Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen voller Erwerbsminderung
Orientierungssatz
Kann der auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Versicherte leichte körperliche Arbeiten arbeitstäglich noch sechs Stunden bei lediglich qualitativen Einschränkungen verrichten und liegt weder eine Summierung besonderer Leistungseinschränkungen noch eine besonders schwere Beeinträchtigung vor, so besteht bei vorhandener Wegefähigkeit kein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Entsprechende zumutbare Arbeitsplätze sind auf dem Arbeitsmarkt vorhanden. Eine Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit besteht nicht.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Oktober 2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung streitig.
Die am … 1962 geborene Klägerin hat eine Ausbildung zu Uhrmacherin absolviert. In diesem Beruf ist sie jedoch nicht tätig gewesen, sondern war bei der Firma B. als Packerin und Maschinenführerin beschäftigt. Die Klägerin ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.
Einen ersten Rentenantrag stellte die Klägerin bereits im Jahr 2007. Aus einem Heilverfahren von August bis September 2006 war die Klägerin unter der Diagnose einer leichten depressiven Episode und einem Impingement der Schulter, als vollschichtig leistungsfähig für die Tätigkeit als Maschinenwerker entlassen worden. Der behandelnde Psychiater L. hatte bereits ab April 2006 eine schwere Depression bescheinigt (Bericht von Juli 2007). Aufgrund des damaligen Rentenantrages erstellte der Chirurg Dr. N1 im August 2007 ein fachärztliches Gutachten sowie eine Stellungnahme im Oktober 2007 und hielt die Klägerin trotz der Angabe von Schmerzen in beiden Ellengelenken, Nackenschmerzen und Verspannungen der HWS sowie einem somatoformen Schmerzerleben vor dem Hintergrund einer reaktiven Belastungssituation für vollschichtig, also täglich sechs Stunden und mehr, leistungsfähig in einer mittelschweren körperlichen Tätigkeit ohne häufige Überkopfarbeiten und Armvorhalte. Zu einer gleichen Leistungsbeurteilung kam der Neurologe/Psychiater A. in seinem im Oktober 2007 erstellten Gutachten. Auch er hielt die Klägerin unter der Diagnose eines depressiven Erschöpfungssyndroms vor dem Hintergrund einer ängstlich-unsicheren Persönlichkeitsstruktur sowie der orthopädischen Beeinträchtigungen für vollschichtig in der Lage, einer mittelschweren Tätigkeit ohne besonderen Stress und Nachtarbeit nachzugehen.
Am 3. Juni 2009 beantragte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Zur Begründung verwies sie auf orthopädische Beeinträchtigungen, eine Depression und Nervenschmerzen.
Für die Beklagte erstellte der Orthopäde R. im Dezember 2009 ein fachärztliches Gutachten und stellte bei der Klägerin einen Reizzustand beider Bizepssehnen sowohl im Ursprungsbereich (Schulter) als auch Ansatzbereich (Ellenbogen) mit der Notwendigkeit zur konsequenten Schonung und ggfs. physikalischer und Physiotherapie ohne eigentliche strukturelle Schwächung der oberen Extremität, funktionelle Rückenschmerzen bei muskulärer Dysbalance und statisch ungünstiger Bauchfettverteilung, Klage über relative Unbeweglichkeit im Alltag, angegebene vorbefundete degenerative Veränderung einer Bandscheibe, einen medikamentös behandelten Bluthochdruck sowie ein behandeltes Asthma bronchiale und eine nervenärztlich behandelte depressiv getönte Problematik fest. Trotz dieser gesundheitlichen Einschränkungen hielt der Gutachter die Klägerin für in der Lage, vollschichtig, also sechs Stunden und mehr täglich, eine leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeit ohne Nachtarbeit auszuüben. Die so genannte Wegefähigkeit sei bei der Klägerin ebenfalls gegeben. In seinem Gutachten vom Januar 2010 kam der Neurologe/Psychiater A. unter der Diagnose eines subdepressiv getönten Erschöpfungszustandes vor dem Hintergrund einer ängstlich-unsicheren Persönlichkeitsstruktur, jedoch ohne Nachweis gravierend depressive Phänomene, ebenfalls zu einem noch vollschichtigen Leistungsvermögen für mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne besonderen Stress und ohne Nachtarbeit. Im Bericht vom Februar 2010 bescheinigte der behandelnde Psychiater L. eine rezidivierende depressive Störung, die er im Text umschrieb als "erheblich depressive recht labile Patientin mit starken, ängstlichen Persönlichkeitszügen".
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 5. Februar 2010 ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg. Nach Stellungnahmen des beratenden Neurologen/Psychiaters A. (im März und Juni 2010) und des Rheumatologen Dr. L1, die keine Änderungen hinsichtlich der Leistungsbeurteilung sahen, erstellte der Neurologie/Psychiater Prof. Dr. H. im November 2014 ein weiteres Gutachten. Unter der Dia...