Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Bewilligung von Kosten der Unterkunft oberhalb der Angemessenheitsgrenze durch den Grundsicherungsträger
Orientierungssatz
1. Bedarfe für Unterkunft und Heizung sind vom Grundsicherungsträger gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB 2 nur insoweit zu übernehmen, als sie angemessen sind.
2. Zieht der Hilfebedürftige in eine andere Wohnung um, ohne zuvor die Zusicherung des Grundsicherungsträgers zur Übernahme der dort anfallenden Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 4 S. 1 SGB 2 einzuholen, so hat er keinen Anspruch auf Übernahme der unangemessenen Kosten der neuen Unterkunft.
3. Macht der Hilfebedürftige einen abweichenden Bedarf hinsichtlich der Kosten der Unterkunft aus gesundheitlichen Gründen geltend, so hat er hierzu seiner Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Notwendigkeit eines höheren Platzbedarfs nachzukommen. Das Sozialgericht ist insoweit zur Amtsermittlung erst dann verpflichtet, wenn die behandelnden Ärzte des Antragstellers von ihrer Schweigepflicht entbunden sind.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 12.05.2016 wird als unzulässig verworfen.
2. Der Beklagte hat dem Kläger 50 % seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 01.02. bis 31.07.2014.
Der im laufenden Leistungsbezug des Beklagten stehende Kläger bewohnte ursprünglich ein selbst genutztes Eigenheim. Anlässlich dessen bevorstehender Zwangsversteigerung wies der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 08.03.2011 darauf hin, dass für eine danach anzumietende Wohnung nach der Richtlinie des Landkreises ausgehend von einer Grundfläche bis 45 m² ein Betrag von bis zu 250,- € für Grundmiete und kalte Nebenkosten angemessen sei.
Am 27.02.2012 schloss der Kläger einen Mietvertrag zum 01.06.2012 über eine 61,80 qm große Wohnung, für die eine Gesamtmiete von 415,60 € zu zahlen war. Diese setzte sich nach der Mietbescheinigung vom 03.06.2012 aus einer Grundmiete von 275,60 € sowie Vorauszahlungen für Nebenkosten in Höhe von 75,00 € und für Heizkosten in Höhe von 65,00 € monatlich zusammen. Eine Zusicherung des Beklagten hinsichtlich der Übernahme dieser Kosten holte der Kläger vor Abschluss des Mietvertrages nicht ein.
In einer weiteren Mietbescheinigung vom 31.07.2013 wurden die Miete bei identischem Gesamtbetrag abweichend aufgeschlüsselt. Nunmehr wurde die Grundmiete mit 303,10 € und die Vorauszahlung für Nebenkosten mit 47,50 € angegeben. Die Vorauszahlung für Heizkosten erhöhte sich nach einer im Juni 2013 erteilten Betriebs- und Heizkostenabrechnung ab August auf 75,00 € monatlich.
Mit Bescheid vom 27.12.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01.02. bis 31.07.2014 Leistungen für Unterkunft in Heizung in Höhe von 343,20 € monatlich. Da der Kläger ohne Zustimmung des Jobcenters zum 01.06.2012 umgezogen sei, seien die Kosten für Grundmiete und Betriebskosten auf den angemessenen Betrag von 268,20 € monatlich zu kürzen. Die Heizkosten seien mit 75,00 € angemessen und würden vollständig übernommen.
Hiergegen legte der Kläger am 29.01.2014 Widerspruch ein und führte zur Begründung folgendes aus: Der Kläger sei zweimal wegen Bandscheibenvorfällen operiert und habe danach das Laufen neu lernen müssen. Die medizinischen Befunde lägen dem Beklagten vor. Seither sei der Kläger in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt. Er könne keine Treppen mehr steigen, so dass nur eine Wohnung im Erdgeschoss in Betracht komme. Zudem benötige er für die Fortbewegung vor allem im Schlafbereich und in der Toilette ausreichend Platz. Eine Kürzung der Leistungen nach der Richtlinie des Landkreises U--- komme nicht in Betracht, da diese nicht die Anforderungen eines schlüssigen Konzepts nach der Rechtsprechung des BSG erfülle (was näher ausgeführt wurde). Es sei daher auf die Wohngeldtabelle mit einem Zuschlag von 10% abzustellen.
Bereits mit Schreiben vom 12.08.2013 und 11.09.2013 hatte der Beklagte den Kläger anlässlich eines früheren Widerspruchsverfahrens aufgefordert, ein ärztliches Attest hinsichtlich der Erforderlichkeit einer ebenerdigen Wohnung sowie einer Wohnungsgröße von mehr als 45 m² vorzulegen. Eine Reaktion des Klägers hierauf erfolgte nicht. Auch später wurden entsprechende Nachweise nicht vorgelegt.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2014 als unbegründet zurück. Höhere Unterkunftskosten seien nicht zu übernehmen, da die Bruttokaltmiete die Angemessenheitsgrenze von 268,20 € übersteige.
Hiergegen hat der Kläger am 19.05.2014 Klage zum Sozialgericht Neubrandenburg erhoben und zur Begründung sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
In der mündlichen Verhandlung hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers klarstellend erklärt, dass Kosten der Unterkunft und Heizung i...