Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbringung von Leistungen der Grundsicherung nach Rücknahme eines ablehnenden Bewilligungsbescheides aufgrund eines gestellten Überprüfungsantrags
Orientierungssatz
Im Fall der Rücknahme eines Verwaltungsakts über die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung werden nach § 44 Abs. 4 SGB 10 Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr nach Beginn des Jahres erbracht, in dem der Überprüfungsantrag gestellt worden ist. Darüber hinaus sind Sozialleistungen rückwirkend nicht zu erbringen. Kann der Hilfebedürftige keine Leistungen für diese Zeiträume nicht mehr beanspruchen, so kann er auch kein rechtliches Interesse an der Rücknahme des entsprechenden Bescheides mehr geltend machen; ein Anspruch auf Rücknahme des Bescheides ist insoweit ausgeschlossen (BSG Urteil vom 28. 2. 2013, B 8 SO 4/12 R).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum vom 1. Juni 2011 bis zum 31. August 2011 und gegen die Ablehnung der Leistungsbewilligung für die Zeit ab dem 1. September 2011.
Die 1962 geborene, erwerbsfähige Klägerin bezog seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie war seit dem Wintersemester 2003/2004 als ordentliche Studentin an der Universität Hamburg im Fach Zahnmedizin immatrikuliert. Am 29. Mai 2009 wurde die Klägerin nach eigenen Angaben aufgrund mangelnder Entrichtung der Studiengebühren zunächst exmatrikuliert. Zum 16. Juli 2009 erwirkte die Klägerin ihre Wiederimmatrikulation. Sie blieb danach durchgehend bis einschließlich September 2010 immatrikuliert.
Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, dass sie ab Oktober 2010 exmatrikuliert sei, bewilligte der Beklagte - der zwischenzeitlich die Bewilligung von Leistungen für die Zeit ab Juli 2009 bis einschließlich September 2010 aufgehoben hatte - erneut Leistungen nach dem SGB II, u.a. mit Bescheiden vom 19. Januar 2011 und 26. März 2011 für den Zeitraum vom 1. März 2011 bis zum 31. August 2011. Im April 2011 teilte die Klägerin mit, sie verfüge wieder über die notwendigen Mittel zur Entrichtung der Studiengebühr und habe eine erneute Immatrikulation im Sommersemester 2011 erreicht. Mit Schreiben vom 5. Mai 2011 hörte der Beklagte die Klägerin zur vorgesehenen Leistungsaufhebung ab 1. Juni 2011 an und stellte die Zahlungen vorläufig ein. Mit Bescheid vom 12. Mai 2011 hob der Beklagte die Entscheidung über die Leistungsbewilligung ab 1. Juni 2011 ganz auf, da auf Grund der Immatrikulation der Klägerin im Sommersemester 2011 die Leistungsvoraussetzungen nicht mehr vorlägen. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen, ihre Klage zum Sozialgericht Hamburg (S 6 AS 1649/11) und die Berufung zum Landessozialgericht (L 4 AS 440/11) blieben erfolglos. Auch hier erhob die Klägerin mehrere Wiederaufnahmeklagen (S 24 AS 3338/14 WA, L 4 AS 215/15 WA, L 4 AS 129/18 WA und L 4 AS 276/18 WA), wiederum ohne Erfolg.
Am 24. Juni 2011 stellte die Klägerin einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 1. September 2011, den der Beklagte mit Bescheid vom 27. Juni 2011 unter Hinweis auf § 7 Abs. 5 SGB II ablehnte. Widerspruch, Klage (S 6 AS 2352/11) und Berufung (L 4 AS 410/11) blieben ohne Erfolg, ebenso diverse Wiederaufnahmeklagen (S 24 AS 3337/14 WA, L 4 AS 213/15 WA, L 4 AS 127/18 WA und L 4 AS 274/18 WA).
Für die näheren Einzelheiten, insbesondere den Vortrag der Klägerin in den Gerichtsverfahren und die Argumentation des Sozialgerichts und des Senats wird auf die Prozessakten der genannten Verfahren Bezug genommen, die der Senat beigezogen hat.
Mit Schreiben vom 20. Juni 2014 und 10. Juli 2014 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Rücknahme des Bescheids vom 12. Mai 2011 betreffend die Aufhebung der Leistungsbewilligung ab dem 1. Juni 2011 und des Bescheids vom 27. Juni 2011 betreffend die Ablehnung der Bewilligung von Leistungen für die Zeit ab dem 1. September 2011. Der Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 11. Juli 2014 ab, den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies er mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2014, der Klägerin zugestellt am 18. Oktober 2014, zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) seien nicht erfüllt. Ferner wäre eine Rücknahme aber auch nicht zielführend, weil gem. § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 4 SGB X Sozialleistungen nach Rücknahme eines Verwaltungsakts längstens für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr vor Beginn des Jahres, in dem der Antrag auf Rücknahme gestellt wurde, erbracht würden. Selbst bei einer Rücknahme der beanstandeten Entscheidungen kämen Leistungen nur für die Zeit vor dem 1. Januar 2013 in Betracht, nicht aber für die von der Klägerin ...