Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassung der Berufung. laufende oder wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr. Arbeitslosengeld II. mehrere Bewilligungsabschnitte

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Leistungen nach dem SGB 2, die zwei oder mehrere Bewilligungsabschnitte betreffen und nur zusammengerechnet mehr als ein Jahr andauern, handelt es sich - unabhängig von der zeitlichen Lage der Einzelansprüche - auch dann nicht um laufende und wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr nach § 144 Abs 1 S 2 SGG, wenn diese im Wege der Verbindung oder der objektiven Klagehäufung in einem Rechtsstreit geltend gemacht werden (so - zumindest im Ergebnis - auch: LSG Halle vom 13.5.2009 - L 5 AS 17/09 B sowie LSG Neubrandenburg vom 5.12.2011 - L 8 B 430/10 NZB), denn es handelt sich nicht um ein einheitliches und fortwährendes Rechtsverhältnis und zwar unabhängig davon, ob ununterbrochene Hilfebedürftigkeit besteht und auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen fortbestehen. Das Bestehen des jeweiligen materiell-rechtlichen Anspruchs wird vielmehr durch den jeweiligen Antrag und den Ablauf des Bewilligungsabschnitts nach den §§ 37 und 41 SGB 2 beschränkt.

 

Normenkette

SGG § 144 Abs. 1 S. 2; SGB II §§ 37, 41

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 11. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Der 1971 geborene erwerbsfähige Kläger bezieht seit 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und begehrt die Gewährung eines (höheren) Mehrbedarfes wegen krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) a.F.

Entsprechende Bewilligungsbescheide vom 22. Januar 2010 (betreffend den Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 31. März 2010) und 19. März 2010 (betreffend den Zeitraum vom 1. April 2010 bis 30. September 2010) und einen Änderungsbescheid vom 15. Dezember 2010 (betreffend den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. März 2011) hat der Kläger erfolglos mit jeweils separatem Widerspruch angegriffen.

Gegen die Widerspruchsentscheidungen des Beklagten Jobcenters hat der Kläger sodann jeweils Klagen vor dem Sozialgericht erhoben. Die Klagen S (28) 40 AS 3691/10 (betreffend den Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 31. März 2010), S (28) 40 AS 3219/10 (betreffend den Zeitraum vom 1. April 2010 bis 30. September 2010) und S 40 AS 1180/11 (betreffend den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. März 2011) hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 3. Mai 2011 verbunden und dabei das Verfahren S 40 AS 1180/11 zum führenden Verfahren bestimmt.

In der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 2011 hat der Kläger beantragt, ihm unter Abänderung der jeweiligen Bescheide für den Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis zum 31. März 2010 einen monatlichen Mehrbedarf in Höhe von 25,56 Euro, für den Zeitraum vom 1. April 2010 bis zum 30. Juni 2010 einen monatlichen Mehrbedarf in Höhe von 50 Euro, für den Zeitraum vom 1. Juli 2010 bis 30. September 2010 einen monatlichen Mehrbedarf in Höhe von weiteren 40 Euro sowie für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. März 2011 einen Mehrbedarf von weiteren 14 Euro monatlich zu gewähren.

Das Sozialgericht hat mit dem am 11. Mai 2011 verkündeten Urteil die Klagen abgewiesen. Es sah die für die Gewährung des krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarfes erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben. Der Kläger leide zwar unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen (Diabetes mellitus, Hypertonie, Neurodermitis, Hypercholesterinämie und Multiple Sklerose), diese würden aber - wenn überhaupt ein besonderes medizinisch begründetes Ernährungsbedürfnis anzunehmen wäre - jedenfalls keine kostenmäßigen Mehraufwendungen erfordern. Es fehle einerseits überhaupt grundlegend an entsprechenden ärztlichen Attesten bzw. Ernährungsempfehlungen bzw. sei die Ernährungsempfehlung aus der physiotherapeutischen Behandlung hinsichtlich einer " dauerhaft mediterranen Kost"  und auch die vom Kläger erläuterten Ernährungsgewohnheiten des Klägers nicht ansatzweise geeignet, den Kostenaufwand darzulegen. Die zur Akte gereichten Einkaufsquittungen würden die vom Kläger vorgetragene Diät nicht im Ansatz belegen, dafür aber ein fehlendes Preisbewusstsein des Klägers erkennen lassen. Die Berufung ist nicht zugelassen worden. Das Urteil ist dem anwaltlich vertretenen Kläger am 22. Juli 2011 zugestellt worden.

Mit Beschwerde vom 19. August 2011 wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision. Er rügt einen Verfahrensfehler durch Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes. Das Sozialgericht hätte " weiter nachforschen"  und " gegebenenfalls auch einen Gutachter beauftragen müssen" .

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist zulässig - insbesondere statthaft (hierzu unter 1.). Sie ist jedoch unbegründet (hierzu unter 2.).

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft, da die Berufung nach §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ...

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