Entscheidungsstichwort (Thema)

Besonderer Steigerungssatz bei der Rentenberechnung im Beitrittsgebiet

 

Orientierungssatz

1. Im Rahmen des geltenden Rechts des SGB 6 besteht keine Anspruchsgrundlage für die Berücksichtigung eines Steigerungssatzes in Höhe von 2,5 % für jedes Jahr der Zugehörigkeit zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung im Bezug auf das ermittelte monatliche Durchschnittseinkommen gemäß der FZRV. Dieser besondere Steigerungssatz (vgl § 20 Abs 2a FZRV) ist im Regelungswerk des SGB 6 nicht enthalten.

2. In der "Nichtweitergeltung" dieser Vorschrift ist kein Verfassungsverstoß zu erkennen.

3. Verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich der Nichtberücksichtigung von Einkommen, für das keine Beiträge - weder zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung noch zur Sozialpflichtversicherung - gezahlt worden sind, obwohl dies möglich war (im Gegensatz zu Zeiten vor dem 1.3.1971 im Beitrittsgebiet) bestehen nicht.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Rentenleistung der dem Kläger von der Beklagten gewährten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, insbesondere die Berücksichtigung von weiteren Arbeitseinkommen des Klägers sowie Zuerkennung eines besonderen Steigerungssatzes bei der Rentenberechnung.

Der am 1933 geborene Kläger war zuletzt als Diplom-Ingenieur bis zum 29. März 1991 auf der P Werft in W versicherungspflichtig beschäftigt. Der Kläger gehörte keinem sogenannten Zusatz- bzw. Sonderversorgungssystem der ehemaligen DDR an, zum 01. September 1986 trat er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung zur Sozialversicherung (FZR) bei und entrichtete bis zur Schließung der FZR zum 30. Juni 1990 für das oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Sozialversicherung der ehemaligen DDR liegende Entgelt in Höhe von 7.200,00 Mark entsprechende Beiträge für ein Einkommen von 600,00 Mark im Monat bzw. 7.200,00 Mark jährlich zur FZR. Aufgrund der Beschäftigung bei der P Werft in W bestand für den Kläger nach der Anordnung über die Berechnung von Renten der Sozialversicherung für bestimmte Gruppen von Werktätigen vom 12. April 1976 ein Anspruch auf Zugrundelegung eines Steigerungssatzes in Höhe von 1,5 v. H. für jedes Jahr der Beschäftigung in diesem Betrieb bei der Rentenberechnung im Falle einer Rentengewährung nach den Vorschriften zur Berechnung einer Alters- bzw. Invalidenrente der ehemaligen DDR. Vom 30. März 1991 bis 25. März 1994 bezog der Kläger von der Bundesanstalt für Arbeit Altersübergangsgeld (Alüg).

Mit Rentenbescheid vom 23. Februar 1994 bewilligte die Beklagte die vom Kläger am 05. Juli 1993 beantragte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 38 des Sechsten Sozialgesetzbuches -- gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Die Höhe der Rentenleistung belief sich ab dem 01. April 1994 auf einen Zahlbetrag in Höhe von 1.509,71 DM, wobei die Beklagte der Rentenberechnung insgesamt 48,3010 Entgeltpunkte (Ost) zugrunde legte. Im Rahmen der Entgeltpunkte für Beitragszeiten berücksichtigte die Beklagte für den Zeitraum ab 01. März 1971 bis zum 31. August 1986 unter anderem das vom Kläger im Sozialversicherungsausweis nachgewiesene und der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterliegende Arbeitseinkommen in Höhe von jeweils 600,00 Mark monatlich bzw. 7.200,00 Mark jährlich. Ab dem 01. September 1986 -- dem Zeitpunkt des Beitrittes des Klägers zur FZR -- bis zum 30. Juni 1990 berücksichtigte die Beklagte darüber hinaus ein weiteres Entgelt in Höhe von jeweils 600,00 Mark monatlich bzw. 7.200,00 Mark jährlich, das heißt insgesamt ein Einkommen von jeweils 1.200,00 Mark monatlich bzw. 14.400,00 Mark jährlich, für das der Kläger sowohl Beiträge zur Sozialversicherung als auch zur FZR geleistet hatte.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 28. März 1994 Widerspruch, mit dem er begehrte, bei der Berechnung seiner Rente für die Zeit von März 1971 bis Juni 1990 sein tatsächlich erzieltes Bruttoentgelt (maximal bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze "Ost") zugrunde zu legen, ggf. in Verbindung mit einer Nachentrichtung von Beiträgen. Beiträge zur FZR habe er erst ab September 1986 -- begrenzt auf einen monatlichen Verdienst von 1.200,00 Mark -- gezahlt. Nach der von der Beklagten angewandten Berechnungsmethode erreiche ein ostdeutscher Rentner die maximal möglichen Entgeltpunkte, die ein westdeutscher Rentner allein mit Pflichtbeiträgen erzielen könne, nur, wenn er während der im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten einen erheblichen Anteil an freiwilligen Beiträgen zur FZR entrichtet habe. Diese unterschiedliche Wertung nach freiwilligen Beiträgen einerseits und von Pflichtbeiträgen andererseits in Ost und West verstieße gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG). Zudem wies er auf seinen Anspruch nach der "Anordnung über die Berechnung von Renten der Sozialversicherung für bestimmte Gruppen von Werktätigen" vom 12. April 1976 hin, welcher in das bundesdeutsche Rentenrecht übernommen und angewendet werden müsse. Der Rentenbewilligungsbescheid vom 23. Februar 1994 wurde mit rechtskräftigen Bescheid...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge