Entscheidungsstichwort (Thema)
Zutreffende Kodierung der operativen Behandlung eines Versicherten als Voraussetzung des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses - Shuntrevision - DRG F59 D
Orientierungssatz
1. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung des Versicherten nach § 109 SGB 5 setzt u. a. eine zutreffende Kodierung nach den gesetzlichen Vorgaben voraus.
2. Eine sog. Shuntvene arterialisiert sich nur direkt am Shunt. Im weiteren Verlauf wird sie wieder eine ganz normale Vene.
3. Sie ist kein sonstiges Gefäß i. S. des Operationen- und Prozeduren-Schlüssels (OPS).
4. Die Gruppe "5 - 397.x Sonstige" ist vom Kodegeber für Fälle gedacht, die man in der Aufzählung nicht bedacht hat. Ein Sammelkode ist naturgemäß nicht spezifischer gegenüber einem Kode, der das Gefäß in seiner Ursprungsform "Vene" genau bezeichnet.
5. Danach ist eine Shuntrevision i. S. einer distalen Shuntvenenresektion und langstreckiger Venenraffung nach DRG F59 D von der Krankenkasse zu vergüten.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts vom 10.12.2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Abrechnung einer stationären Krankenhausbehandlung eines bei der Beklagten Krankenversicherten in der Klinik der Klägerin im Zeitraum vom 25.02.2015 bis 27.02.2015.
Der Versicherte litt an chronischer Niereninsuffizienz und benötigte regelmäßig die Durchführung von Dialysen. Am 25.02.2015 erfolgte die Aufnahme in der Klinik der Klägerin zur operativen Revision eines vorhandenen Shunts am linken Arm. Ausweislich des Arztbriefes erfolgte die Shuntrevision am Aufnahmetag mittels Venenresektion und langstreckiger Raffung mittels Hegarstift. Am 27.02.2015 wurde der Versicherte aus der stationären Behandlung entlassen.
Die Beklagte beglich die Rechnung über die Behandlung in Höhe von 4459,85 EUR zunächst. Ausweislich des seitens der Beklagten eingeholten Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 27.08.2015 sei die Kodierung nicht in vollem Umfang nachvollziehbar. Laut dem Operationsberichts sei eine Shuntrevision im Sinne einer distalen Shuntvenenresektion und langstreckiger Venenraffung über einen Hegarstift erfolgt. Dabei wurde das Wort "Venen" seitens des Gutachters des MDK jeweils fett markiert. Außerdem sei die notwendige Verweildauer um einen Tag zu kürzen. Am 13.11.2015 nahm die Beklagte dann einen Abzug in Höhe von 2322,15 EUR vor und verrechnete den ihrer Meinung nach bestehenden Rückforderungsanspruch mit unstreitigen Behandlungskosten in einem anderen Behandlungsfall.
Bezüglich der Kürzung der Verweildauer um einen Tag bestand Konsens zwischen den Beteiligten. Die Klägerin änderte die Rechnung auf einen Betrag von 3255,60 EUR, so dass nach Auffassung der Klägerin noch 1128,90 EUR offen sind.
Am 01.12.2016 hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht mit dem Begehren der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Betrages von 1128,90 EUR erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Shuntvene sei zwar aus einer körpereigenen Vene hervorgegangen, habe sich aber in der Zeit nach Anlage der Anastomose anatomisch umgewandelt. Nicht nur das Lumen weite sich entsprechend dem Durchfluss, sondern auch die Dicke und Beschaffenheit der Gefäßwand. Dies sehe auch das Deutsche Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) in einer an die Klägerin gerichteten Mail vom 12.04.2018 so, wenn es ausführe: "Bei ausgereiften Shuntgefäßen ist für die Kodes 5-380 bis 5-383, 5-386, 5-388, 5-389 und 5-395 bis 5-397 die Lokalisationsangabe.x (sonstige Blutgefäße) zu verwenden.".
Das Sozialgericht hat den Sachverständigen Dr. O. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 26.02.2018 erklärt, bei dem Dialyseshunt habe sich die abführende Vene unter dem für eine Vene massiv erhöhten Druck mit der Zeit erweitert und verlängert. Dies habe zu einem Overflow-Phänomen (also zu deutlich erhöhten Durchflussraten) geführt. Aus diesem Grund habe die Shuntvene gekürzt und verengt werden sollen. Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, zwar seien die seitens des Klägervertreters geschilderten feingeweblichen Veränderungen an der abführenden Vene zutreffend und auch erwünscht. Durch den hohen Blutdruck weite sich die Vene und ihre Wand verhärte sich, um den Belastungen standzuhalten. Dies seien erwünschte und notwendige Veränderungen. Eine normale Vene würde durch das vermehrte Punktieren im Rahmen der wöchentlichen Dialysesitzungen rasch thrombosieren und sei anschließend nicht mehr nutzbar. Dies ändere aber nichts an der Tatsache, dass es sich unverändert um eine Vene handele, nicht um eine Arterie oder anderes Gefäß. Damit sei die Verwendung der Prozedur 5-397.a2 (Andere plasti...