Entscheidungsstichwort (Thema)

Begrenzter Umfang der Überprüfungspflicht des Sozialleistungsträgers bei einem gestellten Überprüfungsantrag

 

Orientierungssatz

Mit der Stellung eines Überprüfungsantrags nach § 44 SGB 10 hat der Antragsteller die Tatsachen, aus denen sich die Unrichtigkeit des zu überprüfenden Bescheides ergeben soll, gegenüber dem Verwaltungsträger vorzutragen. Unterlässt der Antragsteller Informationen zum Sachverhalt, so beschränkt sich die Verpflichtung des Leistungsträgers auf die Rechtsprüfung.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 06.05.2020; Aktenzeichen B 14 AS 150/19 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte nachträglich gehalten ist eine Überprüfung der den Klägern im Zeitraum 01. März 2007 bis 28. Februar 2010 gewährten Leistungen nach dem SGB II vorzunehmen.

Die Kläger bezogen u. a. im Zeitraum März 2007 bis Februar 2010 Leistungen nach dem SGB II. In diesem Zeitraum sind durch den Beklagten diverse Bescheide erlassen worden. Mit insgesamt 16 Schreiben vom 07. Dezember 2010, 27. Dezember 2010 und 29. Dezember 2010 beantragten die Kläger die Überprüfung von insgesamt 16 ergangenen Bescheiden. Diese Überprüfungsanträge waren im Wesentlichen gleichlautend. Der zu überprüfende Bescheid wurde mit seinem Erlassdatum bezeichnet. Zudem wird darauf hingewiesen, dass der Bescheid nicht richtig sei und den Klägern mehr Geld zustehe. Eine Begründung warum die Bescheide rechtswidrig wären, enthalten die Überprüfungsanträge nicht.

Mit Bescheid vom 29. März 2012 teilte der Beklagte mit, dass er die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 20. Mai 2009, 29. Juni 2009 und 01. Februar 2010 zurücknehme da diese zu unbestimmt seien. Hinsichtlich der übrigen zur Überprüfung gestellten Bescheide sei wenn überhaupt eine begünstigend rechtswidrige Entscheidung erkennbar, weshalb es bei den Entscheidungen verbleiben müsse.

Den hiergegen am 02. Mai 2012 eingelegten, in der Sache nicht begründeten, Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2012 als unbegründet zurück. Da weder in den Überprüfungsanträgen selbst noch in dem Widerspruch ausgeführt worden sei, warum die zu überprüfenden Bescheide klägerseits für rechtswidrig gehalten würden, könne sich der Beklagte auf die Bestandskraft der betroffenen Bescheide berufen.

Hiergegen haben die Kläger mit anwaltlichem Telefax vom 22. Dezember 2012 Klage vor dem Sozialgericht Neubrandenburg erhoben. Während des Klageverfahrens wurde seitens der Kläger erstmals vorgetragen, dass die zu überprüfenden Bescheide jedenfalls hinsichtlich der KdU rechtswidrig seien. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 06. August 2015 als unbegründet zurückgewiesen. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte eine inhaltliche Überprüfung der Bewilligungsbescheide abgelehnt habe. Aus der Rechtsprechung des BSG ergebe sich, dass die Tatsachen aus denen sich die Unrichtigkeit der zu überprüfenden Bescheide ergeben bereits im Verwaltungsverfahren vorzutragen seien, was vorliegend nicht geschehen sei. Soweit der Beklagte in die Prüfung der Bescheide „eingestiegen“ sei, ergebe sich hieraus nichts anderes. Zu Recht sei durch den Beklagten nur eine Rechtsprüfung vorgenommen worden. Die klägerseits begehrte Überprüfung sei nicht möglich, ohne dass die Kläger weitere Informationen zum Sachverhalt lieferten, weshalb die Überprüfungsanträge hätten begründet werden müssen.

Gegen den Gerichtsbescheid haben die Kläger mit anwaltlichem Telefax vom 14. September 2015 Berufung eingelegt bzw. hilfsweise deren Zulassung beantragt. Zu Unrecht sei die Klage abgewiesen worden. Schließlich hätten die Kläger die zu überprüfenden Bescheide eindeutig benannt. Die eindeutige Benennung genüge, um eine Überprüfungspflicht auszulösen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte selbst in die Überprüfung „eingetreten“ sei. Spätestens dieser Umstand hätte zur Folge, dass eine inhaltliche Überprüfung im Gerichtsverfahren vorzunehmen sei.

Die Kläger beantragen schriftsätzlich,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 06. August 2015 aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 26. Februar 2019 mündlich zur Sache verhandelt. Die Klägerseite ist zum Termin nicht erschienen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Zur Begründung verweist der Senat vollumfänglich auf seinen zurückweisenden Beschluss vom 27. Dezember 2017 im Verfahren L 10 AS 472/15 B PKH.

Soweit die Kläger vortragen, dass vorliegend ein besonderer Fall vorläge, weil der Beklagte in die inhaltliche Überprüfung eingetreten sei, überzeugt dies nicht. Zwar hat der Beklagte mit dem angefochtenen Überprüfungsbescheid eine inhaltliche Überprüfung in Teilen vorgenommen. Allerdings hat sich der Beklagte bereits im Widerspruchsbescheid darauf beschränkt zum Ausdruck zu bringen, dass eine inhaltliche Überprüf...

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