Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung von Arbeitslosengeld. Berücksichtigung von Weihnachtsgeld. Kirchensteuer-Hebesatz. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Die Bestimmung des § 112 Abs 1 S 2 AFG über den Ausschluß einmaliger Zuwendungen von der Berechnung des Arbeitslosengeldes im Hinblick auf ihre Berücksichtigung bei der Berechnung der Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit ist mit der Verfassung vereinbar.

2. Die Vorschrift des § 111 Abs 2 S 2 Nr 2 AFG über die Berücksichtigung eines Kirchensteuer-Hebesatzes bei der Bestimmung der Leistungssätze ist nicht verfassungswidrig (Anschluß an BSG vom 10.11.1993 - 11 RAr 47/93 = BSGE 73, 195 = SozR 3-4100 § 249e Nr 3 und vom 15.9.1994 - 11 RAr 97/93 = SozR 3-4100 § 249e Nr 5).

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger für die Zeit vom 30. Oktober 1995 bis zum 25. Dezember 1997 ein höheres Arbeitslosengeld zusteht.

Der Kläger war vom 8. Januar 1990 bis zum 31. April 1994 als Liefertischler bei der Firma O & O GmbH & Co KG beschäftigt und bezog anschließend bis zum 29. Oktober 1995 durchgehend Krankengeld von der Allgemeinen Ortskrankenkasse H (AOK). Auf seinen Antrag vom 22. September 1995 bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 9. Oktober 1995 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23. Oktober 1995 ab dem 30. Oktober 1995 ein Arbeitslosengeld in Höhe von 346,80 DM wöchentlich auf der Grundlage eines gerundeten wöchentlichen Bruttoarbeitsentgelts in Höhe von 700,-- DM. Der Berechnung des Bruttoarbeitsentgelts hatte die Beklagte nicht das vom letzten Arbeitgeber des Klägers für die Monate November 1993 bis einschließlich April 1994 bescheinigte Arbeitsentgelt in Höhe von insgesamt 20.338,-- DM -- erzielt in 1181 Arbeitsstunden -- zugrunde gelegt, sondern einen um 400,-- DM niedrigeren Betrag.

Der Kläger erhob Widerspruch gegen beide Bescheide mit dem Ziel, dass die Beklagte bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes das vom letzten Arbeitgeber für die letzten 6 Monate bescheinigte Arbeitsentgelt in voller Höhe, d.h. unter Einschluss des im November 1993 gezahlten Weihnachtsgeldes in Höhe von 400,-- DM zugrunde legt. Ferner sollte bei der Ermittlung des für die Höhe des Arbeitslosengeldes maßgebenden pauschalierten Nettoentgelts nach seinen Vorstellungen im Hinblick auf den bei seiner Ehefrau anerkannten Grad der Behinderung von 30 der dafür vorgesehene steuerliche Freibetrag von 50,-- DM monatlich berücksichtigt werden. Schließlich wendete sich der Kläger dagegen, dass bei der Ermittlung des pauschalierten Nettoentgelts ein Kirchensteuerabzug berücksichtigt worden sei, obwohl er seit vielen Jahren keiner Kirche mehr angehöre. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. November 1995).

Mit Wirkung vom 1. Mai 1996 erhöhten sich das für die Berechnung des Arbeitslosengeldes maßgebende Bruttoarbeitsentgelt um den Faktor der vorangegangenen Rentenanpassung auf (gerundet) 720,-- DM und die wöchentliche Leistung auf 374,40 DM (Bescheide vom 6. Mai 1996 und 14.10.1996). Auch der Widerspruch gegen diese Bescheide blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 1997).

Mit seiner bereits am 30. November 1995 erhobenen Klage hat der Kläger die Höhe des ihm zuerkannten Arbeitslosengeldes beanstandet. Er hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, die Beklagte sei bei der Bestimmung des zugrunde zu legenden wöchentlichen Bruttoarbeitsentgelts zu Unrecht von einer tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ausgegangen, denn das Arbeitsverhältnis mit der Firma O & O habe keiner tarifvertraglichen Bindung unterlegen. Auch eine (schriftliche) Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber über eine wöchentliche Regelarbeitszeit von 40 Stunden habe zu keiner Zeit bestanden. Des weiteren sei die Beklagte bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes bzw. bei der Bestimmung des dem Arbeitslosengeld zugrunde liegenden Nettoarbeitsentgelts von zu hohen Abzügen vom Lohn ausgegangen. Die vorgenommene Pauschalierung sei unzulässig. Sie trage nicht seiner tatsächlich niedrigeren steuerlichen Belastung Rechnung. In diesem Zusammenhang hat er auf eine Bescheinigung des Finanzamtes H über den in den Jahren 1991 bis 1994 jeweils erzielten Arbeitslohn und die Höhe der in diesen Jahren jeweils vom Arbeitslohn einbehaltenen Lohnsteuer, eine Bescheinigung über seinen Austritt aus der evangelischen Kirche im Jahre 1976, Ablichtungen der Lohnsteuerkarten für die Jahre 1995 und 1996 und der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 1994 sowie eine Ablichtung einer Bescheinigung nach § 65 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst. a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 1986 über den bei seiner Ehefrau anerkannten Grad der Behinderung von 30 vorgelegt.

Das Sozialgericht hat die Klage durch das Urteil vom 29. Mai 1998 abgewiesen, auf dessen schriftliche Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.

Gegen das ihm am 14. Juli 1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. August 1998 Berufung eingelegt. Mit ihr erstrebt er die Berechnung des Arbeitslosengeld...

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