Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der Berufung. wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr. Leistungen nach dem SGB 2. mehrere Bewilligungsabschnitte. keine Addition der Streitgegenstände

 

Orientierungssatz

1. Zum Vorliegen von wiederkehrenden oder laufenden Leistungen von mehr als einem Jahr iS von § 144 Abs 1 S 2 SGG.

2. Sind in einem Verfahren nach dem SGB 2 mehrere Bewilligungsabschnitte im Streit, die dieselbe Rechtsfrage betreffen, so handelt es sich bei den verschiedenen Bewilligungsabschnitten grundsätzlich um isolierte Streitgegenstände.

3. Für die Frage, ob wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind, kommt eine Addition dieser Streitgegenstände nicht in Betracht (so ua auch LSG München vom 18.3.2015 - L 11 AS 761/14 und LSG Stuttgart vom 26.3.2014 - L 2 SO 3177/13).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.11.2020; Aktenzeichen B 14 AS 56/19 R)

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 25. Juni 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten noch über die Frage, ob dem Kläger für die Zeiträume 30. Oktober 2009 bis 31. Januar 2010 sowie 01. März 2010 bis 30. September 2010 Leistungen nach dem SGB II ohne Berücksichtigung der Zeugin S. als Bedarfsgemeinschaftsmitglied zustehen.

Ursprünglich hatte der Kläger vor dem Sozialgericht Neubrandenburg Klage erhoben, weil er für den Zeitraum 30. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2009 keinerlei Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten zugesprochen bekommen hatte. Zudem wehrt er sich dagegen im Rahmen des SGB II-Bezuges im Januar 2010 sowie im Zeitraum März bis November 2010 mit der Zeugin S. als Bedarfsgemeinschaft veranlagt zu werden.

Im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens und sich anschließenden Widerspruchsverfahrens hatte der Beklagte die ablehnende Entscheidung für den Zeitraum 30. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2009 bestätigt. Zudem hat er in einem weiteren Widerspruchsverfahren gegen die entsprechenden Bewilligungsbescheide an seiner Auffassung festgehalten, dass für Januar 2010 und den Zeitraum März bis November 2010 von einer Bedarfsgemeinschaft mit der Zeugin S. auszugehen sei.

Das Sozialgericht Neubrandenburg hat der Klage dahingehend stattgegeben, dass der Beklagte verpflichtet worden ist dem Kläger für den Zeitraum 30. Oktober bis 31. Dezember 2009 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer Bedarfsgemeinschaft mit der Zeugin S. zu bewilligen. Das Urteil enthält in der Rechtsmittelbelehrung den Hinweis darauf, dass es mit der Berufung angefochten werden könne.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und zugleich hilfsweise Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Das Urteil sei fehlerhaft, da nicht von einer Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Kläger und der Zeugin S. auszugehen sei.

Der Senat hat mit Verfügung vom 04. Januar 2017 darauf hingewiesen, dass aus seiner Sicht die Berufung unzulässig sei und die Verwerfung derselben beabsichtigt sei.

II. Die Berufung ist unzulässig.

Gemäß § 144 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist die Berufung nicht zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geldleistung betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt und die Berufung auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Das ist hier der Fall.

In der Sache wendet sich der Kläger gegen die Veranlagung als Bedarfsgemeinschaft mit der Zeugin S. in den Zeiträumen 30. Oktober 2009 bis 31. Januar 2010 und 01. März 2010 bis 30. November 2010. Dem Kläger sind in diesen Zeiträumen Leistungen bewilligt worden. Die Beschwer des Klägers liegt allenfalls darin, dass ihm nicht die Regelleistung für Alleinstehende zugesprochen wurde. Diese Beschwer erreicht 750,00 € nicht, so dass die Berufung unzulässig ist, da es sich auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr handelt.

Denn es sind auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen, so dass eine Berufungszulassung sich nicht aus § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG ergibt. Zwar macht der Kläger vorliegend für mehr als insgesamt 12 Monate geltend nicht mit der Zeugin als Bedarfsgemeinschaft veranlagt zu werden, es handelt sich jedoch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen i. S. d. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG.

Wiederkehrende und laufende Leistungen haben die Wiederholung, die Gleichartigkeit und den Ursprung in demselben Rechtsverhältnis gemeinsam und beruhen auf demselben Rechtsverhältnis, wenn ihnen derselbe Leistungsfall zu Grunde liegt, auf den die Einzelansprüche zurückgeführt werden können. Alleine ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis reichen hierfür nicht. Im Rahmen der Grundsiche...

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