Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. September 2020 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte hat 3/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung von Leistungsminderungen und deren Umsetzung.

Der 1956 geborene, im streitgegenständlichen Zeitraum erwerbsfähige Kläger bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten.

Am 14. Januar 2016 erließ der Beklagte einen die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt mit Geltungszeitraum vom 14. Januar 2016 bis zum 13. Juli 2016 „soweit zwischenzeitlich nichts anderes geregelt wird“. In diesem war die Teilnahme des Klägers an einer Eingliederungsmaßnahme bei der B. GmbH (im Folgenden: B.) im Zeitraum vom 3. Februar 2016 bis zum 2. August 2016 vorgesehen. Mit Schreiben vom 5. Februar 2016 beantragte der Kläger beim Beklagten die Erstattung seiner Fahrkosten zur Auftaktveranstaltung bei der B. und schilderte, dass die B. nur eine gesammelte Erstattung mehrerer Fahrscheine vornehmen wolle und nicht von Einzelfahrscheinen. Er sei jedoch nicht in der Lage, die Fahrkosten zur Maßnahme zu verauslagen, seiner Auffassung nach müssten die Kosten vom Beklagten oder der B. im Voraus erstattet werden. Aus diesen Gründen verweigere er die weitere Teilnahme an der Maßnahme. Am 18. März 2016 erließ der Beklagte einen Sanktionsbescheid, mit dem er für den Zeitraum vom 1. April 2016 bis zum 30. Juni 2016 eine Minderung des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengelds II (Alg II) um 30 %, d.h. 121,20 Euro monatlich, feststellte. Der Kläger habe seine Mitwirkungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung vom 14. Januar 2016 verletzt, indem er am 5., 12. und 19. Februar 2016 der Maßnahme der B. ohne Angabe von Gründen ferngeblieben sei. Ein Antrag des Klägers zum Sozialgericht Hamburg auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid (S 57 AS 1173/16 ER) blieb erfolglos (Beschluss vom 12. April 2016). Der Widerspruch des Klägers gegen den Sanktionsbescheid vom 18. März 2016 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13. April 2016 zurückgewiesen. Zur Begründung wies der Beklagte unter anderem darauf hin, dass der Träger B. dem Kläger durchaus angeboten habe, Fahrkosten jeweils für den nächsten Tag im Voraus zu gewähren.

Mit Bescheid vom 12. April 2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 1. Mai 2016 bis zum 31. Oktober 2016, wobei er die Minderung aus dem Bescheid vom 18. März 2016 berücksichtigte.

Mit Schreiben vom 20. April 2016 kündigte der Beklagte den Eingliederungsbescheid vom 14. Januar 2016 mit Wirkung zum 26. April 2016. Nachdem eine Eingliederungsvereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beklagten erneut nicht zustande gekommen war, erließ der Beklagte am 26. April 2016 wiederum einen die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt, der für den Zeitraum vom 26. April 2016 bis zum 21. November 2016 gelten sollte. Zur Unterstützung des Klägers bei dessen Bewerbungsaktivitäten verpflichtete der Beklagte sich danach, die B. für den Zeitraum vom 11. Mai 2016 bis zum 10. November 2016 einzuschalten. Als Bemühungen des Klägers war u.a. die „interessierte und motivierte Teilnahme an der Vermittlung durch den beauftragten Dritten B. GmbH“ vorgesehen, was näher spezifiziert wurde. Die Rechtsfolgenbelehrung des Eingliederungsverwaltungsaktes lautete wie folgt:

„Die §§ 31 bis 31b Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sehen bei Verstößen gegen die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten Leistungsminderungen vor. Das Arbeitslosengeld II kann danach - auch mehrfach hintereinander - gemindert werden, oder vollständig entfallen.

Bei einem erstmaligen Verstoß gegen die vereinbarten Eingliederungsvereinbarungen wird das Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von 30 % des maßgebenden Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II gemindert. Bei einem wiederholten Pflichtverstoß wird das Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von 60 % des maßgebenden Regelbedarfs gemindert, bei weiteren wiederholten Pflichtverstößen entfällt das Arbeitslosengeld II vollständig.

Ihr Arbeitslosengeld II wurde bereits einmal aufgrund eines Pflichtenverstoßes gemindert (vgl. Bescheid vom 18.03.2016). Ein wiederholter Pflichtverstoß (Verstoß gegen eine der unter Nr. 2 mit Ihnen vereinbarten Eingliederungsbemühungen) wird daher eine Minderung des Ihnen zustehenden Arbeitslosengeldes II um einen Betrag in Höhe von 60 % des für Sie maßgebenden Regelbedarfs zur Folge haben. Die Kosten für die Unterkunft und Heizung werden dann in der Regel direkt an Ihren Vermieter oder einen sonstigen Empfangsberechtigten gezahlt.

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass weitere wiederholte Pflichtverstößen [sic] den vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II zur Folge haben.

Die Minderung dauert ...

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