Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Beitragsrecht. Beitragsschuldner. Unternehmensveräußerung. Nachforderung von Unfallversicherungsbeiträgen gegenüber einem Erben. keine Ermächtigungsgrundlage
Orientierungssatz
Die Ehefrau eines verstorbenen Unternehmers kann nicht gem §§ 665 S 2, 746 Abs 1 RVO als Erbin zur Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung für ein veräußertes Unternehmen als Beitragsschuldnerin im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§§ 1967, 1922 BGB) verpflichtet werden.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 29. Januar 2001 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Dezember 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 1999 wird aufgehoben. Die Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin als Erbin ihres Ehemannes zur Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung für ein veräußertes Unternehmen verpflichtet ist.
Der verstorbene Ehemann der Klägerin war mit seinem Unternehmen "Dr. Ing. H M, Bauausführungen" Mitglied der Beklagten. Mit Verrechnungstag vom 1. August 1992 veräußerte er dieses an den Bauunternehmer M R. Der Unternehmerwechsel wurde am 25. September 1992 angezeigt. Für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Juli 1992 erklärte der Veräußerer mit Jahreslohnnachweis vom 15. März 1993 eine Lohnsumme von insgesamt 813.428 DM, davon 100.432 DM zur Tarifstelle 0928 (kaufmännisches Personal) und 712.995 DM zur Tarifstelle 0101 (gewerbliches Personal). Der Übernehmer erklärte mit am 24. März 1993 bei der Beklagten eingegangenem Jahreslohnnachweis eine Lohnsumme von insgesamt 118.053 DM, davon 39.987 DM zur Tarifstelle 0928 und von 78.066 DM zur Tarifstelle 0101 für den Zeitraum 1. August bis 31. Dezember 1992. Mit Bescheid vom 8. Juli 1993 setzte die Beklagte auf der Grundlage dieser Meldung den Beitrag 1992 für das veräußerte Unternehmen auf 4.156,07 DM fest.
Nachdem das zuständige Ordnungsamt im Rahmen eines dort laufenden Gewerbeuntersagungsverfahrens um Mitteilung gebeten hatte, ob der Betriebsübernehmer den ihm obliegenden Beitragsverpflichtungen nachkomme und gegen diesen von der Beklagten die Vollstreckung wegen des für das Jahr 1992 festgesetzten Beitrages und wegen der Vorschüsse für das Jahr 1993 eingeleitet worden war, nahm die Beklagte mit Bescheid vom 6. April 1994 die Klägerin als Erbin des Veräußerers wegen des offenen Beitrages für 1992 in Anspruch. Die Klägerin beglich diesen Betrag.
Am 23. März 1995 führte die Beklagte in den Betriebsräumen des veräußerten Unternehmens eine Lohnbuchprüfung durch. Durch Auswertung der Buchungsunterlagen für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1992 wurden die Lohnsummen mit 43.066 DM zur Tarifstelle 0928 und 554.437 DM zur Tarifstelle 0101 und die Lohnsummendifferenzen mit 3.079 DM und 476.371 DM festgestellt. Auf der Grundlage dieser Feststellungen setzte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Mai 1995 für den übernommenen Betrieb einen Nachtragsbeitrag für das Jahr 1992 in Höhe von 22.723,40 DM fest und forderte diesen von dem Übernehmer an. Nach Vollstreckungsversuchen gegen den Übernehmer und nachdem dieser um Zahlungsaufschub wegen bestehender Liquiditätsschwierigkeiten gebeten hatte, setzte die Beklagte mit dem vorliegend angegriffenen Bescheid vom 4. Dezember 1996 den Nachtragsbeitrag 1992 auch gegenüber der Klägerin als Erbin des Veräußerers fest. Hiergegen erhob diese Widerspruch und wies zur Begründung darauf hin, dass gegen Zahlung des ersten Nachtrages für 1992 der Abschluss des sie betreffenden Beitragskontos erfolgt und ihr Generalquittung erteilt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei bei der turnusmäßigen Lohnbuchprüfung in dem Unternehmen des M R am 23. März 1995 eine bisher nicht gemeldete Gesamtlohnsumme von 479.450 DM festgestellt worden. Der hierauf für das Jahr 1992 zu erhebende Beitrag in Höhe von 22.723,40 DM sei mit Bescheid vom 5. Mai 1995 festgestellt worden. Nachdem dieser Betrag trotz umfangreicher Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht entrichtet worden sei, habe man nach § 665 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung - RVO - erneut die Klägerin in Anspruch nehmen müssen. Die gesamtschuldnerische Haftung erstrecke sich ohne Einschränkung auf rückständige Beiträge bis zum Ablauf des Geschäftsjahres, in dem der Unternehmerwechsel angezeigt werde. Aus § 744 RVO folge, dass die Berufsgenossenschaften durch Rechnungsbeamte Geschäftsbücher oder sonstige Unterlagen einsehen könnten, um die eingereichten Lohnnachweise prüfen oder selbst aufstellen oder ergänzen zu können. Die sei geschehen und es sei auf Grund dessen der Nachtragsbeitrag festgestellt worden.
Die Klägerin hat gegen den Heranziehungsbescheid fristgerecht Klage erhoben und sich gegen die Hö...