Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Entsendung aus einem ausländischen Beschäftigungsverhältnis. Einstrahlung. Dauerarbeitsplatz

 

Orientierungssatz

Das Tatbestandsmerkmal der Entsendung aus einem ausländischen Beschäftigungsverhältnis liegt dann nicht vor, wenn der vom Arbeitnehmer eingenommene Arbeitsplatz zur Binnenstruktur vergleichbarer Inlandsunternehmen gehört, also der soziale und wirtschaftliche Schwerpunkt im Inland liegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Versicherungs- bzw. Beitragspflicht von 8 japanischen Arbeitnehmern.

Die Klägerin ist eine Zweigniederlassung einer japanischen Bank. Sie ist als Vollbank nach § 53 des Kreditwesengesetzes - KWG - zugelassen und unterliegt der deutschen Bankaufsicht. Bei ihr sind neben deutschen Arbeitnehmern auch ständig japanische Arbeitnehmer tätig, die für ihre Tätigkeit von der japanischen Hauptniederlassung abgeordnet werden.

Mit Bescheid vom 17. September 1990 setzte die Beklagte für 8 japanische Arbeitnehmer, die sie bisher als sozialversicherungsfrei angesehen hatte, für die Zeit vom 1. Februar 1990 bis 31. August 1990 Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 63.839,42 DM fest. Nachdem der Klägerin mit einem weiteren Bescheid vom 5. Oktober 1990 eine Gutschrift in Höhe von 9.611,10 DM erteilt worden war, setzte die Beklagte mit einem Nachtragsbescheid vom 5. Februar 1991 weitere Beiträge in Höhe von 1.412,53 DM fest. Den bereits am 11. Oktober 1990 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 1991 zurück, weil eine Ausnahme von der Versicherungspflicht in der deutschen Sozialversicherung nicht mehr gemacht werden könne. Bei der Klägerin handele es sich nicht um eine unselbständige Bankrepräsentanz, sondern um ein inländisches Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit und Geschäftstätigkeit, das auch in der Bundesrepublik eingestellte Mitarbeiter beschäftige. Die Bankfachleute und die Geschäftsführer bekleideten Dauerarbeitsplätze und unterständen in direkter Hierarchie der inländischen Niederlassung.

Mit ihrer am 4. Dezember 1991 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, für ihre japanischen Arbeitnehmer bestehe Versicherungsfreiheit. Die Beschäftigungsverhältnisse seien außerhalb des Geltungsbereichs des Sozialgesetzbuchs begründet worden. Die Arbeitnehmer seien ebenso wie vor der Entsendung auch für die Dauer des inländischen Aufenthalts Arbeitnehmer der japanischen Hauptniederlassung. Ihr Aufenthalt sei von vornherein auf 3, maximal 5 Jahre begrenzt. Die vorgenommene Auslegung "Dauerarbeitsplätze" finde weder im Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck eine Stütze im Gesetz. Es bestehe kein Versicherungsbedürfnis, da das bisherige ausländische System der sozialen Sicherheit weiterhin verantwortlich bleibe und keine Doppelversicherung gewollt sei. Es sei allein entscheidend, ob im Ausland ein Arbeitsverhältnis fortbestehe und nach Beendigung des Inlandaufenthalts fortgesetzt werde. Die bisherige Praxis der Beklagten, aber auch der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) sei deshalb von Versicherungsfreiheit ausgegangen. Die japanischen Arbeitnehmer hätten auch keine Dauerarbeitsplätze inne, die der Binnenstruktur eines inländischen Unternehmens entsprächen. Das Bankgeschäft werde von deutschen Mitarbeitern wahrgenommen. Die japanischen Arbeitnehmer seien in diesen Prozeß schon wegen der Sprachprobleme nicht eingebunden. Ihre Aufgabe sei die Kontrolle des laufenden Geschäftsbetriebs für die Hauptniederlassung. Sie fertigten Berichte und Marktanalysen für die Hauptniederlassung und repräsentierten diese.

Die besondere Art der Tätigkeit der japanischen Arbeitnehmer sei ein Indiz, daß diese weiterhin der unmittelbaren Kontrolle und der Weisungsgebundenheit des japanischen Arbeitgebers unterlägen. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit sei im Ausland. Ihre Funktion sei von der Hauptniederlassung vorgegeben und für inländische Arbeitnehmer ungeeignet, da es sich um eine klassische Verbindungsposition handele. Die Hauptniederlassung bestimme in groben Umrissen die einzelnen Tätigkeiten. Der konkrete Einsatz und die Detailabstimmung erfolge in der Zweigniederlassung. Die Hauptniederlassung bestimme das Arbeitsentgelt in der Höhe, der Tarifstruktur und der Zulagen. Jede Änderung werde ebenfalls von dort bestimmt. Die Auszahlung erfolge zum Teil über die inländische Zweigniederlassung. Auch in Japan würden Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet. Der japanische Gehaltsanteil betrage ca. 1/3 der Bruttovergütung. Die inländischen tariflichen Regelungen fänden nur Anwendung auf inländische Arbeitnehmer. Die endgültige Personalbeurteilung erfolge bei Entsendung durch die Hauptniederlassung.

Das Arbeitsverhältnis bestehe ausschließlich mit der Hauptniederlassung, da die Klägerin als Zweigniederlassung nicht wie eine Tochtergesellschaft rechtsfähig sei. Die Betriebsorganisation sei von der Hauptniederlassung vorgegeben. Das Kreditgeschäft werde von japanischen Arbeitnehmern abgewickel...

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