Entscheidungsstichwort (Thema)
Aus einer Straftat zugeflossene Einnahmen sind als Einkommen des Grundsicherungsberechtigten bei dessen Prüfung der Hilfebedürftigkeit zu berücksichtigen
Orientierungssatz
1. Nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB 2 sind alle Einnahmen des Grundsicherungsberechtigten in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen.
2. Dass Einnahmen aus einer Straftat, z. B. Betrug, erlangt wurden, schließt eine Anrechnung als Einkommen nicht aus. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Zuflusses stehen sie zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung.
3. Ob dies tatsächlich erfolgt ist, ist für die Berücksichtigung als Einkommen unbeachtlich.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die Aufhebung und Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum vom 1. Oktober 2014 bis zum 31. März 2015.
Der erwerbsfähige, im Jahr 1967 geborene Kläger und die ebenfalls erwerbsfähige, im Jahr 1972 geborene Klägerin lebten gemeinsam mit dem Sohn des Klägers in einem Haushalt. Mit Bescheid vom 7. November 2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19. November 2014, 1. Dezember 2014 und 23. Februar 2015 bewilligte der Beklagte ihnen Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Oktober 2014 bis 31. März 2015. Mit Bescheid vom 21. Januar 2015 hob der Beklagte Leistungen gegenüber dem Kläger für die Monate November und Dezember 2014 teilweise auf und verlangte entsprechende Erstattung. Mit Bescheid vom 18. März 2015 hob der Beklagte gegenüber beiden Klägern für die Monate Oktober 2014 bis Februar 2015 Leistungen für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung teilweise auf und verlangte wiederum entsprechende Erstattung.
Am 28. Oktober 2014 erhielt die Klägerin eine Zahlung in Höhe von mindestens 11.000,-- Euro von einem Herrn S. Dies war Gegenstand eines Strafverfahrens gegen die Klägerin, die letztlich mit Urteil des Amtsgerichts Norderstedt vom 8. Oktober 2015 (72 DS 569 JS 53322/14 (348/15)) wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 10,-- Euro verurteilt wurde. In dem Urteil stellte das Amtsgericht fest:
„Am 28. Oktober 2014 im Zeitraum von 14:00 Uhr bis 15:00 Uhr sprach die Angeklagte den damals 91-jährigen Herrn S. in N. auf der Straße an und begleitete diesen zu ihm nach Hause und behauptete gegenüber dem betagten Geschädigten wahrheitswidrig, dass sie bald aus der Wohnung ihrer Schwester ausziehe. Hierfür benötigte sie Geld für den Umzug und neue Möbel, was der Geschädigte ihr glaubte und ihn dazu veranlasste, ihr mindestens 1.000,00 Euro, die er in bar zu Hause hatte, leihweise zu übergeben. Die Angeklagte nahm das Geld an sich, womit der Geschädigte in Erwartung der Rückzahlung einverstanden war. Anschließend fuhren die Angeklagte und der Geschädigte zur Filiale der H. in der L., weil die Angeklagte gegenüber dem Geschädigten angemerkt hatte, dass das bisher erhaltene Geld für den Umzug nicht ausreichen würde. Der Geschädigte holte mindestens 10.000,00 Euro aus dem Schließfach und übergab das Geld auf Anweisung der Angeklagten an den Fahrer des Taxis, welches draußen wartete. Die Zahlung tätigte er in Erwartung der Rückzahlung. Die Angeklagte fragte den Geschädigten noch, ob jemand anderes von dem Geld wisse, was der Geschädigte verneinte. Nachdem die Angeklagte und ihre Begleiter den Geschädigten zu Hause abgesetzt hatten, fuhren sie davon, wobei die Angeklagte erwähnte, am nächsten Tag mit einer Flasche Wein zurückzukehren. Dies tat sie auch gemeinsam mit ihrer Tochter, wobei sich die Tochter [des Geschädigten, Anm. des Senats], die Zeugin G., und ihr Ehemann bereits in der Wohnung versteckt hielten, um diese zur Rede zu stellen und im Anschluss die Polizei zu rufen.
Die Angeklagte hatte nicht vor, dem Geschädigten den geliehenen Geldbetrag in Höhe von insgesamt mindestens 11.000,00 Euro zurückzuzahlen. Dies konnte sie bereits aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse als Sozialleistungsempfängerin nicht. Das Geld gab sie im Anschluss aus, ohne es den entsprechenden Behörden anzuzeigen. Sie nutzte die Vertrauensseligkeit und Leichtgläubigkeit des betagten Geschädigten aus, um diesen in den falschen Glauben zu versetzen, sie würde bald umziehen und das Geld hierfür benötigen, wobei sie seine irrige Vorstellung aufrechterhielt, sie würde ihm das Geld zurückzahlen, was sie zu keinem Zeitpunkt beabsichtigte.“
Der Beklagte erhielt am 9. Oktober 2015 durch eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft Hamburg Kenntnis von der Zahlung. Unter Bezugnahme darauf, allerdings unter der Annahme eines Zuflusses von 12.100,-- Euro, hörte er mit Schreiben vom 1. Dezember 2015 die Kläger an: Nach seinen Erkenntnissen habe der Kläger Leistungen in Höhe von 3.503,85 Euro zu Unrecht erhalten, die Klägerin Leistungen in Höhe von 4.664,31 Euro und der Sohn des Klägers Leistungen in Höhe von 1.973,11 Euro sowie einen weiteren ...