Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der Leistungsverpflichtung von Grundsicherungsträger und Sozialhilfeträger. Beiladung und Verurteilung zur Leistung im sozialgerichtlichen Verfahren
Orientierungssatz
1. § 44 a Abs. 1 S. 7 SGB 2 begründet eine Pflicht des Grundsicherungsträgers, bei Streit über die Erwerbsfähigkeit des Antragstellers Leistungen des SGB 2 zu erbringen. Dabei handelt es sich nicht um eine lediglich vorläufige Leistungspflicht, vielmehr werden die Leistungen im Außenverhältnis zu dem Berechtigten endgültig erbracht. Dies gilt auch dann, wenn der Grundsicherungsträger mangels Zweifeln an der Erwerbsfähigkeit kein Feststellungsverfahren nach § 44 a SGB 2 einleitet und in der irrigen Annahme seiner eigenen Zuständigkeit Leistungen erbringt.
2. Nach § 75 Abs. 5 SGG kann der im Verfahren beigeladene Sozialversicherungsträger grundsätzlich bei nach § 43 Abs. 2 SGB 6 dauerhaft feststehender voller Erwerbsminderung zur Gewährung von Leistungen des SGB 12 verpflichtet werden.
3. Weil die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 SGB 2 dem Regelbedarf der Stufe 1 der Anlage zu § 28 SGB 12 entspricht, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen als bereits erbracht. Etwas Anderes gilt dann, wenn der individuelle Bedarf im Einzelfall abweichend vom Regelsatz festzulegen ist, weil ein Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für das Jahr 2016.
Der 1961 geborene alleinstehende Kläger ist seit längerem hilfebedürftig und bezog laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Der Kläger ist schwerbehindert. Mit Wirkung ab dem 29. Juli 2014 ist bei ihm ein Grad der Behinderung von 80 festgestellt, Merkzeichen sind nicht festgestellt (Bescheid des Versorgungsamts vom 19. Juni 2015).
Die Vermieterin des Klägers teilte diesem mit Schreiben vom 16. November 2015 mit, dass die Heizkostenabrechnung für 2014/2015 ein Guthaben in Höhe von 214,47 Euro ergebe, welches am 3. Dezember 2015 auf das Konto des Klägers überwiesen werde. Dieses Schreiben ging dem Beklagten am 15. Dezember 2015 zu.
Mit Bescheid vom 23. Dezember 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2016 in Höhe von 631,25 Euro für Januar 2016 (Regelbedarf 404,- Euro und Bedarfe für Unterkunft und Heizung 227,25 Euro unter Anrechnung des Guthabens aus der Heizkostenabrechnung für 2014/2015), 845,72 Euro monatlich für Februar bis August 2016 (Regelbedarf 404,- Euro, Bedarfe für Unterkunft und Heizung 441,72 Euro) und 836,72 Euro monatlich für September bis Dezember 2016 (Regelbedarf 404,- Euro, Bedarfe für Unterkunft und Heizung 432,72 Euro). Am 18. Januar 2016 legte der Kläger Widerspruch ein. Er rügte die Höhe des Regelsatzes: Diese entspreche nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts; der Regelsatz müsse auf 511,- Euro monatlich erhöht werden. Außerdem fordere er zusätzlich 150,- Euro monatlich für dauerhafte Transferleistungsbezieher und weitere 150,- Euro monatlich für Menschen mit Behinderung. Ferner wandte er sich gegen die Anrechnung des Guthabens aus der Heizkostenabrechnung.
Am 24. Februar 2016 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, mit dem er den Bescheid vom 12. Januar 2016 für die Zeit ab April 2016 aufhob und dem Kläger für die Monate April bis August 2016 Leistungen in Höhe von monatlich 856,21 Euro (Regelbedarf 404,- Euro, Bedarfe für Unterkunft und Heizung 452,21 Euro) und für die Monate September bis Dezember 2016 in Höhe von 847,21 Euro (Regelbedarf 404,- Euro, Bedarfe für Unterkunft und Heizung 443,21 Euro) gewährte. Hintergrund war die Berücksichtigung einer Mieterhöhung ab dem 1. April 2016.
Die Vermieterin des Klägers teilte diesem mit Schreiben vom 13. Mai 2016 mit, dass er aus der Betriebskostenabrechnung für 2015 ein Guthaben in Höhe von 153,39 Euro habe, welches am 26. Mai 2016 auf sein Konto überwiesen werde. Am 23. Mai 2016 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, mit dem sie den Bescheid vom 24. Februar 2016 abänderte und dem Kläger für den Monat Juni 2016 Leistungen lediglich in Höhe von 702,82 Euro (Regelbedarf 404,- Euro, Bedarfe für Unterkunft und Heizung 298,82 Euro unter Anrechnung des Betriebskostenguthabens) gewährte. Hiergegen erhob der Kläger am 7. Juni 2016 Widerspruch und trug vor, er sei der Meinung, das Guthaben stünde ihm zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2016 zum Geschäftszeichen X171.C - W 7244/16 verwarf der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. Mai 2016 wegen der Berücksichtigung des Betriebskostenguthabens als unzulässig. Der Kläger habe bereits am 18. Januar 2016 gegen den Bewilligungsbescheid vom 23. Dezember 2015 Widerspruc...