Entscheidungsstichwort (Thema)

Angelegenheiten nach dem SGB II

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 15.12.2020; Aktenzeichen B 4 AS 279/20 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Dem Kläger werden Kosten in Höhe von 225,- Euro auferlegt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 22. Juni 2017 für die Zeit ab dem 22. Juni 2017.

Der im Jahr 1983 geborene Kläger steht im laufenden Leistungsbezug beim Beklagten.

Am 22. Juni 2017 erschien der Kläger auf Aufforderung des Beklagten bei seiner persönlichen Ansprechpartnerin, um über seine berufliche Situation und den Inhalt einer neu abzuschließenden Eingliederungsvereinbarung zu sprechen. Als Ziel sollte die Aufnahme einer Beschäftigung des Klägers auf dem ersten Arbeitsmarkt als Abwassertechniker oder in Helfertätigkeiten auf dem lokalen Arbeitsmarkt festgeschrieben werden. Als Integrationsbemühungen des Klägers sollten monatlich mindestens drei nachweisliche Bewerbungen um Beschäftigungsverhältnisse als Fachkraft für Abwassertechnik oder in Helfertätigkeiten in Voll- oder Teilzeit vereinbart werden. Der Beklagte sollte sich im Gegenzug verpflichten, dem Kläger entsprechende Angebote zu übermitteln, Bewerbungskosten zu erstatten und die Beschäftigungsaufnahme erforderlichenfalls durch einen Arbeitgeberzuschuss und die Gewährung eines Einstiegsgeldes zu fördern. Der Kläger verweigerte sich dem Abschluss der Vereinbarung, ohne hierfür Gründen anzugeben. Der Beklagte ersetzte daraufhin die nicht zustande gekommene Eingliederungsvereinbarung durch einen entsprechenden Verwaltungsakt vom 22. Juni 2017, der dem Kläger am gleichen Tage persönlich ausgehändigt wurde.

Dagegen erhob die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 15. Juli 2017 Widerspruch mit der Begründung, der Verwaltungsakt sei erst dann wirksam, wenn er unter Berücksichtigung einer dreitägigen Postlaufzeit zugegangen sei (§ 37 SGB X).

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2017 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte unter anderem zur Begründung aus, der Beklagte habe die angefochtene Entscheidung noch einmal überprüft und sei dabei jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt nicht zu beanstanden sei. Der Verwaltungsakt sei am 22. Juni 2017 dem Kläger übergeben und damit erlassen worden. Auch im Übrigen sei der Bescheid rechtmäßig; er weise ein ausgewogenes Verhältnis der wechselseitigen Verpflichtungen auf und enthalte Regelungen zu individuellen, konkreten und verbindlichen Unterstützungsleistungen.

Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Neubrandenburg am 14. November 2017 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt, die Klage jedoch nicht begründet.

Am 01. Februar 2018 und am 17. August 2018 erließ der Beklagte weitere Eingliederungsverwaltungsakte, jeweils für die Zeit ab Bekanntgabe bis auf weiteres. Mit Bescheid vom 11. Dezember 2018 hob der Beklagte den Bescheid vom 17. August 2018 mit Wirkung zum 11. Dezember 2018 auf, weil eine Eingliederungsvereinbarung während der vom Kläger zwischenzeitlich (zumindest bis zum 08. Juni 2020) angetretenen Elternzeit nicht notwendig sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Eingliederungsverwaltungsakt vom 22. Juni 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2017 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Am Tag der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2018 hat die Klägerseite per Fax ausgeführt, der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt sei nicht für die Dauer von sechs Monaten, sondern unbefristet erlassen worden. Eine Abweichung von der Regellaufzeit setze eine hier nicht getroffene Ermessensentscheidung voraus. Zudem bedürfe ein Eingliederungsverwaltungsakt zu seiner Wirksamkeit der Bekanntgabe. Der Bescheid vom 22. Juni 2017 sehe eine Gültigkeit ab sofort vor, ohne zu diesem Zeitpunkt bereits zugegangen gewesen zu sein.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. April 2018 abgewiesen. Zur Begründung - auf die im einzelnen Bezug genommen wird - hat das SG unter anderem ausgeführt, die Kammer teile die Auffassung des Beklagten, wie sie im angefochtenen Bescheid und im Widerspruchsbescheid dargetan worden sei, § 136 Abs. 3 SGG. Der klägerische Einwand gegen die Laufzeit der Eingliederungsvereinbarung beruhe auf der nicht mehr maßgeblichen Regelung in § 15 SGB II in der Fassung vom 13. Mai 2011. Vorliegend sei die Fassung der Norm vom 26. Juli 2016 mit Gültigkeit ab 01. August 2016 maßgeblich. Hierdurch sei die sechsmonatige Regellaufzeit für Eingliederungsvereinbarungen zu Gunsten einer Regelüberprüfung von sechs Monaten ersetzt und vom Regelbewilligungszeitraum für Grundsicherungsleistungen entkoppelt worden. § 15 Abs. 3 SGB II sehe keine Mindest- oder Höchstlaufzeit vor. Die im streitigen Eingliederungsverwaltungsakt geregelt Gültigkeit „bis auf weiteres“ sei daher nicht zu beanstanden. Die klägerischen...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge