Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortbestehen der Rentenversicherungspflicht aufgrund einer im Beitrittsgebiet ausgeübten selbständigen Tätigkeit

 

Orientierungssatz

1. Personen, die am 31. 12. 1991 im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig waren, nicht ab dem 1. 1. 1992 nach den §§ 1 bis 3 SGB 6 versicherungspflichtig geworden sind und nicht bis zum 31. 12. 1994 die Beendigung der Versicherungspflicht beantragt haben, bleiben in der jeweiligen Tätigkeit oder für die Zeit des jeweiligen Leistungsbezugs versicherungspflichtig.

2. Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, werden nach § 20 Abs. 1 S. 1 SVG auf Antrag innerhalb von fünf Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit von der Versicherungspflicht unter bestimmten Voraussetzungen befreit. Für den Versicherungszweig der gesetzlichen Rentenversicherung galten die Regelungen des SVG nach dem Einigungsvertrag noch bis zum 31. 12. 1991 weiter.

3. Zu einer wirksamen Antragstellung ist die nachgewiesene Absendung des Befreiungsantrags nicht ausreichend. Erforderlich ist hierzu der Nachweis des fristgerechten Zugangs bei der Behörde.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung als Einzelunternehmer nach § 229a Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), die Befreiung von dieser Versicherungspflicht und die Pflicht zur Abführung von Beiträgen auf dieser Grundlage.

Der Kläger betreibt seit dem 1990 im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ein Bestattungsunternehmen. Er erzielte nach Aufnahme der Tätigkeit Gewinne aus Gewerbebetrieb in den Monaten Juni bis Dezember 1990 in Höhe von 3.969,00 DM und im gesamten Jahr 1991 in Höhe von 71.564,00 DM.

Bei der Beklagten erfolgte nach einem Antrag des Klägers auf Klärung seines Rentenversicherungskontos intern im Februar 2008 eine Anfrage bei dem Bereich Beitragsverfahren im Hinblick auf eine Versicherungspflicht des Klägers auf Grund der selbstständigen Erwerbstätigkeit. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 11. März 2008 mit, er habe bis zum 31. Dezember 1991 der Versicherungspflicht nach § 10 des Gesetzes über die Sozialversicherung (SVG) unterlegen, die nach § 229a Abs. 1 SGB VI im Anschluss daran fortbestanden habe. Er werde gebeten mitzuteilen, ob die Beitragsberechnung auf der Grundlage der Bezugsgröße (Ost) oder einkommensgerecht erfolgen solle.

Mit Bescheid vom 26. August 2008 stellte die Beklagte die über den 31. Dezember 1991 fortbestehende Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 229a Abs. 1 SGB VI auf Grund seiner selbstständigen Tätigkeit im Beitrittsgebiet fest. Sie forderte Beiträge jeweils in Höhe des maßgebenden Regelbeitrags entsprechend der beigefügten Beitragsrechnung für die Zeit vom 1. Dezember 2002 bis zum 31. August 2008 in Höhe von insgesamt 27.733,28 EUR. Für die Zeit vom 1. Juni 1990 bis zum 30. November 2002 sei der Anspruch auf Beiträge verjährt.

Zur Begründung seines gegen diesen Bescheid am 12. September 2008 eingelegten Widerspruchs führte der Kläger aus, bei der Aufnahme seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit sei er von einem Mitarbeiter der H. M. Versicherung, Herrn B., dahingehend beraten worden, er müsse einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung stellen. Nach seiner Erinnerung habe er einen solchen Antrag auch unterschrieben, habe eine Durchschrift hiervon aber nicht mehr in seinen Unterlagen auffinden können. Herr B. habe ihm damals zugesichert - woran dieser sich heute nicht mehr erinnern könne -, sich um alle Formalitäten kümmern zu wollen. Er, der Kläger, verweise auf eine als Anlage beigefügte schriftliche Erklärung des Versicherungsvertreters H. H. vom 11. Juli 2008, dieser habe Anfang 1994 den Antrag bzw. Unterlagen des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherung gesehen. Auf Grund des damaligen Gesprächs und gemeinsamer Durchsicht der Unterlagen des Klägers habe Herr H. ebenso die Befreiung beantragt und sei seitdem nicht mehr in der Rentenversicherung versichert. Er, der Kläger, wisse nicht genau, ob das Schreiben, das Herr H. gesehen habe, das Antragsschreiben über die Befreiung von der Versicherung oder das entsprechende Bestätigungsschreiben gewesen sei. Er sei bei der aktuellen Suche auf ein Unterlagenfragment gestoßen, bei dem es sich möglicherweise um eine Bestätigung des Rentenversicherungsträgers handele. Auf die Kopie, auf dem der Adressat des Schreibens fehlt, wird bezüglich der Einzelheiten Bezug genommen (Blatt 53 der Verwaltungsakte). Er habe sich selbst privat für das Alter versichert. Das nachträgliche Einziehen von monatlichen Beiträgen in der geforderten Höhe sei unbillig. Im Übrigen sei er zu einer entsprechenden Zahlung nicht in der Lage.

Mit Rückantwort vom 16. September 2008 erklärte die Deutsche Rentenversicherung Bund gegenüber der Beklagten, unter den ...

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