Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Verweisung eines Unternehmens an die zuständige Berufsgenossenschaft. gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung. monostrukturelles Zeitarbeitsunternehmen
Orientierungssatz
1. Die Voraussetzungen einer wesentlichen Änderung des Unternehmens nach § 136 Abs 1 S 4 iVm Abs 2 S 2 SGB 7 liegen nur dann vor, wenn das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist.
2. Handelt es sich bei dem maßgeblichen Unternehmen unverändert um ein solches der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung, so kommt die Zuordnung zu einer Fach-BG auch bei monostruktureller Zeitarbeit nicht in Betracht.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst trägt.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Überweisung in die Zuständigkeit der beigeladenen Berufsgenossenschaft E. (BG E.).
Die Klägerin firmiert unter der Bezeichnung A. GmbH und war seit ihrer Unternehmenseröffnung am 14. April 1992 unter der ersten Firmierung „M.“ als Zeitarbeitsunternehmen im Unternehmerverzeichnis der Beklagten eingetragen.
Mit Schreiben vom 18. September 2013 beantragte die Klägerin die Überweisung von der Beklagten zur Beigeladenen. Sie begründete ihren Antrag insbesondere damit, dass sie ausschließlich Ingenieure, Techniker und andere technische Berufe im Wege der Arbeitnehmerüberlassung an Unternehmen der Luftfahrtindustrie verleihe. Hauptkunde sei seit Jahren die E1, zuletzt zu 100%. Die Leiharbeitnehmer blieben über einen längeren Zeitraum (36 Monate) in einem Kundenbetrieb und seien nicht an unterschiedlichen Arbeitsplätzen eingesetzt. Typische zusätzliche Unfallgefahren, wie sie aus einem häufigen Wechsel der Einsatzbetriebe mit Blick auf Arbeitsweg, Arbeitsumfeld und Arbeitsabläufe entsprängen, bestünden daher nicht. Es liege ein monostrukturelles Zeitarbeitsunternehmen vor.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2014 lehnte die Beklagte eine Überweisung der Klägerin an die Beigeladene ab. Das Überweisungsverfahren richte sich nach der Vorschrift des § 136 Abs. 1 Satz 4 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), welcher Lex specialis gegenüber den §§ 44, 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei. Nach dieser Vorschrift sei für ein Unternehmen ein Zuständigkeitswechsel nur dann möglich, wenn die Feststellung der Zuständigkeit von Anfang an unrichtig gewesen sei oder dauerhafte Veränderungen im Unternehmen eingetreten seien, welche zu einer Veränderung der materiellen Zuständigkeit führten. Die Beklagte führte aus, dass weder eine von Anfang an unrichtige Feststellung der Zuständigkeit noch eine wesentliche Änderung der Unternehmensverhältnisse vorliege. Insbesondere sei die Klägerin kein monostrukturelles Zeitarbeitsunternehmen, da die Beschäftigten in unterschiedliche Berufsgruppen vermittelt würden. Von einer monostrukturellen Verleihtätigkeit könne nur gesprochen werden, wenn der gesamte Bereich der Luftfahrtindustrie nur einer Berufsgenossenschaft zugeordnet wäre. Dies sei aber nicht der Fall. Zur Luftfahrtindustrie zählten auch alle Produktionsstätten, die im Flugzeugbau involviert seien. Hauptsächlich seien dies Flugzeughersteller und Zuliefererbetriebe. Es fänden sich daher unter den Versicherten verschiedener Berufsgenossenschaften Arbeitnehmer, die solche Tätigkeiten verrichteten. Die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers hänge vom Schwerpunkt der ausgeübten Tätigkeiten ab. Liege der Schwerpunkt im Bereich der Montage, ergebe sich die Zuständigkeit der Beigeladenen, im Bereich der Entwicklung die Zuständigkeit der Beklagten, im Bereich der Lackierung und Beschichtungstechnik die Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI), im Bereich der Lagerung die Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution (BGHW) und im Bereich Metallbau die Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM).
Ferner komme es darauf an, welche Tätigkeiten die verliehenen Mitarbeiter auch tatsächlich ausübten. Die Tatsache, dass Tätigkeiten von Mitarbeitern einem Sammelbegriff zugeordnet werden könnten, könne nicht dazu führen, ein Verleihunternehmen als monostrukturell anzusehen. Vertrags- oder Lohnunterlagen, die eine monostrukturelle Zeitarbeit begründen könnten, wie z.B. Zeitarbeitsverträge, Dienstleistungsverträge, Lohnjournale, Listen, aus denen hervorgehe, in welcher Berufsgruppe die Mitarbeiter verliehen würden, seien nicht vorgelegt worden. Nach den Unterlagen der Beklagten handele es sich bei der Klägerin um ein Unternehmen mit ca. 570 Beschäftigten, welches Metallbauer, Maler oder Verfahrensmechaniker für Beschichtungstechnik als Lackierer sowie Luft- und Raumfahrtingenieure, kaufmännische Mitarbeiter, IT-Mitarbeiter, Logistikfachkräfte und Techniker im Bereich der Luftfahrtindustrie verleihe.
Die Klägerin legte gegen den Bescheid Widerspruch ein und führte aus...