Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung der Bewilligung von Altersübergangsgeld. wesentliche Änderung der Verhältnisse. Lohnsteuerklassenwechsel. Mitteilungspflicht. grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit

 

Orientierungssatz

1. Ein Altersübergangsgeldempfänger, der das Merkblatt zum Altersübergangsgeld erhalten hat, das keinen deutlichen Hinweis auf eine Mitteilungspflicht iS von § 48 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 10 im Zusammenhang mit vorgenommenen Steuerklassenänderungen enthält, handelt nicht grob fahrlässig, wenn er einen wenige Tage nach erfolgter Altersübergangsgeldbewilligung vollzogenen Lohnsteuerklassenwechsel nicht mitteilt.

2. Es liegt jedoch eine grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit iS von § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB 10 vor, wenn der Altersübergangsbewilligungsbescheid wie auch das Merkblatt Hinweise enthalten, daß sich das Altersübergangsgeld unter Berücksichtigung von pauschalierten Steuersätzen nach Maßgabe der jeweiligen Steuerklasse errechnet, der Leistungsbezieher somit Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bewilligung aufgrund einer vorgenommenen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse haben mußte und bezüglich der Einzelheiten der Bewilligung mit dem Arbeitsamt Rücksprache hätte halten können.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 15.08.2002; Aktenzeichen B 7 AL 66/01 R)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Aufhebung und Erstattung von Altersübergangsgeld (Alüg) für den Zeitraum vom 01. Januar 1992 bis 31. Januar 1996 in Höhe von insgesamt 29.050,-- DM streitig.

Der ... 1936 geborene Kläger beantragte am 13. November 1991 Alüg mit Wirkung zum 01. Januar 1992. Von August 1956 bis Dezember 1991 war er (zuletzt) als Abteilungsleiter TM-Ökonomie bei der ... GmbH mit einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 3.075,-- DM beschäftigt. In dem Antragsformular gab er die Steuerklasse IV ab Januar 1991 und die Steuerklasse III ab Oktober 1991 an. Für das Jahr 1992 machte er keine Angaben zur Steuerklasse im dafür vorgesehenen Feld des Antragsvordruckes. Aufgrund einer am 05. Dezember 1991 vorgenommenen Änderung der Steuerklasse hatte der Kläger ab 01. Januar 1992 die Steuerklasse V (vgl. Änderung der Lohnsteuerklasse auf der Lohnsteuerkarte der Ehefrau von IV auf III am 05.12.1991, Bl. 5 der Leistungsakte 130 645).

Das Arbeitsamt gewährte entsprechend den Angaben im Antragsformular mit Bescheid vom 29. November 1991 ab dem 01. Januar 1992 Alüg unter Berücksichtigung eines wöchentlichen Bruttoarbeitsentgeltes von 710,-- DM und der Leistungsgruppe C/Steuerklasse III in Höhe von 333,60 DM wöchentlich.

Dagegen legte der Kläger seinerzeit mit Schreiben vom 10. Dezember 1991 wegen der Höhe des Alüg Widerspruch ein. In der Tabelle Alüg für das Jahr 1991 sei zwischen 480,-- DM und 700,-- DM wöchentlichem Bruttoarbeitsentgelt je 10,-- DM Steigerung eine Leistungssatzerhöhung bei der Leistungsgruppe C von jeweils 4,20 DM vorgesehen. Bei 710,-- DM wöchentliches Bruttoarbeitsentgelt seien dann ebenfalls 4,20 DM zusätzlich in der Leistungsgruppe C pro Woche zu zahlen, woraus sich ein wöchentlicher Leistungssatz in Höhe von 336,-- DM errechne. Im Bewilligungsbescheid seien 832 Tage angegeben. Er frage sich, ob er nicht längstens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres Alüg bekomme. Durch Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 1992 wies die Beklagte damals den Widerspruch zurück. Zur Begründung hat sie u.a. ausgeführt, dass die Höhe des Alüg gemäß § 113 Abs. 1 AFG von der auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Steuerklasse III abhänge. Gemäß § 111 Abs. 2 AFG ergebe sich daraus entsprechend der für das Jahr 1992 geltenden Leistungsverordnung ein Leistungsanspruch nach der Gruppe C in Höhe von 333,60 DM wöchentlich.

Dem Kläger wurde in der Folgezeit mit Änderungsbescheiden vom 10. Juli 1992, 08. Januar und 09. Juli 1993, 07. Januar, 08. Juli und 05. September 1994, 05. Januar und 07. Juli 1995 sowie 05. Januar 1996 Alüg jeweils unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C bewilligt. Zwischenzeitlich hatte sich der Kläger mit Schriftsatz vom 25. Februar 1995 gegen die Berücksichtigung des Solidaritätszuschlages sowie eines Beitrages zur Pflegeversicherung bei der Ermittlung des Leistungssatzes gewandt, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 1995 wegen Fristversäumnis als unzulässig verworfen worden war.

Anläßlich der Hinterlegung der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1996 am 04. Januar 1996 fiel der Beklagten auf, dass Alüg möglicherweise nach der falschen Steuerklasse gewährt worden war. Nach daraufhin seitens des Klägers erfolgten Angaben zum monatlichen Bruttoeinkommen beider Ehegatten wurde dem Kläger mit Bescheid vom 15. Januar 1996 Alüg ab dem 05. Januar 1996 unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse V/Leistungsgruppe D bewilligt. Mit Schreiben vom 04. März 1996 wurde ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Umstand gegeben, dass wegen der Änderung der Steuerklasse von III auf V zum 01. Januar 1992 Alüg in Höhe von insgesamt 29.050,-- DM zu Unrecht gewährt worden sei. In einer dem Schreiben beigefügten ...

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