Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung ambulanter Krankenhausleistungen. Hochschulambulanz. Festsetzung durch die Schiedsstelle nach § 18a KHG. Verzicht auf differenzierende Pauschalen. keine Überschreitung des Beurteilungsspielraums. externer Vergleich. Fehlen einer nachvollziehbaren Kostenprognose. Rechtswidrigkeit einer das Angebot der Kostenträger übersteigenden Vergütungsfestsetzung. Unbegründetheit der gegen den Schiedsspruch gerichteten Klage des Leistungserbringers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Verfahren über die Festsetzung der Vergütung der Hochschulambulanzen nach § 120 Abs 4 SGB V durch die Schiedsstelle setzt der zweite Prüfungsschritt (sog externer Vergleich) voraus, dass der Leistungserbringer seine voraussichtlichen Kosten zuvor so dargelegt und ggf belegt hat, dass eine zuverlässige Prognose möglich ist (BSG vom 13.5.2015 - B 6 KA 20/14 R = BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 35).

2. Fehlt es trotz entsprechender Monierung seitens der Kostenträger an einer diese Anforderungen erfüllenden Prognose, ist eine deren Angebot überschreitende Vergütungsfestsetzung durch die Schiedsstelle nach § 18a KHG rechtswidrig.

3. Eine gegen einen solchen Schiedsspruch gerichtete Klage des Leistungserbringers ist mangels Beschwer unbegründet.

 

Orientierungssatz

Dass die Schiedsstelle auf die Festsetzung unterschiedlicher Vergütungspauschalen für die Fälle nach § 117 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 5 einerseits und § 117 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 5 andererseits sowie auf die Festsetzung von gesonderten Vergütungspauschalen für technische Leistungen verzichtet hat, stellt keine Überschreitung ihres Beurteilungsspielraums dar, weil eine derartige Differenzierung nicht durch zwingendes Gesetzesrecht gefordert wird.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Angefochten ist der Schiedsspruch der Beklagten vom 21. Januar 2019 über die Vergütung der Hochschulambulanzen der Klägerin, in welchem erstmals die Neuregelung von § 120 Abs. 2 Satz 3 SGB V durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16. Juli 2015 (BGBl. I, S. 1211) zum 23. Juli 2015 Berücksichtigung fand.

Die Vergütung erfolgte in der Vergangenheit auf der Basis eines Hochschulambulanz-Vertrages vom 26. November 2003 und einer zuletzt am 16. Dezember 2017 geänderten Vergütungsvereinbarung mit 62,05 EUR pro Quartalsfall. Diesen Vertrag kündigten sowohl die Klägerin (mit Schreiben vom 22. Juni 2017) als auch die Universitätsmedizin I. zum 30. September 2017. Über eine Folgeregelung verhandelten die Beteiligten von Oktober 2017 bis April 2018, ohne eine Einigung zu erzielen. Am 29. Mai 2018 hat (allein) die Klägerin bei der Beklagten den Antrag auf Festsetzung der Vergütung ihrer Hochschulambulanzen (HSA) gestellt, während seitens der Universitätsmedizin I. am 18. Oktober 2018 eine Vergütungsvereinbarung mit den Kostenträgern getroffen wurde, wonach je Quartalsfall in 2018 eine Pauschalvergütung in Höhe von 135 EUR gelten sollte.

Im Rahmen des Schiedsverfahrens hat die Klägerin ausgeführt, dass mit der Neuregelung der Ermächtigung nach § 117 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 SGB V den bislang unterfinanzierten HSA zur ambulanten Versorgung von Versicherten zusätzlich 265 Mio. Euro pro Jahr in Aussicht gestellt worden seien. Hiervon entfalle unter Berücksichtigung des Verhältnisses der Zahl der Betten der Klägerin zu allen Betten bundesdeutscher Hochschulkliniken ein Anteil von 2,18%, mithin 5.783.250 EUR, auf die Klägerin.

Für HSA-Leistungen in Fällen der Forschung und Lehre (FL-Fälle) wurde eine „Grundpauschale 1“ in Höhe von zunächst 133 EUR, später 134,82 EUR/Quartal geltend gemacht. Zur Begründung hat die Klägerin im Kern einen zeitlichen Behandlungsaufwand für ihren Ärztlichen Dienst (ÄD) und nichtärztlichen Dienst (NÄD) angegeben, aus welchem sie Personalkosten ermittelte und welcher zugleich als Grundlage für anteilige Sachkosten diente. Dabei ging die Klägerin von durchschnittlich 1,5 Besuchen in der HSA je Quartal und Behandlungsfall aus. Im Einzelnen wurde zur Ermittlung der Grundpauschale 1 folgende tabellarische Aufstellung zu den Akten gereicht:

G1 Grundpauschale 1

Tätigkeit

Zeit in min

ÄD    

NÄD     

Anmeldung/Terminvergabe

5

Anamnese

5

10

Aufnahmeuntersuchung

10

Einfache Diagnostik

10

5

Befundung

5

Aufklärungsgespräch

10

Probeentnahmen, z.B. Blut

5

Dokumentation/Bericht/Brief

5

10

Summe in min

45

35

Vor-/Nachbereitungszeit (10 %)

5

4

Gesamtzeit

50

39

Kostenposition

ÄD    

NÄD     

Summe 

Behandlungszeit in min

50

39

Personalkostensatz/min 2018

1,19 EUR

0,55 EUR

Personalkosten (60 %)

58,91 EUR

21,18 EUR

80,08 EUR

Sachkosten (5 %)

4,91 EUR

1,76 EUR

6,67 EUR

Infrastrukturkosten (25 %)

24,54 EUR

8,82 EUR

33,37 EUR

Investitionskosten (10 %)

9,82 EUR

3,53 EUR

13,35 EUR

Fallwert

98,18 EUR

35,29 EUR

133,47 EUR

133 EUR

Für Behandlungsfälle im Sinne von § 117 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V (Personen, die wegen der Art, Schwere oder Komplexität der Behandlung durch d...

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