Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Versicherungspflicht im Beitrittsgebiet. selbstständig Tätiger. Befreiungsantrag vor Inkrafttreten der Neuregelung des § 229a SGB 6 zum 1.1.1992. Meistbegünstigungsgrundsatz. Bescheiderteilung nach der gesetzlichen Neuregelung ohne das Erfordernis eines erneuten Antrages. Auslegung eines Antrags

 

Leitsatz (amtlich)

Ein vor Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung gestellter Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht ist nach Inkrafttreten der Neuregelung nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz auch nach der gesetzlichen Neuregelung zu bescheiden, ohne dass es hierzu eines erneuten Antrages des Versicherten bedarf.

 

Normenkette

SGB VI § 229a Abs. 1; SVG § 20; SGB I § 2 Abs. 2; BGB §§ 133, 157

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 21. Juli 2011 und die Bescheide der Beklagten vom 24. Oktober 2007, 22. Mai 2008, 27. Januar 2009, 2. Februar 2010 und 8. November 2013 aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Rechtszüge.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung und die Nacherhebung von Pflichtbeiträgen.

Mit Schriftsatz vom 18. März 1991 zeigte der am 3. Dezember 1944 geborene Kläger bei der “Überleitungsanstalt Sozialversicherung - Rentenversicherung„ die Gründung eines Fuhrunternehmens seit dem 1. Juli 1990 an und teilte mit, er sei jetzt selbst in der Lage, für seinen Einritt in das Rentenalter vorzusorgen. Er stelle hiermit den Antrag auf Austritt aus der gesetzlichen Rentenversicherung und kündigte an, den Nachweis seiner privat getroffenen Rentenvorsorge zu übermitteln. Am 30. Juli 1991 füllte der Kläger ein Antragsformular der Beklagten nach § 20 des Gesetzes über die Sozialversicherung (SVG) zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung aus und gab an, einen Lebensversicherungsvertrag, der den Erfordernissen des § 20 Abs. 2 SVG entspreche, abgeschlossen zu haben. Eingereicht wurden des Weiteren vier Versicherungsscheine der Versicherung “neue leben„ über Versicherungen mit einer Versicherungssumme von jeweils 30.000 DM sowie ein Schreiben der Versicherung “neue leben„ vom 16. August 1991, mit welchem diese bestätigte, dass die Leistungen bei Erleben des 66., 58., 62. bzw. 61. Lebensjahres des Klägers oder bei Ableben fällig würden, in letzterem Falle sei die Versicherungsleistung an den verwitweten Ehegatten des Versicherten zu zahlen.

Mit Bescheid vom 24. September 1992 lehnte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 20 SVG ab. Für die Befreiung sei der Abschluss einer Lebensversicherung Voraussetzung. Der Kläger habe jedoch mehrere Versicherungen abgeschlossen, deren Prämien zusammengerechnet zwar die erforderliche Höhe erreichen würden, jedoch jede für sich nicht die in § 20 SVG geforderte gleichwertige Leistung (mit Anpassung) gewährleiste. Des Weiteren würde bei zwei der Lebensversicherungsverträge die Leistung bei Erleben nicht zwischen dem 60. und 65. Lebensjahr fällig und im Todesfall werde die Versicherungsleistung nicht an die Hinterbliebenen im Sinne des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt. Auch würden keine Leistungen für den Fall der verminderten Erwerbsfähigkeit erbracht. Als Anlage zum Bescheid wurde die Information beigefügt: “Für die Zeit ab 1. Januar 1992 ist in § 229a SGB VI die Möglichkeit geschaffen worden, die Beendigung der Versicherungspflicht als Selbstständiger zu beantragen. Eine Lebensversicherung ist dafür nicht Voraussetzung. Die Versicherungspflicht endet vom Eingang des Antrages an. Ein entsprechender Antrag wäre zu richten an: Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Abteilung 60, Postfach 1000 Berlin 88„.

Mit Bescheid vom 24. Oktober 2007 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass er nach § 229a Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) weiterhin der Versicherungspflicht unterliege, weil er am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig gewesen sei. Ein Verzicht sei nicht möglich. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Antrag auf Befreiung vom 18. März 1991 mit Bescheid vom 24. September 1992 abgelehnt worden sei, gleichzeitig sei darauf hingewiesen worden, dass ab 1. Januar 1992 die Möglichkeit bestünde, die Beendigung der Versicherungspflicht zu beantragen. Davon habe der Kläger bis 31. Dezember 1994 jedoch keinen Gebrauch gemacht. Die Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis 30. November 2002 seien gemäß § 25 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) verjährt. Die Gesamtforderung der Beitragsrechnung für die Zeit vom 1. Dezember 2002 bis 31. Oktober 2007 betrage 23.554,28 €. Für die Berechnung der Beiträge sei der nach Aktenlage für den Kläger günstigere Regelbeitrag gewählt worden. Sollte die sofortige Zahlung aufgrund der wirtschaftlichen Situation oder einer erheblichen Härte...

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