Leitsatz (redaktionell)
1. Die Lehrtätigkeit an Schulen, Volkshochschulen, anderweitigen Bildungseinrichtungen und Universitäten kann vom Grundsatz her nicht nur in Form eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werden, sondern auch als selbstständige Tätigkeit. Maßgeblich ist, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist und in welchem Umfang Einfluss auf den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Erteilung, die Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung genommen werden kann.
2. Eine fehlende Weisungsgebundenheit hinsichtlich der Lehrtätigkeit an einer Berufsfachschule und ein geringes Unternehmerrisiko haben für sich nur einen geringen Bedeutungsgehalt bei der Abgrenzung von Arbeitnehmer und selbstständiger Tätigkeit. Liegt jedoch eine fehlende Eingliederung in die Arbeitsorganisation, das Fernbleiben von Lehrerkonferenzen, eine fehlende Zusammenarbeit mit den anderen Lehrkräften und eine ausdrückliche Vereinbarung der selbstständigen Tätigkeit vor, ist von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen.
Normenkette
SGB IV § 7 Abs. 1, §§ 7a, 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; SGB VI § 2 Nr. 1
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Feststellungstenor des Urteils des Sozialgerichts sich auf den Zeitraum vom 10. Mai bis 31. Dezember 2016 bezieht.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens noch über die Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. im Zeitraum vom 10. Mai 2016 bis zum 31. Dezember 2016.
Die Klägerin ist eine staatlich anerkannte Berufsfachschule und bildet Schüler nach den Vorgaben der jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung und der entsprechenden gesetzlichen Grundlagen u.a. im Bereich Ergotherapie aus. Die Ausbildung endet mit einer staatlichen Prüfung durch die Gesundheitsbehörde. Sie ist als gemeinnützige Einrichtung mit dem Zweck der Förderung der Erziehung und Volks- und Berufsbildung sowie der Studentenhilfe nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftssteuergesetz (KStG) von der Körperschafts-steuer und nach § 3 Nr. 6 Gewerbesteuergesetz (GewStG) von der Gewerbesteuer befreit.
Die 1957 geborene Beigeladene zu 1. ist gemäß § 4 Nr. 21 Umsatzsteuergesetz (UStG) von der Umsatzsteuer befreit. Sie ist promovierte Molekulargenetikerin und seit Jahrzehnten als Dozentin und Prüfungsausschussvorsitzende für mehrere Institutionen tätig, u.a. für die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration in Hamburg.
Die Klägerin schloss mit der Beigeladenen zu 1. „als selbständiger Honorardozentin“ einen „Honorarvertrag MAH GmbH“ für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2016. Mit diesem Vertrag beauftragte die Klägerin die Beigeladene zu 1. als Honorardozentin in dem Fachbereich Ergotherapie wöchentlich Unterricht bis zu vier Stunden laut Lehrplan zu geben, ohne Anspruch auf Erteilung eines Folgeauftrages. Für die vorbezeichnete Tätigkeit erhielt die Beigeladene zu 1. EUR 25,00 pro Unterrichtsstunde nach Rechnungslegung mit Stundennachweis. Des Weiteren trafen die Klägerin und die Beigeladene zu 1. im Einzelnen folgende, hier wesentlichen Vereinbarungen:
2. Die Auftragnehmerin wird als Dozentin in dem Fachbereich Ergotherapie mit folgenden Arbeiten beauftragt: Unterricht in Berufsfachschulen laut Lehrplan. KTR/KST: …. Änderungen der Aufgaben sowie des zeitlichen Umfangs und des Arbeitsortes erfolgen einvernehmlich nach Absprache zwischen den Vertragspartnern in Schriftform.
3. Die beauftragte Leistung führt die/der Auftragnehmer/in in eigener Verantwortung aus, wobei sie/er auf die aus der Zusammenarbeit sich ergebenden betrieblichen Belange im Zusammenhang mit ihrer/seiner Tätigkeit Rücksicht nehmen wird. Die/der Auftragnehmer/in unterliegt keinem Weisungs- und Direktionsrecht seitens des Auftraggebers.
4. Die Auftragnehmerin ist in einem wöchentlichen Umfang bis zu 4 Stunden für den Auftraggeber tätig. Dafür erhält sie ein Honorar von 25 € pro Unterrichtsstunde einschließlich etwaiger Umsatzsteuer nach Rechnungslegung mit Stundenausweis. Die Rechnungslegung hat nach den Vorschriften des § 14 Abs. 4 UStG zu erfolgen. Ein Anspruch auf Vergütung von ausgefallenen Stunden oder Ausfallzeiten wegen Krankheit oder Urlaub besteht nicht. Durch das vereinbarte Honorar ist die Vergütung für die Durchführung von Blended Learning, die etwaige Vor- und Nachbereitung, anfallende An- und Abreisezeiten, etwaige Reisekosten sowie Aufwendungsersatz enthalten und abgegolten. …
6. Die Auftragnehmerin führt eine rein selbständige Tätigkeit aus. Die Auftragnehmerin ist verpflichtet, für einen Krankenversicherungsschutz Sorge zu tragen, sei es durch Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 9 SGB V, oder durch eine private Krankenversicherung gemäß § 193 VVG. …
7. Die Auftragnehmerin verpflichtet sich, bei Verhinderung unverzüglich den Auftraggeber zu verstä...