Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Berufung. Geldleistung. Geltendmachung eines Freistellungsanspruchs. hier: Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren für ein erfolgreiches Widerspruchsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Eine Geldleistung ist von einer Klage iS von § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG nicht nur dann betroffen, wenn sie unmittelbar zwischen den Beteiligten streitig ist, sondern auch in dem Fall, wenn der eine Beteiligte von dem anderen die Befreiung von einer Geldforderung eines Dritten begehrt und damit einen Freistellungsanspruch geltend macht.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Freistellung von weiteren Rechtsanwaltsgebühren für ein erfolgreiches Vorverfahren.
Mit Bescheid vom 24. August 2018 mahnte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Zahlung von 320,10 € in Wahrnehmung eines Forderungseinzuges für das Jobcenter V. an und setzte eine Mahngebühr von 5 € fest.
Dem dagegen von der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27. September 2018 eingelegten Widerspruch half die Beklagte mit Bescheid vom 6. November 2018 ab und verpflichtete sich zur Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren, wobei die Zuziehung eines Bevollmächtigten als notwendig anerkannt wurde.
Mit Kostenrechnung vom 8. November 2018 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Gesamtbetrag in Höhe von 380,80 € wie folgt:
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- 300,00 € Geschäftsgebühr (Nr. 2302 VV RVG) |
- 20,00 € Pauschale für Entgelte für Post und Telekommunikationsdienstleistungen (Nr. 7002 VV RVG) |
- 60,80 € Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG). |
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 15. November 2018 lediglich Kosten in Höhe von 202,30 € fest und schlüsselte sie wie folgt auf:
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- 150,00 € Geschäftsgebühr (VV 2302) |
- 20,00 € Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (VV 7002) |
- 32,30 € Umsatzsteuer (VV 7008). |
Es sei nur eine Geschäftsgebühr in Höhe der dreifachen Mindestgebühr festzusetzen gewesen, weil die Tätigkeit des Rechtsanwaltes hinsichtlich des Umfangs und der Schwierigkeit allenfalls durchschnittlich gewesen sei.
Den hiergegen am 16. Dezember 2018 erhobenen und nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2019 zurück und führte zur Begründung aus, nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X habe, soweit der Widerspruch erfolgreich sei, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen habe, demjenigen, der Widerspruch erhoben habe, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Nach § 63 Abs. 2 SGB X seien die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig gewesen sei. Gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 SGB X setze die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen habe, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Gebühren und Auslagen i. S. von § 63 Abs. 2 SGB X seien die gesetzlichen Gebühren. Aufwendungen der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung seien grundsätzlich auch die Gebühren und Auslagen, die ein Rechtsanwalt seinem Mandanten - hier dem Kläger - in Rechnung stelle.
Die Geschäftsgebühr umfasse nach Nr. 2302 VV RVG i.V.m. § 14 RVG einen Betragsrahmen von 50,00 € bis 640,00 €. Eine Gebühr von mehr als 300,00 € (sog. Schwellengebühr) könne aber nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG decke grundsätzlich die gesamte außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen Betragsrahmengebühren entstünden, ab. Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimme der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Sei die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, sei die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig sei (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Darüber hinaus sei nach § 14 Abs. 1 Satz 3 RVG bei Verfahren, auf die Betragsrahmengebühren anzuwenden seien, ein besonderes Haftungsrisiko zu berücksichtigen.
Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei unterdurchschnittlich gewesen. Hierbei sei der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben habe und den er davon objektiv auch auf die Sache habe verwenden müssen. Eine Einarbeitung in einen komplexen Sachverhalt sei nicht erforderlich gewesen. Im dem Widerspruchschreiben sei nur vorgetragen worden, dass gegen den Bescheid ein Widerspruchsverfahren anhängig sei. Um die Aussage zu treffen, sei kein ...