Entscheidungsstichwort (Thema)

Orthopädieverordnung. Zuschuss zur Beschaffung eines gebrauchten Motorfahrzeuges. Neuwert. Festsetzung. Ermächtigungsgrundlage

 

Orientierungssatz

1. Die Regelung des § 23 Abs 4 OrthV kann nicht in der Weise ausgelegt werden, dass auf das Verhältnis der restlichen Nutzungsmöglichkeit zur gesamten Nutzungsdauer (ausgedrückt in Kilometerleistung) abzustellen ist.

2. Die Bestimmung des § 23 Abs 4 OrthV ist von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 24a Buchst a iVm § 11 Abs 3 BVG gedeckt.

 

Tatbestand

Im Streit ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten für die Umrüstung des Kraftfahrzeugs des Klägers (Umbau des Gaspedals), anteilige Kosten für das automatische Getriebe sowie Gutachterkosten in Höhe von insgesamt 846,45 € zu erstatten.

Der ... 1924 geborene Kläger erhält wegen Verlustes des rechten Oberschenkels von der Beklagten Beschädigtenversorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70 v.H. In der Vergangenheit hatte die Beklagte u.a. im Jahre 1978 die Kosten für den Einbau eines automatischen Getriebes in ein vom Kläger erworbenes fabrikneues Kraftfahrzeug teilweise übernommen.

Am 2. Oktober 1997 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für den Umbau des Gaspedals sowie anteiliger Kosten für das automatische Getriebe für einen Gebrauchtwagen (Typ: Mercedes; Erstzulassung 21. Juli 1986), den er am 28. September 1997 zu einem Kaufpreis von 11.000,-- DM erworben hatte.

In seinem Gutachten vom 17. Oktober 1997 schätzte der Kfz-Sachverständige B den Wiederbeschaffungswert (einschließlich Mehrwertsteuer) für den Gebrauchtwagen mit 15.100,-- DM ein. Der Kläger gab den Neuwert des Wagens bei alleiniger Berücksichtigung der Grundausstattung mit 54.264,-- DM, insgesamt mit 83.130,-- DM, an.

Mit Bescheid vom 9. März 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. April 1999 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme einschließlich der Kosten für das vom Kläger veranlasste Sachverständigengutachten zur Einschätzung des Fahrzeugwerts unter Bezugnahme auf die Regelungen der Orthopädie-Verordnung (OrthV) ab, wonach bei gebrauchten Motorfahrzeugen eine Kostenübernahme davon abhängig sei, dass das Fahrzeug einen Wert von noch mindestens 40 % des Neuwerts besitze. Dies sei bei dem Kraftfahrzeug des Klägers nicht der Fall, dessen Neuwert auf der Basis einer Grundausstattung 54.264,-- DM und dessen Wiederbeschaffungswert 15.100,-- DM betrage. Im Übrigen entspreche es allgemeiner Erfahrung, dass der Wert eines elf Jahre alten Kraftfahrzeugs auch bei guter Pflege den Zeitwert von 40 % des Neuwerts nicht mehr erreiche.

Mit seiner gegen diese ablehnenden Bescheide erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass der von ihm erworbene Gebrauchtwagen zum Zeitpunkt des Kaufs eine Laufleistung von ca. 118.000 km aufgewiesen habe und bei einer angenommenen Gesamtleistung von 300.000 km noch eine Restlaufleistung von 182.000 km zulasse. Auf diesen Umstand sei maßgeblich für die Kostenübernahmeverpflichtung nach den Regelungen der OrthV abzustellen und nicht auf das Verhältnis des Wiederbeschaffungswerts (Zeitwerts) zu dem Neuwert des Kraftfahrzeugs.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 3. April 2002 im Wesentlichen mit derselben Begründung wie die der Beklagten in deren ablehnenden Bescheiden abgewiesen.

Gegen das am 10. Mai 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6. Juni 2002 Berufung eingelegt.

Er vertritt nach wie vor die Auffassung, dass § 23 Abs. 4 OrthV entsprechend dem Sinn und Zweck der Ermächtigungsgrundlage des § 24 a Buchst. a) Bundesversorgungsgesetz (BVG) so auszulegen sei, dass nicht das Verhältnis des Wiederbeschaffungswerts (Zeitwerts) zum Neuwert, sondern die restliche Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs im Verhältnis zu dessen Gesamtnutzungsdauer maßgeblich sei. Jede andere Auslegung widerspräche der Ermächtigungsgrundlage. Ausgehend von einer "Lebenserwartung" des von ihm erworbenen Gebrauchtwagens von zwischen 300.000 und 800.000 km und einer Laufleistung von 117.618 km zum Zeitpunkt der Anschaffung sei den der OrthV zugrunde liegenden Wirtschaftlichkeitserwägungen vollauf Rechnung getragen. Auch ein älteres Fahrzeug, das dieselbe Restlaufzeit wie ein Neuwagen habe, sei geeignet, die Gesundheitsstörungen sowie die dadurch bewirkten Beeinträchtigungen der Berufs- oder Erwerbsfähigkeit zu beseitigen oder zu bessern. Durch die Regelung des § 27 Abs. 4 OrthV, wonach Zuschüsse für die Sonderausstattung wieder übernommen werden, wenn nach Ablauf von fünf Jahren ein anderes Motorfahrzeug beschafft wird, sei eine wirtschaftliche Verwendung der vom Staat eingesetzten Mittel gewährleistet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 3. April 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. März 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. April 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 600,77 € für den Umbau des Gaspedals, 204,52 € anteilige Kosten für das automatische Getriebe sowie 41,16 € Gutach...

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