Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Pflegesatzverfahren. Schiedsspruch. eingeschränkte gerichtliche Überprüfung. zweistufiges Prüfungsschema. Schwerstpflegeeinrichtung für Mehrfachbehinderte. weitgehende Ausschöpfung der nach Landesrahmenvertrag möglichen Personalausstattung. Personalkosten. Einhaltung einer Tarifbindung. Zahlung ortsüblicher Gehälter
Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle einer Schwerstpflegeeinrichtung für Mehrfachbehinderte ist alles andere als eine weitgehende Ausschöpfung der nach Landesrahmenvertrag möglichen Personalausstattung weder zu erwarten noch im Sinne der Heimbewohner zu wünschen.
2. Auf der ersten Prüfungsstufe als plausibel anerkannte Personalkosten können regelmäßig nicht als unwirtschaftlich betrachtet werden, wenn ihre Höhe auf der Einhaltung einer Tarifbindung bzw der Zahlung ortsüblicher Gehälter beruht. Das gilt auch dann, wenn die Einrichtung, die ein Erhöhungsverlangen geltend macht, bereits zur Spitzengruppe der Vergleichseinrichtungen gehört.
Orientierungssatz
Zu Leitsatz 2 vgl BSG vom 16.5.2013 - B 3 P 2/12 R = BSGE 113, 258 = SozR 4-3300 § 85 Nr 4; LSG Neustrelitz vom 7.3.2013 - L 6 P 16/11 KL = juris RdNr 56.
Normenkette
SGB XI § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 4, § 82 Abs. 2 Nr. 2, § 219 Abs. 1 S. 2, § 221; WVO § 12 Abs. 3; SGB X § 33 Abs. 2 S. 2; SGG § 29 Abs. 2 Nr. 1, § 57 Abs. 1 S. 1, § 85 Abs. 5 S. 4, §§ 87, 92 Abs. 1 S. 1, § 160 Abs. 2, § 197a; VwGO § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs über die Höhe der Pflegesätze nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) für das Schwerstpflegeheim "M-Hof" im Zeitraum vom 16. April 2012 bis zum 31. Oktober 2012.
Die Beigeladene zu 1., eine kirchliche Stiftung im Sinne von § 11 Stiftungsgesetz M-V, ist u.a. Trägerin des Schwerstpflegeheims "M-Hof" in A-Stadt, einer Einrichtung mit 115 Plätzen für Menschen mit schwerer geistiger und Mehrfachbehinderung. Neben den hier streitigen Vergütungssätzen nach § 85 SGB XI werden für die Bewohner der Einrichtung regelmäßig auch Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII gewährt. Dem Pflegeheim angegliedert ist als weitere Einrichtung der Beigeladenen zu 1. eine Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM).
Zuletzt hatte sich die Beigeladene zu 1. mit den Kostenträgern im Rahmen eines Schiedsstellenverfahrens für den Zeitraum vom 01. September 2009 bis zum 31. Dezember 2010 auf eine Pflege-Personalausstattung mit 50 Vollzeitkräften (VK) und auf folgende Vergütungssätze nach dem SGB XI geeinigt:
Alte Vergütungssätze:
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Pflegestufe I |
37,59 € |
Pflegestufe II |
50,58 € |
Pflegestufe III |
66,17 € |
Unterkunft/Verpflegung |
16,38 € |
Im August 2011 begann die Beigeladene zu 1. erneut Verhandlungen mit den Kostenträgern für den Zeitraum ab dem 01. Oktober 2011 und einer angestrebten Laufzeit von 2 Jahren. Dabei machte sie höhere Vergütungssätze u.a. im Hinblick auf eine nach ihrer Auffassung erforderliche Erhöhung des Pflege-Personals auf 51,89 VK sowie auf anstehende Tarifsteigerungen geltend. Im Verlauf der Verhandlungen wurden folgende wechselseitige Angebote unterbreitet:
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Forderung Beigel. |
Angebot Kostenträger |
Vgl.-Angebot Beigel. |
Pflegestufe I |
43,01 € |
37,50 € |
42,54 € |
Pflegestufe II |
57,63 € |
50,58 € |
57,33 € |
Pflegestufe III |
75,18 € |
66,28 € |
75,07 € |
Unterkunft/Verpflegung |
18,23 € |
16,09 € |
18,17 € |
Von Kostenträgerseite wurde die Darstellung der prospektiven Kosten im Wesentlichen als rechnerisch nachvollziehbar und plausibel anerkannt. Bedenken wurden zunächst schriftlich geäußert hinsichtlich des Kostenaufwands für ein in der Einrichtung befindliches Schwimmbad sowie für Fremdleistungen (insbesondere Wäscherei, Reinigungs- Verpflegungs- und Hausdienstleistungen) seitens der WfbM sowie der Dienstleistungsgesellschaft im M-Hof (DGM) mbH. Zudem wurde moniert, dass eine VK-Zahl von 51,89 mit einer 99 %igen Ausschöpfung des im Landes-Rahmenvertrag festgelegten Personalkorridors verbunden sei, während andere Einrichtungen mit lediglich 80 % arbeiteten.
Nach Scheitern der Verhandlungen beantragte die Beigeladene zu 1. mit Schreiben vom 25. Oktober 2011 die Entscheidung der Beklagten. Dabei begehrte sie nur noch die Festsetzung eines Pflegepersonaleinsatzes von 50,77 VK jedoch erneut die Festsetzung der zu Beginn der Verhandlungen geltend gemachten Vergütungssätze:
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Pflegestufe I |
43,01 € |
Pflegestufe II |
57,63 € |
Pflegestufe III |
75,18 € |
Unterkunft/Verpflegung |
18,23 € |
Nach einer ersten Schiedsstellenverhandlung am 13. März 2012, die zu keiner Einigung führte und bei der seitens der kommunalen Kostenträger weitere detaillierte Angaben zu den Personalkosten erbeten wurden, fand am 16. April 2012 ein weiteres Treffen von Vertretern der Beigeladenen ohne Beteiligung der Beklagten in den Räumlichkeiten des Michaelhofes statt. Den Kostenträgern wurden umfangreiche Unterlagen zu den Lohnkosten und zur Eingruppierung der ...