Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Kosten der Auszugsrenovierung. mietvertragliche Verpflichtung. Überbrückungsdarlehen eines Dritten. Rückzahlungsverpflichtung. zivilrechtliche Wirksamkeit. Bedarfsdeckung durch zu berücksichtigendes Einkommen
Orientierungssatz
1. Die Kosten der Auszugsrenovierung gehören zu den nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 erstattungsfähigen Unterkunftskosten, weil sie als zum Ende des Mietverhältnisses kulminierte Schönheitsreparaturverpflichtung beim Auszug vom Mieter zu erbringen und nicht durch entsprechende Vorsorge aus der Regelleistung anzusparen sind.
2. Als Voraussetzung der Übernahme der Kosten der Auszugsrenovierung ist nicht allein auf die zivilrechtliche Wirksamkeit der Mietvertragsklauseln abzustellen, sondern entscheidend ist, dass sich der erwerbsfähige Hilfebedürftige beim Auszug aus der Wohnung ernsthaft der nachhaltigen Forderung des Vermieters zur Durchführung einer Auszugsrenovierung ausgesetzt gesehen hat (soziale Wirksamkeit der Forderung).
3. Die nach dem Selbsthilfegrundsatz des SGB 2 bestehende Pflicht, die Renovierung selbst - ggf mit Hilfe von Verwandten und Freunden - durchzuführen, greift nicht, wenn dies dem Hilfebedürftigen nachweislich aus krankheits- bzw behinderungsbedingten Gründen nicht möglich ist.
4. Hat ein Dritter dem Hilfebedürftigen zwischenzeitlich finanzielle Mittel zur Begleichung der Kosten der Auszugsrenovierung zur Verfügung gestellt, die auch eingesetzt wurden, so besteht die Kostenübernahmepflicht des Grundsicherungsträgers nur dann, wenn der Hilfebedürftige zur Rückzahlung zivilrechtlich wirksam verpflichtet ist. Anderenfalls handelt es sich bei den Geldzuwendungen um zu berücksichtigendes Einkommen iS von § 11 Abs 1 SGB 2, durch welches der Bedarf bereits gedeckt wurde.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts vom 5. September 2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Verfahrens werden nicht erstattet. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Kostengewährung von bei Auszug des Klägers durchgeführter Wohnungsrenovierung.
Der 1975 geborene alleinstehende Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2005 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von der Beklagten. Zuvor erhielt er vom Sozialamt Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Wegen einer schweren psychischen Erkrankung (schizophrene Psychose) lässt er sich in Behörden-, Gesundheits- und Wohnungsangelegenheiten von seiner Mutter, Frau H. N., vertreten. Bis August 2004 bestand eine gerichtlich angeordnete Fremdbetreuung, die im Hinblick auf die Bevollmächtigung der Mutter aufgehoben wurde. Vom Sozialamt wurden zeitweise auch pädagogisch-psychologische Maßnahmen (PPM) gewährt.
Der Kläger bewohnte zu Beginn des Leistungsbezugs nach dem SGB II eine etwa 22 m² große Einzimmerwohnung im S.-Damm, Hamburg, mit Küche und WC, die laut Mietvertrag zum 1. Juni 1996 von seiner Mutter angemietet worden war. Der formularmäßige Mietvertrag enthält in § 17 Abs. 2 eine Regelung, wonach der Mieter verpflichtet ist, während der Mietzeit die erforderlichen Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung durchzuführen. Üblicherweise seien Schönheitsreparaturen in den Mieträumen in folgenden Zeitabständen erforderlich: in Küchen, Bädern und Duschen alle 3 Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle 5 Jahre, in anderen Nebenräumen alle 7 Jahre. Die Mieträume seien zum Ende des Mietverhältnisses in dem Zustand zurückzugeben, der bestehen würde, wenn der Mieter die ihm danach obliegenden Schönheitsreparaturen durchgeführt hätte. Vermieterin war die Grundstücksverwaltungsgesellschaft W. GmbH & Co. KG (W.). Laut Leistungsbescheid der Beklagten vom 21. Dezember 2004 wurde die Miete direkt an die W. gezahlt, ebenso wie die Strom- und die Heizungskosten an die jeweiligen Versorgungsunternehmen. Zum 1. Februar 2005 zog der Kläger in seine jetzige Wohnung um.
Bereits mit Schreiben vom 19. Dezember 2004 an das damals noch zuständige Sozialamt hatte die Klägervertreterin für diesen u.a. die Übernahme der Kosten für die bei Auszug laut Vorabnahmeprotokoll vorzunehmende Renovierung der Wohnung im S.-Damm unter Hinweis darauf beantragt, dass der Kläger krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, die erforderlichen Arbeiten selbst durchzuführen. Auch sie selbst könne dies nicht. Wegen des Zuständigkeitswechsels wurde der entsprechende Antrag am 5. Januar und 2. Februar 2005 ebenfalls an die Beklagte gerichtet. Dabei wies die Mutter des Klägers darauf hin, dass die Wohnung 8 Jahre lang nicht renoviert worden sei und dass die nunmehr anstehenden, im vorgelegten Vorabnahmeprotokoll im Einzelnen bezeichneten Arbeiten nach Angaben von mehreren Fachbetrieben, von denen Kostenvoranschläge über 1.410,00 EUR bis zu 3.712,00 ...