Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersübergangsgeld. Aufhebung. Verfügbarkeit. postalische Erreichbarkeit

 

Orientierungssatz

1. Nach § 249e Abs 2 Nr 2 AFG setzt die Gewährung des Altersübergangsgeldes nicht die in § 103 AFG geregelte subjektive Verfügbarkeit voraus, gegeben sein muß jedoch die objektive Verfügbarkeit, insbesondere die sogenannte Erreichbarkeit (vgl BSG vom 28.11.1996 - 7 RAr 30/95 = SozR 3-4100 § 249e Nr 9).

2. Ist das Vorbringen, Verfügbarkeit iS des § 1 S 1 AufenthAnO habe vorgelegen, nicht derart schlüssig und überzeugend, daß entgegen einem Postrücklauf von einer Erreichbarkeit im fraglichen Zeitraum ausgegangen werden kann und liegt ein grob fahrlässiger Verstoß gegen Mitwirkungspflichten vor, ist die Leistungsbewilligung nach § 48 Abs 2 S 2 Nr 2 SGB 10 iVm § 152 Abs 3 AFG aufzuheben. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß die persönliche Erreichbarkeit unter der angegebenen Anschrift wochentags gewährleistet war, die Post zwar zeitweise durch Nachsendeauftrag an eine andere Anschrift gesandt, aber der Posteingang täglich telefonisch abgefragt wurde. Die Vermittlung der Erreichbarkeit durch Dritte ohne unmittelbares Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 S 1 der AufenthAnO reicht nicht aus (vgl BSG vom 9.11.1995 - 11 RAr 33/95 = SozR 3-4450 § 4 Nr 1).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 16.03.1999; Aktenzeichen B 7 AL 192/98 B)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides betreffend die Gewährung von Altersübergangsgeld (Alüg) im Zeitraum vom 13. Januar bis 06. August 1994, aufgrund dessen die Beklagte eine Erstattungsforderung in Höhe von 14.868,-DM geltend macht.

Der 1936 geborene Kläger meldete sich am 15. August 1992 zum 01. Januar 1993 arbeitslos. Er bestätigte unter dem 01. Dezember 1992, das Merkblatt für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Er bestätigte weiter unter dem gleichen Datum, den Inhalt des Merkblattes zum Alüg zur Kenntnis genommen zu haben. Darin heißt es auszugsweise:

"...Altersübergangsgeld kann ich allerdings nur beanspruchen, wenn ich Beschäftigungen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes objektiv ausüben kann und darf und wenn ich für das Arbeitsamt erreichbar bin und es täglich aufsuchen kann (Aufenthaltspflicht). Veränderungen (z. B. Krankheit, Ortsabwesenheit) werde ich dem Arbeitsamt unverzüglich anzeigen. ..."

Mit Bewilligungsbescheid vom 08. Januar 1993 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 01. Januar 1993 vorläufig für 832 Tage Alüg in Höhe von wöchentlich 472,20 DM nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 1.240,- DM, Leistungsgruppe A, einfacher Leistungssatz.

Der Kläger war vom 01. Februar 1976 bis 31. Dezember 1992 als Hochschullehrer beschäftigt. Mit Schreiben vom 11. Juni 1992 lehnte das Kultusministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern den Überleitungsantrag des Klägers und damit die Übernahme in den Landesdienst ab. Das Überleitungsverfahren nach dem Hochschulerneuerungsgesetz (HEG) ist ein berufungsähnliches Verfahren, in dem die fachliche Qualifikation des Antragstellers bewertet wird. Zur Begründung für die Ablehnung wurde ausgeführt, die wissenschaftlichen Leistungen entsprächen nicht den Anforderungen des HEG. Zum 01. Januar 1993 wurde der Kläger entlassen und erhob Kündigungsschutzklage. Mit Urteil vom 24. Oktober 1994 hob das Verwaltungsgericht Greifswald den Ablehnungsbescheid auf Übernahme auf. Vor dem Landesarbeitsgericht Rostock verpflichtete sich das Land Mecklenburg-Vorpommern in einem Vergleich vom 23. Januar 1996, den Kläger rückwirkend ab 01. Januar 1995 befristet bis zum 24. Januar 1999 wieder als Professor einzustellen. Die Zeit vom 01. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1994 sei keine Unterbrechung der Dienst/Beschäftigungszeit. Dem Kläger wurde eine Abfindung in Höhe von 50.000,-DM zugestanden. Seit dem 01. Januar 1995 ist der Kläger wieder bei seinem alten Arbeitgeber tätig.

Am 13. Januar 1994 kam es im Hinblick auf die Übersendung eines Änderungsbescheides der Beklagten vom 10. Januar 1994 zu einem Postrücklauf, von dem die für den Kläger zuständige Leistungsabteilung aufgrund einer Falschzuordnung erst im Juli 1994 Kenntnis erhielt. Der Postrücklauf wies den Vermerk des Zustellers "verzogen nach T Straße, L" auf. Ein Schreiben der Leistungsabteilung der Beklagten vom 26. Juli 1994 an den Kläger kam ebenfalls mit dem Hinweis auf die L Anschrift an die Beklagte zurück. Die Beklagte stellte daraufhin ihre Leistungen mit Ablauf des 06. August 1994 ein. Auf eine diesbezügliche Anfrage der Beklagte teilte das Einwohnermeldeamt Greifswald am 26. August 1994 mit, der Kläger sei nicht nach Leipzig verzogen, sondern in eine Nebenwohnung im Seebad B Mit einem an die Leipziger Anschrift gerichteten Schreiben vom 20. September 1994 hörte die Beklagte den Kläger daraufhin zu den möglicherweise im Zeitraum vom 13. Januar bis 06. August 1994 zu Unrecht bezogenen Leistungen in Höhe von insgesamt 14.868,-DM an. Ihr sei durch Postrücklau...

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