Leitsatz (amtlich)

1. Der Hinweis einer Krankenkasse auf das Ende einer freiwilligen Mitgliedschaft bei Zahlungsverzug muss völlig klar und unmissverständlich sein.

2. Diese Unmissverständlichkeit setzt voraus, dass der Hinweis in der Zahlungsaufforderung auch für einen wenig aufmerksamen Leser geradezu "ins Auge" springt; ein kleingedruckter "freundlicher" Hinweis auf der Rückseite der Zahlungsaufforderung genügt diesen Anforderungen nicht.

3. Liegen objektive Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer Stundung vor, so ist die Krankenkasse gehalten, eine Stundung wenigstens summarisch zu prüfen; ansonsten treten die Rechtsfolgen des § 191 Nr 3 SGB 5 nicht ein.

 

Normenkette

SGB V § 191 Nr. 3

 

Verfahrensgang

SG Schwerin (Urteil vom 10.01.2001; Aktenzeichen S 4 KR 24/00)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten mit Ablauf des 15. Juli 1999 wegen nicht rechtzeitiger Zahlung von Beiträgen gemäß § 191 Nr. 3 Sozialgesetzbuch -- Gesetzliche Krankenversicherung -- (SGB V) geendet hat.

Der 1954 geborene Kläger betrieb ein selbständiges Transportunternehmen mit zeitweise bis zu fünf angestellten Arbeitnehmern. Seit 1996 konnte er zunehmend weniger im eigenen Unternehmen mitarbeiten und überließ die Geschäftsführung seiner Ehefrau Roswitha L. Im Herbst 1998 gewährte ihm die Landesversicherungsanstalt (LVA) Mecklenburg-Vorpommern rückwirkend ab Februar 1998 eine Berufsunfähigkeitsrente.

Nachdem er am 30. August 1999 sein Gewerbe auf seine Ehefrau übertragen hatte (wobei er angab, die Betriebsaufgabe sei Ende Februar 1999 erfolgt), wird ihm seit September 1999 weitergehend eine Erwerbsunfähigkeitsrente gezahlt.

In seiner Eigenschaft als selbständiger Unternehmer war der Kläger ab 1991 bei der Beklagten freiwillig krankenversichert mit Anspruch auf Krankengeld, ferner war er ab dem 01. Januar 1995 auch pflichtversichert bei der der Beklagten angegliederten Pflegekasse. Der erhobene Beitrag war im Laufe der Jahre sowohl wegen Änderungen des Beitragssatzes als auch wegen Einkommensänderungen mehrfach angepasst worden. Zuletzt hatte der Kläger insoweit im Laufe des Jahres 1998 -- wann genau, ist den Akten nicht zu entnehmen -- den Jahresabschluss für 1996 seines Steuerberaters bei der Beklagten eingereicht, welcher einen Gewinn von 46.699,14 DM auswies.

Nachdem die LVA Mecklenburg-Vorpommern die Beklagte außerdem über die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente informiert hatte, teilte die Beklagte dem Kläger auf der Grundlage dieser Unterlagen mit Schreiben vom 27. Oktober 1998 mit, dass er ab dem Ende von Krankengeldbezug zum 28. September 1998 ab dem 29. September 1998 wieder beitragspflichtig sei. Die Beiträge würden nach Renteneinkommen und bekanntem Arbeitseinkommen berechnet, der Beitrag zur Krankenversicherung betrage nunmehr 674,26 DM, der zur Pflegeversicherung 79,06 DM.

Im Februar 1999 wurde der von der Beklagten kraft erteilter Einzugsermächtigung veranlasste Abbuchungsauftrag vom Konto des Klägers von dessen Bank nicht ausgeführt. Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 18. März 1999 hierauf hin und forderte ihn auf, den fälligen Beitrag für Februar 1999 in Höhe von 753,32 DM zuzüglich 7,50 DM Rücklastschriftgebühren nunmehr selbst zu überweisen. In einem "P.S." des Schreibens wurde um Beachtung des Rückseitenhinweises gebeten. In diesem Hinweis hieß es, dass § 191 Nr. 3 SGB V den Krankenkassen gebiete, eine freiwillige Mitgliedschaft zu beenden, wenn bei Ablauf des nächsten Zahltages für zwei Monate die fälligen Beiträge nicht entrichtet worden seien. Im Fall des Klägers bedeute dies, dass die Mitgliedschaft zum 15. Mai 1999 ende, wenn am 30. März 1999 kein Zahlungseingang vorliege.

Hierauf überwies der Kläger noch im März 1999 den fraglichen Betrag.

Im April 1999 wurde der Abbuchungsauftrag der Beklagten für den Beitrag vom März 1999 wiederum nicht von der Bank ausgeführt. Dies teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 23. April 1999 wiederum mit und forderte ihn auf, den fälligen Beitrag in Höhe von 760,82 DM zuzüglich 7,50 DM Rücklastschriftgebühren erneut selbst zu überweisen und künftig bis zum 15. eines Monates den Beitrag für den Vormonat zu zahlen. Einen Rückseitenhinweis enthielt dieses Schreiben nicht.

Mit Schreiben vom 27. Mai 1999 wies die Beklagte den Kläger wiederum auf rückständige Beiträge hin und verwies hinsichtlich der Einzelheiten auf einen Kontoauszug sowie auf einen Hinweis auf der Rückseite des Schreibens. Im fraglichen Kontoauszug hieß es, zum Buchungstag 27. Mai 1999 weise das Konto für den Vormonat das Saldo 768,32 DM auf, hinzu käme der Beitrag für April 1999 in Höhe von 753,32 DM sowie Säumniszuschläge in Höhe von 21 DM. In dem Hinweis wurde wiederum auf § 191 Nr. 3 SGB V hingewiesen und konkret ausgeführt, dass das Versicherungsverhältnis zum 16. Juni 1999 ende, wenn bis zum 07. Juni 1999 kein Zahlungseingang zu verzeichnen sei.

Am 02. Juni 1999 führte die für den Kläger bei der Beklagten zuständige Kundenberaterin, die Zeugin Martina M...

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