Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsunfähigkeit einer Briefsortiererin. Einstufung in Mehrstufenschema

 

Orientierungssatz

1. Zur Zuordnung einer auf einem Arbeitsposten für Beamte tätigen Briefsortiererin iS des Mehrstufenschemas aufgrund abgelegter postbetrieblicher Prüfung für Arbeiter und tariflicher Eingruppierung.

2. Eine tarifliche Eingruppierung, die nicht durch qualitative Gesichtspunkte bestimmt ist, kann keine verläßliche Grundlage zur Beurteilung des Wertes einer Berufstätigkeit sein.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren hat.

Die 1939 in W in der früheren DDR geborene Klägerin war nach ihrer Schulentlassung bis zu ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im April 1984 als Bürohilfskraft, Sprechstundenhilfe, Schreibkraft und zuletzt als Gruppenleiterin im VEB Dieselmotorenwerk R -- nach eigenen Angaben mit Zuständigkeit für die Poststelle, die Telefon- und Fernschreibzentrale sowie das Archiv -- beschäftigt. Während des letzten Beschäftigungsverhältnisses schloß sie im April 1982 eine Ausbildung zum Facharbeiter für Fernsprech- und Fernschreibverkehr erfolgreich ab. Nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland war sie vom 4. Oktober 1985 bis 31. Oktober 1994 als Arbeiterin in der Kurzbriefverteilung der Deutschen Bundespost bzw. der Deutschen Post AG mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 16,5 Stunden beschäftigt. In dieser Tätigkeit oblag ihr das Sortieren eingegangener Standardbriefe nach den Straßennamen und den Adressen der Empfänger. Die Tätigkeit wurde bis einschließlich April 1989 nach der Lohngruppe IV des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) in der seinerzeit geltenden Fassung vergütet, ab Mai 1989 mit Rücksicht darauf, daß die Klägerin am 17. Mai 1989 die "Postbetriebliche Prüfung für Arbeiter" bestanden hatte, nach der Lohngruppe II bzw.6, ab 1. Mai 1993 nach der Lohngruppe 6a des bezeichneten Tarifvertrages in der seinerzeit -- zwischenzeitlich -- geänderten Fassung.

Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom 19. Oktober 1994 aus betrieblichen Gründen mit Wirkung zum 31. Oktober 1994 beendet.

Noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beantragte die Klägerin am 15. November 1993 im Verlaufe einer seit dem 29. April 1993 bestehenden Arbeitsunfähigkeit bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Berufsunfähigkeit. Sie hatte sich zuvor vom 29. Juli bis 26. August 1993 einer stationären Heilbehandlung in Bad Sch unterzogen, aus der sie mit den Diagnosen

"AC(Acromio-Clavikular)-Gelenksarthrose mit leichter Bursitis subacromialis, Lumbalgie"

als arbeitsunfähig entlassen worden war. Der Postbetriebsarzt Dr. P hatte ihr am 6. Oktober 1993 dauernde Dienstunfähigkeit im Sinne von § 42 Abs.1 Satz 1 Bundesbeamtengesetz wegen röntgenologisch nachgewiesener schmerzhafter Verschleißerscheinungen der Gelenke und der Wirbelsäule attestiert.

In seinem von der Beklagten veranlaßten Gutachten vom 23. Februar 1994 stellte der Chirurg Dr. F v Sch nach einer Untersuchung der Klägerin am 11. Februar 1994 die folgenden Diagnosen:

Periarthritis humero-scapularis

Bursitis subacromialis rechts

Epicondylitis humeri radialis rechts

Enthesiopathien im rechten Unterarm

rezidivierende Lumbalgien

Spondylarthrose

Kalksalzminderung an der unteren Normgrenze

und vertrat die Auffassung, die Klägerin könne körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne monotone Bewegungsabläufe und ohne Überkopfarbeiten mit dem rechten Arm an Arbeitsplätzen ohne Absturzgefahr vollschichtig verrichten.

Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin durch Bescheid vom 2. Mai 1994 mit der Begründung ab, nach den getroffenen ärztlichen Feststellungen sei die Klägerin nicht erwerbs- und auch nicht berufsunfähig. Auf ihren Widerspruch hin wurde die Klägerin auf Veranlassung der Beklagten am 2. März 1995 erneut durch Dr. F v Sch untersucht. In seinem Gutachten vom 6. März 1995 hielt dieser die Klägerin für fähig, körperlich leichte Arbeiten in Wechselrhythmus, ohne Zwangshaltung, ohne Überkopfarbeiten an Arbeitsplätzen ohne Absturzgefahr unter Witterungsschutz vollschichtig zu verrichten. Dies führte zur Zurückweisung des Widerspruchs durch Widerspruchsbescheid vom 20. September 1995.

Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Hamburg Befundberichte von den die Klägerin behandelnden Ärzten eingeholt:

Dr. S, Arzt für Neurologie und Psychiatrie,

Befundbericht vom 2. Februar 1996,

Dr. H, Orthopäde,

Befundbericht vom 13. Februar 1996,

Dr. R, Arzt für Allgemeinmedizin/Chirotherapie,

Befundbericht vom 3. März 1996.

Der Arzt für Chirurgie Dr. K hat in seinem vom Sozialgericht Hamburg veranlaßten schriftlichen Gutachten vom 10. Juli 1996 die folgenden Diagnosen gestellt:

a)

Schmerzhafter Reizzustand im Bereich der rechten Schulter mit endgradig schmerzhafter Bewegungseinschränkung,

b)

sog. Epicondylitis humeri-radialis rechts ...

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