Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Gewährung eines Sicherstellungszuschlags zur Förderung der kassenärztlichen Versorgung
Orientierungssatz
1. § 105 Abs. 1 S. 1 2. HS SGB 5 gestattet die Zahlung von Sicherstellungszuschlägen ausschließlich an Vertragsärzte.
2. Hieraus folgt, dass Voraussetzung der Bewilligung an einen Nichtvertragsarzt ist, dass dieser auch tatsächlich Vertragsarzt wird.
3. Im Übrigen handelt es sich bei dem Sicherstellungszuschlag um eine Zahlung in Form eines Zuschlags zum Honorar. Eine Pauschalvergütung ist kein Zuschlag in diesem Sinn.
4. Bevor über die Bewilligung eines Sicherstellungszuschlags entschieden werden kann, bedarf es der ausdrücklichen Feststellung einer eingetretenen bzw. drohenden Unterversorgung gemäß § 100 Abs. 1 SGB 5 in einem eigenständigen Verwaltungsverfahren.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 20. Februar 2008 aufgehoben, soweit der Beklagte darin verurteilt wird, über die von der Beigeladenen beantragte Festsetzung von Sicherstellungszuschlägen erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Die Berufung der Beigeladenen wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung des beklagten Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in M-V über die Zahlung von Sicherstellungszuschlägen im Verfahren gemäß § 105 Abs. 4 SGB V.
Die beigeladene KÄV M-V beantragte in einer Sitzung des Beklagten am 17. März 2004 eine Beschlussfassung über die paritätische Beteiligung der Krankenkassen (KK) an der Finanzierung der von ihr ab dem 01. Januar 2004 an Ärzte in unterbesetzten Notdienstbereichen gezahlten Erschwerniszuschläge sowie an der Finanzierung einer Stundenpauschale im Notdienst vor dem Hintergrund einzelner nicht ausreichend besetzter Notdienstbereiche.
Der Beklagte richtete daraufhin eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Ärzte und KK zur Beurteilung der Ärzteversorgung in M-V ein. In ihrem Berichtsentwurf gelangte die Arbeitsgruppe u.a. zu der Einschätzung, dass die in den nächsten Jahren aus Altersgründen ausscheidenden ambulant tätigen Fachärzte voraussichtlich keine Unterversorgung hervorrufen werden, da ihre Zahl durch die bereits über Bedarf zugelassenen Fachärzte aufgefangen werden könne. Im Bereich der Hausärzte könnten dagegen ab 2007 lokale Versorgungsprobleme entstehen.
Die Beigeladene vertrat in einer Stellungnahme hierzu u. a. die Auffassung, dass sich die Versorgungssituation in M-V im ambulanten Bereich, insbesondere in der hausärztlichen Versorgung, dramatisch zuspitze. Einer Analyse des „Berliner Zentrum Public Health“ folgend sei bis 2010 eine Unterversorgung im hausärztlichen Bereich zu erwarten. Bei Einbeziehung des bevölkerungsstrukturellen Bedarfs und einer entsprechend gewichteten Betrachtung sei nahezu das gesamte Bundesland Mecklenburg-Vorpommern im hausärztlichen Bereich unterversorgt.
In einer Sitzung am 13. Oktober 2004 berieten die Mitglieder des Beklagten auf der Grundlage des vorliegenden Arbeitsmaterials über die Ärztesituation in M-V sowie den Antrag der Beigeladenen, eine Stundenpauschale im Notdienst als Sicherstellungszuschlag einzuführen. Im Anschluss hieran beschloss der Beklagte, ausgehend vom Vorliegen einer Gefährdung der Situation im ärztlichen Notdienst, im Sinne einer Grundsatzentscheidung die Gewährung eines Sicherstellungszuschlages für die Dauer von vier vollständigen Quartalen in Höhe bis zu maximal 1 % der Gesamtvergütung. Die weitere Konkretisierung solle durch eine Arbeitsgruppe erfolgen, die Vorschläge über die Höhe der Zahlungen, die Auswahl der Zahlungsempfänger und die regionalen Bereiche treffe.
In einer ersten Sitzung der Arbeitsgruppe am 19. Januar 2005 legte die Beigeladene das Ergebnis einer Befragung aller niedergelassenen Ärzte im Alter zwischen 60 und 67 Jahren dazu vor, ob bei einer Entlastung bzw. Befreiung vom vertragsärztlichen Notdienst sie die berufliche Tätigkeit länger fortsetzen würden. Nach ihrer Auffassung habe die Auswertung ergeben, dass unterstützende Zahlungen flankierend wirken würden. In der zweiten Sitzung der Arbeitsgruppe am 09. März 2005 wurden u.a. durch die Vertreter der Beigeladenen im Einzelnen die aus ihrer Sicht erforderlichen und bereits laufenden oder geplanten Maßnahmen zur Förderung des ärztlichen Nachwuchses bzw. zur Erleichterung der Berufsausübungsmöglichkeiten älterer Vertragsärzte dargestellt.
In der Sitzung des Beklagten am 13. April 2005 wurde seitens der KK u. a. das Fehlen eines rechtsmittelfähigen Bescheides zu dem o. a. Grundsatzbeschluss beanstandet. Durch Beschluss lehnte der Beklagte den Antrag der KK, die in der Sitzung vom 13. Oktober 2004 gefassten Beschlüsse aufzuheben, mehrheitlich ab. Stattdessen beauftragte er die Arbeitsgruppe, sich erneut zusammenzusetzen und entweder einen einvernehmlichen...