Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Erledigungsrechtsstreit. Klage auf Feststellung, dass der Rechtsstreit durch ein prozessuales Verhalten des Klägers erledigt ist. Feststellungsinteresse. Untätigkeitsklage. außergerichtliche Erfüllung des klageweise geltend gemachten Anspruchs und Mitteilung hierüber an das Gericht durch den Beklagten. konkludentes Anerkenntnis
Orientierungssatz
1. Hat der Kläger in einem Rechtsstreit vor Erlass einer klageabweisenden Entscheidung aus seiner Sicht das Erforderliche getan, um den Rechtsstreit in der Hauptsache zu beenden, und bestreitet der Beklagte ausdrücklich, dass das zwischen ihm und dem Kläger bestehende Rechtsverhältnis durch die Prozesserklärungen des Klägers beendet wurde, besteht ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass der Rechtsstreit durch das prozessuale Verhalten des Klägers erledigt ist.
2. Erklärt der Beklagte im Rahmen einer Untätigkeitsklage gegenüber dem Gericht, die Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs (hier: Festsetzung und Erstattung von Vorverfahrenskosten) auf den Weg gebracht zu haben, und trägt nicht zugleich vor, einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung gehabt zu haben, ist in diesem Verhalten ein konkludentes Anerkenntnis zu sehen.
3. Die ausdrückliche Erklärung der beklagten Behörde, kein Anerkenntnis abgeben zu wollen, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, da der Aussagekraft des implizit Erklärten der Vorrang vor dem ausdrücklich Erklärten zukommt.
Nachgehend
Tenor
1. Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. Februar 2019 wird aufgehoben und festgestellt, dass der Rechtsstreit S 35 AS 2133/17 durch die Erklärung der Kläger vom 21. Februar 2018 erledigt ist.
2. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Feststellung, dass der Rechtsstreit S 35 AS 2133/17 durch ihre Erklärung vom 21. Februar 2018 erledigt ist.
Die Kläger legten mit anwaltlicher Hilfe einen Widerspruch ein. Dem Widerspruch wurde abgeholfen. Der Beklagte verpflichtete sich dazu, die den Klägern im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten auf Antrag zu erstatten, soweit sie notwendig und nachgewiesen seien. Der Bevollmächtigte der Kläger beantragte daraufhin am 6. Dezember 2016 die Festsetzung und Erstattung der Kosten der Kläger in Höhe von 487,90 Euro. Der Beklagte blieb untätig, sodass die Kläger am 21. Juni 2017 Klage erhoben und die Bescheidung ihres Kostenantrages beantragten.
Der Beklagte reagierte hierauf mit Schreiben vom 1. August 2017. Er beantragte, die Klage abzuweisen und zu entscheiden, dass von ihm nicht mehr als die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten seien. Zur Begründung gab er an, dass er die mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 geltend gemachten Kosten am 17. Juli 2017 angewiesen habe. Damit sei das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage entfallen. Er sei bereit, die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten. Die Kläger hätten es unterlassen, vor Erhebung der Untätigkeitsklage die begehrte Bescheidung anzumahnen. Damit hätten sie gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Er wies ausdrücklich darauf hin, dass er mit der Abgabe des Kostengrundanerkenntnisses kein Anerkenntnis in der Sache abgebe. Ein solches Anerkenntnis könne auch nicht entgegen seiner ausdrücklichen Erklärung im Wege der Auslegung konkludent angenommen werden.
Die Kläger erklärten durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 21. Februar 2018 die Annahme des Anerkenntnisses des Beklagten und verwahrten sich gegen die Auslegung ihrer Erklärung als Erledigungserklärung.
Nachdem der Beklagte am 15. Juni 2018 noch einen Kostenfestsetzungsbescheid über die zu erstattenden Kosten des Widerspruchsverfahrens in begehrter Höhe erlassen hatte und die Kläger mit Schreiben vom 13. August 2018 nochmals die Annahme des Anerkenntnisses erklärt hatten, wies das Gericht die Klage nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid vom 26. September 2018 ab. Die Untätigkeitsklage sei nicht durch ein angenommenes Anerkenntnis erledigt worden, weil der Beklagte kein Anerkenntnis abgegeben habe. Sie sei auch nicht durch eine Erledigungserklärung der Kläger beendet worden. Vielmehr sei sie dadurch, dass der Beklagte dem Antrag der Kläger vom 6. Dezember 2016 entsprochen habe, unzulässig geworden; es fehle nun das Rechtsschutzbedürfnis.
Der Gerichtsbescheid wurde dem Bevollmächtigten der Kläger am 5. Oktober 2018 zugestellt. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2018, beim Sozialgericht am 29. Oktober 2018 eingegangen, beantragten die Kläger die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der sie sinngemäß beantragten festzustellen, dass der Rechtsstreit durch ihre Erklärung vom 21. Februar 2018 beendet worden sei. Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen
Das Sozialgericht Hamburg wies die Klage nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom ...