Entscheidungsstichwort (Thema)
soziales Entschädigungsrecht. Orthopädieverordnung. Umrüstung eines Pkw. Kostenübernahme. Neuwert. Gebrauchtwagenwert
Orientierungssatz
Zur Ermittlung des Fahrzeugneuwertes als auch des Gebrauchtfahrzeugwertes im Rahmen des § 23 Abs 4 OrthV.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten für eine Umrüstung seines Pkw entsprechend den Beschränkungen im Führerschein zu erstatten.
Bei dem 1908 geborenen Kläger sind als Schädigungsfolgen der Verlust des linken Oberarmes mit Phantomschmerzen sowie eine fixierte Seitenausbiegung der unteren Brustwirbelsäule und der oberen Lendenwirbelsäule mit Verbrauchserscheinungen der gesamten Wirbelsäule und entsprechender Funktionsbehinderung anerkannt. Hierfür erhält der Kläger Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 90 vH.
In dem Führerschein des Klägers findet sich folgende Eintragung:
Beschränkung:
1. Das Lenkrad muß gleitsicher und mit einem Drehknopf ausgerüstet sein.
2. Die Feststellbremse muss mit der rechten Hand oder mit dem Fuß bedient werden.
3. Automatisches Getriebe oder Lenkradschaltung.
4. Die Hupe und die Fahrtrichtungsanzeiger müssen ohne Loslassen des Lenkrades bedient werden können.
5. Lenkhilfe.
Für entsprechend ausgerüstete Personenkraftwagen (Pkw) hat der Kläger in der Vergangenheit mehrmals Zuschüsse erhalten. Im Dezember 1995 erwarb er einen Pkw Marke Daimler-Benz, 230 E, Erstzulassung 15.09.1986 zum Preis von 15.000,00 DM. Für 1.079,45 DM wurde das Lenkrad mit einem Drehknopf ausgerüstet, die Blinkerschalter nach rechts umgebaut sowie eine Wischerbetätigung montiert.
Mit Schreiben vom 29.08.1996 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für die Umrüstung und legte Abschriften von Führerschein, Fahrzeugschein, Rechnung über den Umbau sowie ein Wertgutachten des Dipl. Ing. A. H., Kfz-Sachverständiger, vom 09.02.1996 vor. Dieser schätzte den Einkaufswert des Pkw auf 13.500,00 DM (incl Mehrwertsteuer). Die späte Antragstellung entschuldigte der Kläger mit Krankheit und wies im Übrigen auf den Topzustand des Pkw hin, den er zu einem Freundschaftspreis erworben habe.
Mit Bescheid vom 30.10.1996 lehnte der Beklagte den Antrag ab und führte zur Begründung aus, der gebrauchte Pkw erreiche den für eine Erstattung erforderlichen Mindestgebrauchswert in Höhe von 40 vH des Neuwertes nicht. Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass der Schätzung des Sachverständigen falsche Zahlen zu Grunde gelegen hätten; insbesondere seien nur ca 10.000,00 DM statt tatsächlich 21.149,00 DM für Sonderausstattungen angesetzt worden. Er legte die Rechnung aus dem Jahre 1986 vor, die einen Gesamtkaufpreis von 58.364,81 DM ausweist. Der Pkw befinde sich in sehr gutem Zustand und sei mindestens noch 40 vH des Basis-Kaufpreises von 37.209,00 DM (ohne Sonderausstattung) wert.
Mit Bescheid vom 29.01.1997 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der vom Sachverständigen geschätzte Wert entspreche in etwa dem tatsächlich gezahlten Kaufpreis und liege weit unter 40 vH des Neuwertes von ca 58.000,00 DM.
Mit Urteil vom 21.09.1999 hat das Sozialgericht Speyer die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Neuwert liege entsprechend der Rechnung vom 11.09.1986 bei 58.364,81 DM. Zubehörteile und Mehrwertsteuer seien als preisbildende Faktoren in die Rechnung mit einzubeziehen. Sowohl der geschätzte Wert als auch der tatsächlich gezahlte Kaufpreis - selbst unter Berücksichtigung einer fiktiven Mehrwertsteuer - würden 40 vH hiervon nicht erreichen. § 23 Abs 4 Orthopädieverordnung (OrthV) verstoße nicht gegen höherrangiges Recht.
Gegen das am 28.09.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.10.1999 Berufung eingelegt.
Der Kläger trägt vor,
mit § 23 Abs 4 OrthV würden die Grenzen des Ermessens überschritten. Der Verordnungsgeber habe die Wertgrenze willkürlich angesetzt. Das Kfz-Sachverständigengutachten sei keine ausreichende Beurteilungsgrundlage, da es sich mit "Schwacke-Werten" begnüge und nicht den guten Zustand des Pkw berücksichtige. Der Sinn und Zweck der Vorschrift, die Umrüstung von Schrottlauben auf Staatskosten zu verhindern, greife in seinem Fall nicht. Er fahre diesen Pkw seit 1995 ohne Probleme und Beanstandung durch den TÜV.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 21.09.1999 sowie den Bescheid vom 30.10.1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.01.1997 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm die Kosten für die Änderung der Bedienungseinrichtungen in Höhe von 1.079,45 DM zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Gründe des angefochtenen Urteils, die er sich zu Eigen macht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten sowie der Gerichtsakte verwiesen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die sta...