Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null
Orientierungssatz
1. Eine Ermessensreduzierung auf Null setzt voraus, dass nach dem festgestellten Sachverhalt das Vorliegen von Umständen ausgeschlossen ist, die eine anderweitige Ausübung des Ermessens rechtsfehlerfrei zulassen; d. h. wenn jede andere Entscheidung sich zwingend als ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig darstellen würde.
2. Begehrt der Antragsteller die Gewährung eines Gründungszuschusses nach § 57 SGB 3 zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt, so kann von einer Ermessensreduzierung auf Null nur dann ausgegangen werden, wenn es sich bei der aufgenommenen selbständigen Tätigkeit um die einzige Maßnahme handelt, mit der eine dauerhafte berufliche Wiedereingliederung erreicht werden könnte. Weil der Anwaltsberuf sowohl als selbständige Tätigkeit als auch in abhängiger Beschäftigung ausgeübt wird, kann die Versagung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt unter dem Gesichtspunkt der Ermessensreduzierung auf Null mit Erfolg nicht angegriffen werden.
Normenkette
SGB III § 57 Abs. 1, 2 S. 1, §§ 97, 324 Abs. 1, § 422 Abs. 1 Nr. 1; SGG § 54 Abs. 2 Sätze 1-2
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Gründungszuschusses.
Der am …1974 geborene Kläger arbeitete - nachdem er zunächst vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2007 als Rechtsanwalt selbständig gewesen war - seit dem 1. Juli 2007 als angestellter Rechtsanwalt bei der E. GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft, die nach Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren zum 31. Januar 2012 liquidiert wurde. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde am 31. Dezember 2011 zum 31. Januar 2012 gekündigt. Am 3. Januar 2012 meldete sich der Kläger arbeitslos mit Wirkung zum 1. Februar 2012.
Am 9. Januar 2012 schloss der Kläger folgende Verträge:
1. Einen Partnerschaftsvertrag mit der Rechtsanwältin Frau Dr. H., dem Rechtsanwalt V. sowie dem Rechtsanwalt und Steuerberater P., kraft dessen die V., H., R. GbR sowie die V., P. GbR gegründet wurden, die nach außen als V. & Partner - Rechtsanwälte und Steuerberater - auftreten sollten.
2. einen Vertrag über die gemeinsame Berufsausübung in einer Rechtsanwaltskanzlei mit der Rechtsanwältin Frau Dr. H. und dem Rechtsanwalt V. (i.F.: Berufsausübungsvertrag), in dessen § 9 er sich verpflichtete, seine ganze Arbeitskraft der Gesellschaft zu widmen. Der Vertrag trat nach § 22 am 3. Februar 2012 in Kraft und stand unter dem Vorbehalt, dass für den Kläger sowie die Rechtsanwältin H. eine verbindliche Finanzierungszusage für die Verbindlichkeiten aus dem Kaufvertrag mit der E. GmbH vorliege.
3. Einen Vertrag über den Verkauf von Vermögensgegenständen (i.F.: Kaufvertrag), kraft dessen die Käuferseite (bestehend aus dem Kläger sowie der Rechtsanwältin Dr. H. und dem Rechtsanwalt V.) von der E. GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft die Rechtsanwaltskanzlei erwarb (wobei auf den Kläger nach § 9 Abs. 2 des Kaufvertrages ein Viertel entfiel). Als Vollzugstag, an dem Zug-um-Zug die Zahlung des Kaufpreises und der Übergang des Besitzes an allen materiellen verkauften Vermögensgegenständen vom Verkäufer auf die Käufer stattfinden sollten, bestimmte § 9 des Kaufvertrags den 3. Februar 2012. Laut seinem § 10 Abs. 7 stand der Kaufvertrag "unter dem Vorbehalt in Form der aufschiebenden Bedingung, dass die Kaufpreiszahlung für (den Kläger) durch eine Bank marktüblich finanziert" werde. Trete diese aufschiebende Bedingung nicht spätestens bis zum 31. März 2012 ein, so trete "diese Vereinbarung" nicht in Kraft.
Zum Ende Januar 2012 erhielt der Kläger - ausweislich seines Vortrags im erstinstanzlichen Verfahren (mit Schriftsatz vom 29. Juni 2012) - von der Sparkasse K. eine entsprechende Kreditzusage über einen Betrag von 80.000 Euro (zu tilgen über einen Zeitraum von 10 Jahren mit einer monatlichen Raten von über 800 Euro).
Am 20. Januar 2012 schlossen Kläger und Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung mit dem Ziel eines nahtlosen Übergangs von der derzeitigen Beschäftigung in ein neues Arbeitsverhältnis als Rechtsanwalt zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit ab dem 1. Februar 2012.
Der Kläger beantragte am 2. Februar 2012 einen Gründungszuschuss für eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt. Er führte aus, das größte Problem werde in den ersten neun bis zwölf Monaten in der fehlenden Liquidität liegen, da die geleistete Arbeit von den Mandanten erst zeitversetzt bezahlt werde. Um die Bezahlung der Angestellten zu sichern, würden daher ein Kontokorrent und ein Kredit aufgenommen werden müssen. Es würden keine Privatentnahmen in vollem Umfang möglich sein, daher sei zur Sicherung der Lebenshaltungskosten ein Gründungszuschuss erforderlich. Dem Antrag lag eine befürwortende Stellungnahme der neue I. GmbH & Co KG bei, in ...