Entscheidungsstichwort (Thema)

SF, AR, JE

 

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1. für das verzögerte Klageverfahren vor dem Sozialgericht Neubrandenburg S 15 AS 1165/15 WA - S 7 AS 815/10 eine Entschädigung in Höhe von 430,00 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerinnen und der Beklagte tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

4. Der Streitwert wird auf 3.225,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist eine Entschädigung wegen einer überlangen Dauer des Verfahrens S 7 AS 815/10 (verbunden mit S 7 AS 816/10) vor dem Sozialgericht (SG) Neubrandenburg.

Die 1982 geborene Klägerin zu 1 ist die Mutter der am 20. Juni 2009 geborenen Klägerin zu 2, mit der sie eine Bedarfsgemeinschaft bildete. Die Klägerin zu 1 bezog im Jahr 2009 Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten des Ausgangsverfahrens. Streitig war die Höhe der Leistungen für den Monat Oktober 2009.

Am 3. Mai 2010 erhob die Klägerin zu 2, zum damaligen Zeitpunkt gesetzlich vertreten durch die Klägerin zu 1, Klage beim SG Neubrandenburg (S 7 AS 816/10). Mit der Klage wandte sich die Klägerin zu 2 gegen den Rücknahmebescheid des Beklagten des Ausgangsverfahrens vom 24. November 2009, in welchem dieser die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Klägerin zu 2 für den Monat Oktober 2009 in Höhe von 227,20 € zurückgenommen hatte. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin zu 2 sei vom Leistungsanspruch ausgeschlossen gewesen, da diese in der Zeit vom 19. Juli bis 31. Oktober 2009 in einer Pflegefamilie gelebt habe. Eine Erstattung nach § 50 SGB X durch die Klägerin zu 1 sei nicht erforderlich, da durch die Neuberechnung des Leistungsanspruchs der Klägerin zu 1 für den Monat Oktober 2009 sich für diese ein Anspruch in Höhe von nunmehr 724,31 € ergebe. Der gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 31. März 2010). Mit der Klage verfolgte die Klägerin zu 2 die Aufhebung der vorgenannten Bescheide und beantragte gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten. In der Klageschrift hieß es, die Klage werde fristwahrend erhoben. Eine ausführliche Begründung erfolge nach Akteneinsicht. Nachdem das SG von dem Beklagten des Ausgangsverfahrens die Verwaltungsakten angefordert hatte, verband es mit Beschluss vom 13. Oktober 2010 die Rechtsstreitigkeiten S 7 AS 815/10 und S 7 AS 816/10 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens des erstgenannten Verfahrens.

Das Verfahren S 7 AS 815/10 vor dem SG Neubrandenburg gestaltete sich wie folgt:

Am 3. Mai 2010 erhob die Klägerin zu 1 Klage beim SG Neubrandenburg, mit der sie sich gegen den Bescheid des Beklagten des Ausgangsverfahrens vom 24. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2010 wandte und beantragte, ihr Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Höhe zu bewilligen. Die Klage werde fristwahrend erhoben, eine ausführliche Begründung erfolge nach Akteneinsicht. Nachdem das SG die Verwaltungsakten von dem Beklagten das Ausgangsverfahrens angefordert und der Prozessbevollmächtigten Akteneinsicht gewährt hatte, erinnerte das SG Ende August 2010 die Prozessbevollmächtigte an die Begründung der Klage. Mit Beschluss vom 13. Oktober 2010 verband es die beiden vorgenannten Rechtsstreitigkeiten. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2010 erging seitens des SG eine auf § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG gestützte Betreibensaufforderung an die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen, die dieser am 18. Oktober 2010 zugestellt wurde.

Mit am 18. Januar 2011 eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tage begründete die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen die Klage. Da dieser Schriftsatz dem Kammervorsitzenden zunächst von der Geschäftsstelle nicht vorgelegt wurde, fertigte dieser am 21. Januar 2011 die Schlussverfügung, wonach die Rechtsstreitigkeiten am 19. Januar 2011 durch Rücknahme bzw. Rücknahmefiktion erledigt seien. Nachdem der Schriftsatz vom 18. Januar 2011 dem Kammervorsitzenden im Februar 2011 vorgelegt wurde, verfügte dieser am 25. Februar 2011 (ausgeführt am 3. März 2011), diesen Schriftsatz dem Beklagten des Ausgangsverfahrens zur Stellungnahme binnen vier Wochen zu übersenden. Nachdem eine Reaktion des Beklagten des Ausgangsverfahrens ausgeblieben war, fertigte der Kammervorsitzende am 25. Mai 2011 eine Verfügung, mit der der Beklagte unter Setzung einer Frist von zwei Wochen an die Stellungnahme erinnert werde. Diese Verfügung wurde von der Geschäftsstelle des SG nicht ausgeführt, das Verfahren wurde weggelegt.

Am 25. September 2015 erhoben die Klägerinnen Verzögerungsrüge.

Am 7. Oktober 2015 verfügte der Kammervorsitzende die Wiederaufnahme der Verfahren unter Vergabe eines neuen Aktenzeichen (S 15 AS 1165/15 WA) und forderte von dem Beklagten des Ausgangsverfahrens die Verwaltungsakten an. Diese gingen am 3. November 2015 beim SG ein. Im Schreiben vom 5. November 2015 wies das SG dara...

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