Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwertbarkeit eines im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachtens durch das Sozialgericht in einem Verfahren der Bewilligung von Erwerbsminderungsrente
Orientierungssatz
1. Ein vom Rentenversicherungsträger zum Leistungsvermögen des Versicherten bei beantragter Erwerbsminderungsrente erstelltes Gutachten kann vom Sozialgericht dessen Entscheidung zugrunde gelegt werden, wenn es in sich schlüssig und überzeugend ist.
2. Dies gilt erst recht dann, wenn der Versicherte im Klageverfahren lediglich eine Schweigepflichtentbindungserklärung hinsichtlich seiner behandelnden Ärzte vorgelegt, die Klage aber nicht begründet hat.
3. Die Anerkennung des Grades der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz ist bei der Prüfung der Erwerbsminderung im Rentenrecht ohne Bedeutung. Der GdB im Schwerbehindertenrecht lässt keine Rückschlüsse auf das für den Rentenanspruch maßgebende Leistungsvermögen zu.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtlichen Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Mai 2018 hinaus.
Der am 1. Februar ... geborene Kläger erlernte nach Abschluss der 9. Klasse den Beruf eines Teil-Facharbeiters Tischlerei. Zuletzt übte der Kläger eine selbstständige Tätigkeit als Autohändler (Kfz-Zerlegungsarbeiten, Karosseriearbeiten) bis ca. 2012 aus. Sodann erfolgten lediglich ABM und 1 € Jobs bis zum Erkrankungsbeginn im November 2014. In der Zeit vom 1. Juni 2015 bis zum 31. Mai 2018 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Sodann ist der Kläger nach seinen Angaben geringfügig selbstständig mit einer Autoverwertung/Autohandel tätig.
Am 3. Januar 2018 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den Wegfallmonat hinaus.
In einem von der Beklagten eingeholten Befundbericht der Dr. B. aus dem Januar 2018 berichtete diese über eine derzeit nicht bestehende Arbeitsunfähigkeit. Die Befunde hätten sich in den letzten 12 Monaten verschlechtert. Die Besserung der Leistungsfähigkeit sei möglich. In einem mit abgereichten Arztbrief vom 30. August 2017 berichtete sie über eine insgesamt bestehende Befundbesserung. Der Kläger fühle sich jedoch in seiner Belastbarkeit noch immer eingeschränkt.
In einem weiter von der Beklagten eingeholten Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Ba. aus dem Januar 2018 berichtete dieser über eine nicht bestehende Arbeitsunfähigkeit. Die Befunde hätten sich in den letzten 12 Monaten verschlechtert. Die Gehstrecke sei zunehmend eingeschränkt, Treppensteigen und einfache Arbeiten seien bereits belastend, zum Teil nicht möglich. Es bestehe eine geringe Belastbarkeit, Müdigkeit, rasche Dyspnoe mit Husten und zum Teil links Herzdruck.
Daraufhin beauftragte die Beklagte den Facharzt für Innere Medizin Dr. Bl. mit der Erstellung eines Verwaltungsgutachtens.
Als Diagnosen wurden im Gutachten vom 12. März 2018 benannt:
|
- Nichtischämische Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung) mit eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion (EF jetzt 40 %); Zustand nach primär prophylaktischer 1 - Kammer ICD-Implantation am 24. Februar 2015 |
- Herzinsuffizienz NYHA II |
- Arterieller Hypertonus, medikamentös kompensiert |
- Zustand nach persistierendem Vorhofflimmern, Zustand nach erfolgreicher Cryo-Pulmonalveven-Antrumilsolation am 30. September 2015, Zustand nach elektrischer Kardioversion April 2015 |
- Zustand nach Hyperthyreose, am ehesten bei Zustand nach Amiodaron-Therapie |
- Amiodaron-Unverträglichkeit |
- Ausschluss einer koronaren Makroangiopathie |
- Ausschluss einer Myokarditis |
- Hyperlipoproteinämie |
- Adipositas Stadium II nach WHO (BMI 35,5) |
- Zustand nach Orchidektomie bei Hodenkrebs 1996 und 2004, Zustand nach Radiatio |
In der dortigen Epikrise wurde unter anderem ausgeführt, seit 2014 klage der Kläger über zunehmende Atemnot auch in Ruhe. Im November 2014 sei eine stationäre Behandlung wegen dekompensierter Linksherzinsuffizienz erfolgt. Echokardiographisch habe sich eine hochgradig eingeschränkte linksventrikuläre Auswurfleistung (EF 15-20 %) gezeigt. Im Januar 2015 sei eine Myokard-Biopsie durchgeführt worden. Diese habe die Diagnose einer dilatativen Kardiomyopathie bestätigt. Eine Myokarditis sei ausgeschlossen worden. Im Februar 2015 sei die prophylaktische Implantation eines 1-Kammer ICD erfolgt. Im Mai 2015 sei bei permanentem Vorhofflimmern eine Elektrokardioversion mit Konversion in den Sinusrhythmus durchgeführt worden. Im Juli 2015 sei eine ärztliche Begutachtung für die gesetzliche Rentenversicherung mit dem Ergebnis einer Zeitrente erfolgt. Wegen persistierendem Vorhofflimmern sei am 30. September 2015 eine Pulmonalvenen-Isolation erfolgreich vorgenommen worden. Der Kläger klage über Lu...