Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des Beschwerdewerts bei geltend gemachten Heizkosten zur Begründung der Zulässigkeit der Berufung

 

Orientierungssatz

1. Nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG ist die Berufung nicht zulässig, wenn bei einer Geldleistung der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 750.- €. nicht übersteigt und die Berufung auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

2. Bei geltend gemachten Heizkosten ist bei der maßgeblichen Höhe der Kopfteil des einzelnen Klägers entscheidend, wenn dieser Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ist, deren weitere Mitglieder aber Klage nicht erhoben haben.

3. Die Verbindung streitiger Bewilligungszeiträume über mehr als ein Jahr führt nicht zu einer Zulässigkeit der Berufung nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG, wenn es sich nicht um ein einheitliches oder fortwährendes Rechtsverhältnis unabhängig von weiteren SGB 2-Voraussetzungen handelt.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 23.11.2020; Aktenzeichen B 14 AS 175/19 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 16. Februar 2018 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für Januar bis August 2011 und Dezember 2011 bis Mai 2012 im Hinblick auf die Berücksichtigung höherer Heizkosten.

Der am 1992 geb. Kläger steht zusammen mit seinen Eltern und seiner Schwester seit 2005 im Leistungsbezug des Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängers. Über mehrere Jahre bis zum Umzug zum 01.07.2017 wurden die von der Bedarfsgemeinschaft zu zahlenden Heizkosten (monatlich 200,00 €) wegen Unangemessenheit nur teilweise übernommen.

Als Bedarf für die Heizkosten legte der Beklagte in den vorliegend streitigen Zeiträumen Januar bis August 2011 und Dezember 2011 bis Mai 2012 jeweils einen Betrag in Höhe von monatlich 121,50 € zugrunde (Bescheid vom 19.11.2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 02.02.2011, 18.04.2011 und 05.12.2011 für Januar bis Mai 2011; Bescheid vom 24.05.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 05.12.2011 für Juni bis August 2011; Bescheid vom 24.11.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 05.12.2011 und 23.04.2012 für Dezember 2011 bis Mai 2012). Dem Kläger selbst wurden in diesen Monaten wegen der Anrechnung seines Einkommens letztlich keine Leistungen bewilligt.

Die Widersprüche gegen die drei Änderungsbescheide vom 05.12.2011 verwarf der Beklagte als unzulässig, da diese verfristet seien (Widerspruchsbescheide vom 29. Mai 2013).

Mit seinen drei Klagen vom 28.06.2013, die das Sozialgericht Neubrandenburg (SG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden hat, hat der Kläger die Gewährung von Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Heizkosten als Bedarf begehrt.

Der Beklagte hat sich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16.02.2018 bereit erklärt, einen abstrakten Heizkostenbedarf in Höhe von 200,00 € anzuerkennen. Mangels Anwesenheit des Klägers und seiner Bevollmächtigten im Termin ist dieses Anerkenntnis nicht angenommen worden.

Das SG hat mit Urteil vom 16.02.2018 die Klage abgewiesen. Diese sei bereits unzulässig, da das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers aufgrund des Anerkenntnisses des Beklagten entfallen sei.

Gegen das am 09.03.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.04.2018 Berufung eingelegt. Das SG habe die Klage nicht abweisen dürfen, sondern hätte stattdessen ein Anerkenntnisurteil erlassen müssen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich:

Das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 16.02.2018 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird entsprechend seines Anerkenntnisses verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum von Januar bis August 2011 und Dezember 2011 bis Mai 2012 Leistungen nach dem SGB II unter kopfteiliger Berücksichtigung der tatsächlichen Heizkostenvorauszahlungen i.H.v. 200,00 € zu bewilligen.

Der Senat hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers auf die Unzulässigkeit der Beru-fung und auf seine Absicht hingewiesen, die Berufung durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist unzulässig.

Gemäß § 144 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist die Berufung nicht zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geldleistung betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt und die Berufung auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Das ist hier der Fall.

Die Differenz zwischen den vom Beklagten in den streitigen Zeiträumen anerkannten und den begehrten Heizkosten beträgt monatlich 78,50 €, mithin insgesamt 1.099,00 €. Hiervon entfällt auf den Kopfteil des Klägers ein Viertel, wobei sein daraus resultierender indi...

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