Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstreckung einer Befreiung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB 6 auf eine befristete berufsfremde Beschäftigung nach Beendigung der der Befreiung zugrunde liegenden Beschäftigung als angestellter Rechtsanwalt und anschließender Arbeitslosigkeit
Orientierungssatz
Zur Erstreckung einer Befreiung gemäß § 6 Abs 5 S 2 SGB 6 nach Beendigung der der Befreiung zugrunde liegenden Beschäftigung als angestellter Rechtsanwalt und anschließender Arbeitslosigkeit auf eine befristete berufsfremde Beschäftigung.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für eine in der Zeit vom 11. Juni 2013 bis 10. Juni 2014 ausgeübte Beschäftigung.
Der 1983 geborene Kläger war seit dem 1. August 2012 als angestellter Rechtsanwalt in der Kanzlei ... in H. beschäftigt und seit dem 1. September 2012 Mitglied der H. Rechtsanwaltskammer und des Versorgungswerks der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte H. Auf seinen Antrag vom 6. August 2012 befreite ihn die Beklagte mit Bescheid vom 30. November 2012 ab 1. September 2012 für die am 1. August 2012 begonnene Beschäftigung bzw. Tätigkeit als Rechtsanwalt von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Im Bescheid heißt es weiter: „Die Befreiung gilt für die obengenannte und weitere berufsspezifische Beschäftigungen/Tätigkeiten, solange hierfür eine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer besteht und solange Versorgungsabgaben bzw. Beiträge in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen wären.“ Unter den „Hinweisen“ heißt es: „Die Befreiung ist nicht personen-, sondern tätigkeitsbezogen. (...) Die Befreiung erstreckt sich nicht auf berufsfremde Beschäftigungen/Tätigkeiten, selbst wenn die Mitgliedschaft in der Berufskammer und in der Versorgungseinrichtung fortbesteht. Insoweit sind Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Die Befreiung wird jedoch auf eine berufsfremde Beschäftigung/Tätigkeit erstreckt, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und die Versorgungseinrichtung für die Zeit dieser Beschäftigung/Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. (...).“
Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers endete zum 10. Dezember 2012, ab dem Folgetag bezog er Arbeitslosengeld. In der Zeit vom 11. Juni 2013 bis 10. Juni 2014 war er aufgrund eines befristeten Vertrages vom 10. Juni 2013 als Arbeitsvermittler mit Beratungsaufgaben bei der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit L. beschäftigt. Seine Aufgaben bestanden nach dem vorliegenden Tätigkeitsprofil in der Arbeitsvermittlung/-beratung sowie der Bewerber- und Arbeitgeberbetreuung. Am 5. August 2013 beantragte er auch für diese Beschäftigung die weitere Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21. Januar 2014 ab, da es sich dabei nicht um eine berufsspezifische anwaltliche Tätigkeit handele. Auch eine Erstreckung der erteilten Befreiung komme nicht in Betracht, da eine wirksame Befreiung für den Kammerberuf als Rechtsanwalt nicht mehr vorliege.
Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass eine berufsspezifische Tätigkeit als Rechtsanwalt sowie die Pflichtmitgliedschaft in der H. Rechtsanwaltskammer und im Versorgungswerk der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte H. weiter vorliege, da er neben der Beschäftigung bei der Bundesagentur weiterhin eine selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt ausübe. Die Befreiung sei mit Bescheid vom 30. November 2012 für die Tätigkeit als Rechtsanwalt ausgesprochen und nicht auf eine angestellte rechtsanwaltliche Tätigkeit begrenzt worden. Richtig sei, dass eine genuine Befreiung aufgrund der Tätigkeit als Arbeitsvermittler mit Beratungsaufgaben nicht möglich sei, da es sich dabei nicht um eine berufsspezifische Tätigkeit handele. Hier greife aber § 6 Abs. 5 SGB Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) durch, sodass sich die Befreiung auch auf die befristete Tätigkeit als Arbeitsvermittler erstrecke.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2014 zurück und wies erneut darauf hin, dass es sich bei der Tätigkeit als Arbeitsvermittler nicht um eine berufsspezifische anwaltliche Tätigkeit handele. Eine Erstreckung der Befreiung nach § 6 Abs. 5 SGB VI komme nicht in Betracht, weil die mit Bescheid vom 30. November 2012 ausgesprochene Befreiung für die Beschäftigung als Rechtsanwalt in der Kanzlei ... nicht mehr wirksam sei, da diese Beschäftigung a...