Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Festsetzung der Vergütung stationärer Pflegeleistungen eines Pflegeheims durch Schiedsspruch. Überprüfung. Bemessung der leistungsgerechten Vergütung. externer Vergleich. Hochpreisigkeit. Verbindlichkeit ausschließlich tarifbedingter Erhöhungsverlangen. Parteien der Pflegesatzvereinbarung
Orientierungssatz
1. § 85 Abs 2 SGB 11 trifft keine Regelung dergestalt, dass nur örtliche Sozialhilfeträger für die Pflegesatzvereinbarung zuständig sind. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Wegfall des Klammerzusatzes "örtliche oder überörtliche" in § 85 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB 11 anlässlich des Inkrafttretens des PflegeWEG mit Wirkung zum 1.7.2008.
2. Gegenüber einem Schiedsspruch nach § 89 SGB 11 sind alle Kostenträger formal klagebefugt, die von der Schiedsstelle als Vertragspartner der Vergütungsvereinbarung mit dem beteiligten Pflegeeinrichtungsträger angesehen, in dieser Funktion am Schiedsstellenverfahren beteiligt und so auch im Schiedsspruch aufgeführt worden sind (vgl BSG vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R = BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2).
3. Die alleinige Tatsache einer bereits bestehenden Hochpreisigkeit vermag die Schiedsstelle zu Ermittlungen "ins Blaue hinein" in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit einzelner Kostenelemente weder zu verpflichten noch auch nur zu berechtigen. Die Stützung eines Erhöhungsverlangens auf Tariferhöhungen belegt letztlich bereits hinreichend auch die Wirtschaftlichkeit des Erhöhungsverlangens.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 2. und 3. sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich in seiner Eigenschaft als örtlicher Sozialhilfeträger gegen einen Schiedsspruch der Beklagten, mit dem einem Pflegesatzerhöhungsverlangen der Beigeladenen zu 1. vollumfänglich stattgegeben worden ist.
Die Beigeladene zu 1. betreibt das 1994 in Betrieb genommene Alten- und Pflegeheim Sankt N. in P. Es handelt sich um ein Heim mit 85 vollstationären Pflegeplätzen inklusive zweier Kurzzeitpflegeplätze. Die prognostische Belegungsstruktur für den streitigen Zeitraum war dergestalt, dass drei Heimbewohner in die sogenannte Pflegestufe Null eingestuft waren, 40 Heimbewohner der Pflegestufe I, 32 Heimbewohner der Pflegestufe II und zehn Heimbewohner der Pflegestufe III zuzuordnen waren.
Zuletzt galten auf der Grundlage von Pflegesatzverhandlungen aus dem Jahr 2009 für das Heim folgende Pflegesätze:
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Pflegestufe I 37,17 € |
Pflegestufe II 49,82 € |
Pflegestufe III 65,00 € |
Unterkunft/Verpflegung 16,38 € |
Mit Schreiben vom 14. Februar 2011 forderte die Beigeladene zu 1. sodann die Beigeladene zu 2. bzw. deren Rechtsvorgängerin, die AOK Mecklenburg-Vorpommern, als federführende Pflegekasse für die Kostenträger auf, erneut in Pflegesatzverhandlungen einzutreten. Sie beantragte für den Vergütungszeitraum vom 01. April 2011 bis zum 31. März 2012 die folgenden Vergütungssätze:
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Pflegestufe I 40,35 € |
Pflegestufe II 54,27 € |
Pflegestufe III 70,96 € |
Unterkunft/Verpflegung 17,12 € |
davon Lebensmittel 4,60 € |
Zur Begründung führte sie aus, dass das Ziel der nunmehr begehrten Verhandlungen die Umsetzung der aktuellen Tarifabschlüsse nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes (AVR) im Bereich der Regionalkommission Ost sein solle. Als Basis sei man hierbei von den Ergebnissen der letzten Pflegesatzverhandlung ausgegangen, sodass man von den für den zurückliegenden Pflegesatzzeitraum ausgehandelten durchschnittlichen Personalkosten und nicht den tatsächlichen Ist-Personalkosten als Grundlage für das Erhöhungsverlangen ausgegangen sei. Hierbei seien bei den letzten vereinbarten Brutto-Personalkosten Sonderzuwendungen nicht enthalten gewesen, welche daher im Basiszeitraum 2010, obwohl fester Tarifbestand, nicht an die Mitarbeiter gezahlt hätten werden können. Die bisher vereinbarten Leistungs- und Qualitätsmerkmale seien im Vergleich zum Basiszeitraum unverändert geblieben und bedürften keiner Neuverhandlung. Die Struktur der Pflegestufenverteilung habe sich jedoch verändert und werde auch prospektiv für den Antragszeitraum entsprechend der jetzigen Lage angenommen. Hieraus ergäbe sich eine Änderung der Personalausstattung von 27,00 VK auf 27,14 VK. Hinsichtlich der Tarifentwicklung sei auszuführen, dass im vorangegangenen Pflegesatzantrag Tarifsteigerungen im Laufe des Jahres 2010 nur teilweise berücksichtigt worden seien. Eine Tarifsteigerung im April 2010 um 2% sei jetzt noch mit 0,5 % zu berücksichtigen, eine Tarifsteigerung zum September 2010 um ein weiteres Prozent sei jetzt noch mit 0,666 % zu berücksichtigen. Für 2011 seien Tariferhöhungen ab Januar 2011 im Umfang von 0,6 % und ab August 2011 anteilig für die jetzigen Verhandlungen im Umfang von 0,25 % zu berücksichtigen. Außerdem würde erneut die Berücksichtigung ...