3 SGB 4 speziell ausgestalteten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zumindest dann anwendbar, wenn (wie vorliegend) die positive Kenntnis vom Fehlen eines Rechtsgrundes für die geleistete Zahlung darin besteht, das gezielt über das Bestehen des Rechtsgrundes getäuscht wird.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selber tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen, die er für Taxifahrer abgeführt hat, welche in der Zeit von 1999 bis Juli 2004 in seinem Taxenbetrieb tätig waren.
Der 1961 geborene Kläger war seit 1994 selbständiger Taxiunternehmer in H... Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Steuerhinterziehung befand er sich vom 29. Juli 2004 bis 3. März 2005 in Untersuchungshaft, worauf der Taxenbetrieb eingestellt wurde. Das Landgericht Hamburg (LG) verurteilte den Kläger am 3. März 2005 rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung in 27 Fällen wegen unrichtiger Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen der Jahre 2000 bis 2001 sowie versuchter Steuerhinterziehung wegen unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen der Jahre 2002 bis 2003 zu einer Gesamtfreiheitstrafe von 2 Jahren auf Bewährung sowie zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen à 5,- Euro, wobei das LG die an die Beklagte entrichteten Beiträge strafmildernd berücksichtigte (vgl. Urteil vom 03.03.2005 - 620 KLs 13/04, auf das Bezug genommen wird). Nach den Feststellungen des LG verfügte der Kläger in den Jahren 1999 bis 2002 über 43 bis zuletzt 146 Taxenkonzessionen (Fahrzeuge). Daneben betrieb er eine eigene Autowerkstatt, in welcher die vom Kläger betriebenen Taxen repariert und gewartet wurden. Zur Erleichterung der Abrechnung mit seinen Taxifahrern vereinbarte der Kläger zumindest seit Beginn 1999, möglicherweise auch schon früher, mit allen Fahrern ein sog. “Mietmodell„, wonach diese ihm für die Überlassung eines Taxis DM 80,- pro Tag bzw. ab 2002 Euro 40,- pro Tag zahlten. Im Gegenzug konnten die Fahrer die von ihnen erzielten Einnahmen behalten, mussten aber für die Tankkosten selbst aufkommen, während der Kläger die Wartung und Reparaturen in seiner Werkstatt auf eigene Kosten durchführte. Da der Kläger Sorge hatte, dass ihm die Konzessionen entzogen würden, wenn bekannt werden würde, dass er den Fahren die Taxen zur selbständigen Verwendung überlässt, wurden die Fahrer des sog. “Mietmodells„ von dem Kläger als abhängig Beschäftigte mit einem festen Arbeitslohn geführt und die auf den Lohn berechneten Sozialversicherungsbeiträge (Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge) an die jeweiligen Krankenkassen abgeführt. Entsprechend dem “Mietmodell„ wurde der gemeldete Lohn jedoch nie ausgezahlt, vielmehr ließ sich der Kläger von den Fahrern zumindest die laut Verdienstabrechnung zu zahlenden Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung wieder erstatten; ob auch eine Erstattung der Arbeitgeberanteile erfolgte, konnte bis heute nicht geklärt werden. Soweit die Fahrer nicht nur geringfügig beschäftigt gewesen sind, wurde auch die Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt sowie sämtliche Abgaben einschließlich der Tankbelege der Fahrer, welche der Kläger sich wieder aushändigen ließ, auch buchhalterisch als Betriebsausgaben beim klägerischen Betrieb gebucht. Ein geringer Teil, ca. 5% der bei dem Kläger beschäftigten Fahrer, welche das “Mietmodell„ abgelehnt hatten, fuhren auf Provisionsbasis. Nach dieser Vereinbarung durften die Fahrer 50% ihrer Einnahmen behalten, während der Rest an den Kläger abzuliefern war.
Am 8. November 2005 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Erstattung der geleisteten Gesamtsozialversicherungsbeiträge für zunächst 15 Fahrer für den Zeitraum von 1999 bis Juli 2004. Für die namentlich aufgeführten Mitarbeiter des Klägers waren, mit einer Ausnahme im Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis 14. Juli 2004 mit Unterbrechungen Meldungen als geringfügig Beschäftigte bzw. Meldungen zur Sozialversicherung erfolgt und Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung entrichtet worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. Juni 2006 lehnte die Beklagte die Anträge auf Beitragserstattung ab, weil nach den vorgenommenen Meldungen eindeutig Versicherungspflicht vorgelegen habe und eine Umst...