Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. unfallbedingter Erstkörperschaden. haftungsbegründende Kausalität. Theorie der wesentlichen Bedingung. Konkurrenzursache. Gelegenheitsursache. kein geeigneter Unfallmechanismus. Anlageleiden: degenerative Erkrankungen. Rotatorenmanschettenläsion
Orientierungssatz
1. Zur Anerkennung eines Unfallereignisses als Arbeitsunfall nach § 8 Abs 1 SGB 7 ist ua erforderlich, dass das unfallbringende Ereignis den Gesundheitserstschaden objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat.
2. Sind unfallunabhängige degenerative Erkrankungen für den Eintritt des Gesundheitserstschadens ursächlich bzw ist ein geeigneter Unfallmechanismus nicht erkennbar, so ist eine Anerkennung des Unfallereignisses als Arbeitsunfall ausgeschlossen.
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung des Ereignisses vom 4. Oktober 2017 als Arbeitsunfall.
Der am xxxxx 1956 geborene Kläger traf am 18. Januar 2018 beim Durchgangsarzt ein und schilderte, er sei am 4. Oktober 2017 bei der Arbeit beim Binden von Bändern abgerutscht und mit der linken Schulter gegen das Abbindegerät gefallen. Laut Arbeitgeber und Kläger sei der Unfall am 4. Oktober 2017 im Rahmen der Arbeit passiert und der Kläger sei auf die vorgeschädigte Schulter gestürzt. Er habe weitergearbeitet und sich erstmalig am 18. Januar 2018 beim Durchgangsarzt vorgestellt. Als Befund wurden noch deutliche Beschwerden in der linken Schulter bei bekannter Supraspinatussehnenruptur beschrieben. Der Durchgangsarzt beurteilte den Kläger am 18. Januar 2018 als arbeitsfähig.
In der Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 29. November 2017 wurde unter anderem ausgeführt, dass sich der Vorfall bereits am 4. Oktober 2017 ereignet habe. Der Kläger habe sich aber erst am 29. November 2017 beim Betriebsrat gemeldet. Vor diesem Datum habe der Arbeitgeber keinerlei Kenntnis über mögliche Gesundheitsschäden gehabt. Beim Abbinden eines Packstückes durch das Auge des Coils habe sich das Signodeband (Stahlband) aus der Abbindemaschine gelöst. Durch das Lösen des Stahlbandes bei angespanntem Arm habe der Kläger einen Schlag in Arm und Schulter verspürt. Durch die Wucht sei der Kläger mit dem Kopf gegen das Coil geschlagen. Der Kläger habe weitergearbeitet und auch in den Folgewochen habe es keine Arbeitsunterbrechung gegeben. Am 25. Oktober 2017 habe sich der Kläger ohne Angabe von Gründen arbeitsunfähig gemeldet. Der Arbeitgeber reichte einen anonymisierten Ausdruck aus dem Verbandsbuch ein, wonach am 4. Oktober 2017 beim Abbinden eines Packstückes das Signodeband aus der Abbindemaschine herausgerutscht sei. Ein Arbeiter habe sich eine Prellung am linken Oberarm und der Schulter zugezogen und es bestünden Druck- und Bewegungsschmerzen. Der Verunfallte habe die Arbeit nicht eingestellt.
Auf Nachfrage der Beklagten gab der Kläger an, dass er sich nach dem Unfall am 25. Oktober 2017 wegen Schulterbeschwerden bei Dr. S. in Behandlung befunden habe. Beim Abbinden eines Packstückes sei das Signodeband durchgerutscht und er sei mit dem Kopf und dem Körper gegen das Packstück gefallen. Hierbei habe er einen stechenden Schmerz in der linken Schulter und im Oberarm gespürt. Er sei sofort zum Vorarbeiter und sie hätten den Oberarm gekühlt. Es seien keine Auffälligkeiten zu sehen gewesen und da der Schmerz langsam zurückgegangen sei, habe er die Arbeit nicht eingestellt. In den Tagen danach sei der Schmerz immer stärker geworden und er sei am 25. Oktober 2017 zum Arzt gegangen.
Am 6. November 2017 wurde eine MRT-Untersuchung der linken Schulter beim Kläger durchgeführt. Die Untersuchung ergab eine vollständige Ruptur der Supraspinatussehne mit Re-traktion, eine Tendinopathie der Infraspinatussehne ansatznah zumindest Partialruptur, ein Knochenödem im Humeruskopf im Tuberculum majus, ein begleitender Gelenkerguss mit Kapsulitis sowie eine Bursitis subacromialis/subdeltoidea.
Am 10. Januar 2018 nahm die Beratungsärztin der Beklagten Dr. W. zu den ermittelten Unterlagen Stellung und führte aus, dass der Kläger sich bereits am 27. September 2017 mit Beschwerden in der linken Schulter ärztlich vorgestellt habe. Am 25. Oktober 2017 habe er sich erneut einem Arzt vorgestellt. Das Weiterarbeiten über mehr als 14 Tage spreche gegen eine traumatische Schädigung der Supraspinatussehne. Bei einem Rotatorenmanschettenriss sei eine sofortige, erhebliche Beschwerdesymptomatik mit zeitnaher Arbeitseinstellung zu erwarten. Auch die weite Sehnenretraktion spreche für ein länger vorbestehendes Ereignis. Der geschilderte Unfallmechanismus sei biomechanisch nicht geeignet, zu einer traumatischen Rotatorenmanschettenläsion zu führen. Die Vorbehandlung des Klägers an der linken Schulter spreche ebenfalls für ein degeneratives Geschehen. Zusammenfassend sei ein unfallbedingter Erstkörperschaden nicht festzustellen....