Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergangsrecht. Unfallversicherungsschutz. Spitzensportler der früheren DDR. Fußballspieler. Staatsamateur. Fördervertrag. kein Beschäftigungsverhältnis. keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Unfallversicherung von Spitzensportlern in der früheren DDR, sogenannte Staatsamateure (Fortführung der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 17.10.1990 - 2 RU 3/90 = HVBG-INFO 1991, 422).
2. Der bei einem Punktspiel erlittene Unfall eines Fußballspielers (Mitglied eines Fußballclubs der 1. DDR-Fußball-Liga, delegiert zu einem Club der 2. Liga) stand jedenfalls dann nicht unter Unfallversicherungsschutz, wenn der das Verhältnis zum Fußballclub regelnde "Fördervertrag" noch nicht Vertragsverhältnissen entsprach, wie sie in der BRD das Verhältnis von Spielern und Verein regelt (hier Unfall im März 1990).
3. Ob ein derartiger, erst im Jahr 1999 dem zuständigen Unfallversicherungsträger mitgeteilter Unfall zu entschädigen ist, setzt voraus, dass Versicherungsschutz nach den Vorschriften sowohl der früheren DDR als auch der RVO bestand bzw bestanden hätte.
4. Der Unfall war nicht aufgrund der sogenannten Erweiterungsverordnung der früheren DDR (juris-Abkürzung: UVErwV) als Betriebssport aus dem Beschäftigungsverhältnis als Elektriker in einer Werft zu entschädigen (ob es sich dabei um ein Scheinverhältnis handelte, konnte dahingestellt bleiben), auch wenn in der früheren DDR entsprechend verfahren wurde.
5. Der Fußballspieler war kein Beschäftigter seines Fußballclubs iS des § 539 Abs 1 Nr 1 RVO.
6. Ein Fußballclub der 1. bzw 2. Liga der früheren DDR verfolgte aufgrund der sportlichen Bestätigung seiner Spieler keine wirtschaftlichen Interessen, insbesondere nicht durch erhöhten Absatz von Eintrittskarten für Fußballspiele, Nutzung zu Werbezwecken ua.
7. Ein derartiger Fußballclub war kein Verein iS des Vereinsrechts und mit der oberen Spielklasse der damaligen Fußballbundesliga nicht vergleichbar; er war vielmehr eine Untergliederung des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) der früheren DDR, und dessen Untergliederung, des Deutschen Fußballverbandes der DDR; seine gesamte Organisation wurde aus einem Etat finanziert, der vom DTSB als staatlich übergeordnete Einrichtung zur Verfügung gestellt wurde.
8. Auch das "Arbeitsentgelt" das der Spitzenspieler als "Elektriker" einer Werft erhielt ohne jemals dort tatsächlich bearbeitet zu haben, wurde der Werft durch das Staatssekretariat für Körperkultur und Sport erstattet.
9. Der Fußballclub hatte im Hinblick auf die Förderung des Leistungssport quasi eine staatliche Stellung; er war Teil einer staatlich geregelten, regional gegliederten Förderorganisation, die die sportliche Laufbahn der Spieler von Anfang an zu leiten hatte - eine freie Auswahl des Fußballclubs durch die Spieler war nicht möglich - und die die Spiele für ihre sportliche Betätigung zu alimentieren hatte.
10. Der Sportler stand auch nicht aufgrund § 539 Abs 2 RVO unter Versicherungsschutz.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung von Verletztenrente insbesondere streitig, ob ein Unfall des Klägers bei einem Fußballspiel als Arbeitsunfall nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuerkennen ist.
Der ... 1970 geborene Kläger spielte in der Saison 1989/1990 Fußball für den ... R. In dieser Saison hatte er 5 Einsätze in der Nachwuchsoberliga-Mannschaft dieses Vereins. Für die Saison 1989/1990 erfolgte eine "Delegierung" des Klägers zum Verein "M" mit Doppelspielrecht in beiden Vereinen. Gleichzeitig hatte der Kläger eine Planstelle als Elektriker bei der D inne. Mit diesem Betrieb hatte der Kläger unter dem 03. Februar 1989 einen Arbeitsvertrag geschlossen, wonach er als Elektriker u.a. nach dem Rahmenkollektivvertrag entlohnt wurde. Im Sozialversicherungsausweis des Klägers ist seit 1986 als Beruf "Lehrling" bzw. ab 1989 "Elektriker" und als Betrieb "D" eingetragen gewesen.
Am 25. März 1990 erlitt der Kläger während eines Punktspieles des Vereins "M" gegen St eine Knieverletzung, als ein Gegenspieler von außen in sein Knie "fiel". Beim Kläger wurde eine Seitenbandruptur im linken Kniegelenk, die operativ behandelt werden musste, als Unfallfolge diagnostiziert. Von der Staatlichen Versicherung der ehemaligen DDR, mit der er am 17. Juni 1989 einen privaten Versicherungsvertrag abgeschlossen hatte, erhielt er eine Entschädigung.
Im Dezember 1996 zeigte er diesen Unfall zunächst bei der Beigeladenen, die den Verwaltungsvorgang an die Beklagte abgab, als Arbeitsunfall an. In der Unfallanzeige des Klägers vom 04. Dezember 1996 hieß es, er habe den Unfall als Spieler von "M" (zweite DDR-Liga) erlitten, wobei Arbeitgeber der ... R gewesen sei, er sei jedoch zum Spielen nach St abgeordnet worden. Zur Zeit des Unfalls sei sein Beschäftigungsbetrieb der ... R (aufgrund eines Fördervertrages) und die D gewesen. Zur Stützung seines Vortrages reichte er eine "Bestätigung" des Zeugen Wi, damals Vorstan...