Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. haftungsbegründende Kausalität. Unfallmechanismus. Nachweis. Konkurrenzursache. Abgrenzung: traumatische Patellaluxation. habituelle Patellaluxation. Schulsport. Volleyballspiel
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer nachgewiesenen traumatischen Patellaluxation als Arbeitsunfall.
Normenkette
SGB VII § 8 Abs. 1; SGG § 128 Abs. 1
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 1. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger beim Schulsport am 27. Januar 2005 eine traumatische Patellaluxation erlitten hat, die zu einem Gelenkkapsel- bzw. Schleimhauteinriss in seinem linken Kniegelenk führte.
Bei dem 1989 geborenen Kläger trat während des Volleyballspiels im Rahmen des Schulsportunterrichts am 27. Januar 2005 eine Verrenkung (Luxation) der linken Kniescheibe nach außen auf, die notärztlich noch in der Sporthalle manuell problemlos reluxiert wurde. Am 28. Januar 2005 erfolgte im Krankenhaus G. eine Gelenkspiegelung, bei der nach Trennung der außenseitigen Aufhängung des Reservestreckapperates der Riss der Gelenkkapsel genäht wurde. Bei der Aufnahme im Krankenhaus war das Knie des Klägers geschwollen und die Bewegung eingeschränkt, es bestanden keine Schmerzen. Dr. G. diagnostizierte in seinem Durchgangsarztbericht vom 28. Januar 2005 beim Kläger eine laterale Patellaluxation links. Nach Angaben des Klägers habe es sich um das erste Ereignis dieser Art gehandelt. Röntgenologisch ergab sich kein Anhalt für eine knöcherne Läsion im linken Kniegelenk. Die ambulante Behandlung schloss der D- Arzt am 11. April 2005 ab.
In der schulischen Unfallanzeige wurde angegeben, dass der Kläger während des Volleyballspiels rückwärts gelaufen sei, um den Ball zu bekommen. Dabei sei er gegen die Netzstange geprallt und habe sich das Bein so unglücklich verdreht, dass die Kniescheibe herausgerutscht sei. Im von den Eltern des Klägers ausgefüllten Fragebogen hieß es unter dem 24. Februar 2005, dass der Kläger beim Volleyballspiel in einer Rückwärtsbewegung mit dem linken Knie gegen die Netzhalterung und beim anschließenden Sturz auf den Rücken mit der Außenseite des Knies auf den Boden geprallt sei. Bei der Aufnahme im Krankenhaus G. gab der Kläger an, mit dem linken Bein rückwärts gegen einen Pfahl gelaufen und dabei gestürzt zu sein, wobei sich die Kniescheibe luxiert habe.
Die Beklagte führte sodann das Gutachten der Dres. E./S. vom 26. September 2005 herbei. Auf der Grundlage einer ambulanten und röntgenologischen Untersuchung vom 21. August 2005 führten diese Ärzte aus, der Kläger habe zum Unfallhergang angegeben, beim Volleyballspiel rückwärts gelaufen und vorm Netz hochgesprungen zu sein, dann mit dem Rücken gegen den Netzpfosten geprallt zu sein und sich beim Aufkommen auf den Boden das linke Knie verdreht zu haben, wobei die Kniescheibe nach außen rausgesprungen sei. Weder vor noch nach diesem Geschehen habe er weder mit seinem rechten noch mit seinem linken Kniegelenk Knieprobleme oder Kniescheibenverrenkungen gehabt. Zusammenfassend führten die Ärzte aus, es sprächen mehr Argumente dafür als dagegen, dass beim Kläger eine anlagebedingte gewohnheitsmäßige Kniescheibenverrenkung ohne äußere Einwirkung vorgelegen habe. Anlässlich der Erstuntersuchung im Krankenhaus G. habe sich eine Schwellung und ein Kniegelenkserguss gefunden. Auch wenn ein Operationsbericht bezüglich der Spiegelung vom 28. Januar 2005 nicht vorliege, könne von einem Riss der Gelenkkapsel bzw. der innenseitigen Kniescheibenbandführung ausgegangen werden. Es sei ein laterales Release erfolgt, d. h. eine Durchtrennung der außenseitigen Kniescheibenführung, um die Kniescheibenführung insgesamt zu zentrieren. Eine nennenswerte äußere Gewalteinwirkung wie ein Schlag auf die innenseitige Kniescheibe habe nicht vorgelegen. Hinweise für eine äußere Verletzung wie ein Bluterguss, Abschürfungen oder Prellmarken am linken Knie seien nicht beschrieben worden. Beim Kläger lägen anlagebedingte Gesundheitsstörungen vor, die eine gewohnheitsmäßige Kniescheibenverrenkung begünstigten, nämlich eine Patellafehlform Typ Wiberg/Baumgartl III/IV, ein Patellahochstand sowie ein abgeflachtes Kniescheibengleitlager. Auf diese anlagebedingten Fehlformen sei es zurückzuführen, dass es bei dem Landemanöver nach dem Sprung bei einer regelrechten sportlichen Belastung zu einer Kniescheibenverrenkung habe kommen können. Die Tatsache, dass bei der anschließend durchgeführten Kniespiegelung ein Gelenkkapsel- bzw. Schleimhauteinriss gefunden worden sei, spreche nicht für die traumatische Verursachung der Kniescheibenverrenkung. So ein Schleimhaut- oder Gelenkkapseleinriss träte bei der Lateralisation der Kniescheibe, d. h. der Verrenkung, oder sekundär beim Wiedereinrenken der Kniescheibe auf. Häufig ko...