Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen Techniker und Feinmechaniker. Entsendung. Dauerarbeitsplatz. Inland

 

Orientierungssatz

1. Techniker iS einer Tätigkeit als Angestellter ist nur, wer als mittlere Führungskraft zwischen Facharbeitern und Ingenieuren tätig ist und Aufgaben in allen technischen Funktionsbereichen wie Konstruktion, Entwicklung, Fertigungsplanung, Arbeitsvorbereitung und Produktion übernimmt.

2. Das Tatbestandsmerkmal der Entsendung aus einem ausländischen Beschäftigungsverhältnis liegt dann nicht vor, wenn der vom Arbeitnehmer eingenommene Arbeitsplatz zur Binnenstruktur vergleichbarer Inlandsunternehmen gehört, also der soziale und wirtschaftliche Schwerpunkt im Inland liegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Versicherungs- und Beitragspflicht von 19 japanischen Arbeitnehmern.

Die Klägerin ist eine 100%ige Tochtergesellschaft eines japanischen Unternehmens. Sie vertreibt optische Geräte (Fotoapparate, Videogeräte) und repariert diese auch. Neben deutschen Arbeitnehmern sind bei ihr auch japanische Arbeitnehmer tätig.

Nachdem die Klägerin ab September 1988 für die japanischen Arbeitnehmer keine Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung mehr abgeführt hatte, beantragte sie im Oktober 1988 die Befreiung der japanischen Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht und die Erstattung der bisher geleisteten Beiträge, da die bei ihr tätigen japanischen Arbeitnehmer von der Muttergesellschaft entsandt worden seien. Sie seien für einen Zeitraum von fünf Jahren bei ihr tätig, würden jedoch in der Personalbuchhaltung in Japan geführt und seien dort versicherungspflichtig in der Sozialversicherung. Das während der Entsendung zu zahlende Gehalt erhielten sie zwar aus Vereinfachungsgründen von ihr. Da sie lediglich als Vertriebsgesellschaft fungiere, werde das Gehalt im wirtschaftlichen Ergebnis jedoch von der Muttergesellschaft getragen. Mit Bescheid vom 13. Juli 1989 stellte die Beklagte fest, daß die japanischen Arbeitnehmer versicherungspflichtig nach den deutschen Rechtsvorschriften seien, da eine Entsendung nicht vorliege. Hiergegen legte die Klägerin am 9. August 1989 Widerspruch ein und trug mit Schreiben vom 28. November 1989 zur Begründung vor, die japanischen Mitarbeiter seien von vornherein aufgrund einer Betriebsvereinbarung für nicht mehr als fünf Jahre in die Bundesrepublik entsandt. Die Erstattungsanträge beträfen 12 Feinmechaniker mit abgeschlossener Lehre sowie einen Geschäftsführer und einen Finanzbuchhalter. Die Feinmechaniker seien entsandt worden, um die Reparatur der in der Bundesrepublik und in Europa bis nach Kanada verkauften Geräte zu ermöglichen. Die Reparatur der Geräte werde ausschließlich von den entsandten japanischen Arbeitnehmern vorgenommen, anderenfalls müßten die Geräte nach Japan zurückgesandt werden. Die Feinmechaniker seien zuvor im Produktionsbereich tätig gewesen und würden nach ihrer Rückkehr auch dort wieder tätig werden.

Nach einer Betriebsbegehung und einer Betriebsprüfung forderte die Beklagte mit Bescheid vom 20. April 1990 Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für 15 japanische Arbeitnehmer in Höhe von 252.853,90 DM für die Zeit vom 1. Dezember 1985 bis 31. März 1990. Mit Bescheid vom 28. Mai 1990 setzte die Beklagte für 10 dieser Arbeitnehmer auch Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 164.872,78 DM fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 1990 entschied die Beklagte über die Widersprüche gegen alle drei Bescheide und führte zur Begründung aus, die japanischen Arbeitnehmer unterlägen grundsätzlich der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung, da eine Einstrahlung iSd § 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV - nicht vorliege. Die Beschäftigungsverhältnisse der japanischen Arbeitnehmer wiesen ihren Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Gestaltungsmerkmale im Inland auf. Das bisherige ausländische Beschäftigungsverhältnis trete in den Hintergrund. Die von der Klägerin als Techniker bezeichneten Arbeitnehmer seien nicht wegen Überschreitens der Krankenversicherungspflichtgrenze versicherungsfrei, denn entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich nicht um Angestellte, sondern um Industriemechaniker - Fachrichtung Geräte- und Feinwerktechnik -, die der Arbeiterrentenversicherung unterlägen. Die Aufgaben eines Technikers, also Tätigkeiten in allen technischen Funktionsbereichen wie Konstruktion, Entwicklung, Fertigungsplanung, Arbeitsvorbereitung und Produktion, fielen bei der Klägerin als Reparaturbetrieb gar nicht an. Es bestehe somit für die Feinmechaniker der Klägerin Versicherungspflicht in der Krankenversicherung zumindest bis zum 31. Dezember 1988.

Mit ihrer am 21. September 1990 erhobenen Klage hat die Klägerin die Aufhebung der Bescheide der Beklagten begehrt und geltend gemacht, es bestehe Versicherungs- und Beitragsfreiheit in der Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung für die japanischen Arbeitnehmer, da diese von der ...

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