Entscheidungsstichwort (Thema)
Untätigkeitsklage. Kostenerstattung. Arbeitsüberlastung der Bundesanstalt für Arbeit
Leitsatz (amtlich)
Entscheidet die Bundesanstalt für Arbeit entgegen der Regelung des § 88 Abs 2 SGG nicht innerhalb eines Monats über einen Widerspruch, so hat sie die Kosten einer Untätigkeitsklage im Falle ihrer Erledigung grundsätzlich auch dann zu erstatten, wenn die Entscheidung über den Widerspruch allein aufgrund anhaltender starker Arbeitsüberlastung unterblieben ist.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger nach Erledigung einer Untätigkeitsklage die außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.
Der Kläger bezog von der Beklagten Kindergeld (Kg) und Kg-Zuschlag unter anderem für seine behinderte Tochter S, geboren am 17. April 1953. Mit Bescheid vom 12. Juli 1995 bewilligte die L H S ab 1. April 1995 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 1.274,32 DM. Außerdem erzielt S Einkünfte aus einer Tätigkeit in einer Werkstatt für Behinderte.
Mit Bescheid vom 8. Januar 1996 hob die Beklagte die Bewilligung des Kg und des Kg-Zuschlags ab April 1995 auf und forderte vom Kläger bereits gezahlte Leistungen für April bis August 1995 in Höhe von 975,-- DM zurück. Mit seinem Widerspruch vom 31. Januar 1996 machte der Kläger geltend, seine Tochter könne sich nicht selbst unterhalten, weil sie einen höheren Unterhaltsbedarf habe. Sie werde durch den Verein Hilfen zur Selbsthilfe Behinderter e.V. in Nordhorn betreut, der Gesamtbedarf belaufe sich auf 3.061,23 DM monatlich.
Am 17. April 1996 übersandte der Kläger eine Aufstellung über Einkünfte und Vermögen seiner Tochter und teilte mit, die Kosten der ambulanten Betreuung würden aufgrund einer einstweiligen Anordnung vom Landkreis G B getragen, jedoch lediglich in Höhe von 740,68 DM monatlich. Am 27. Juni 1996 teilte er mit, für den 740,68 DM übersteigenden Betrag komme zur Zeit niemand auf, es sei aber vor dem Verwaltungsgericht O ein Verfahren gegen den Landkreis anhängig.
Mit Schriftsatz vom 28. Juni 1996, eingegangen am 1. Juli 1996, bat der Kläger um Bescheidung des Widerspruchs bis 25. Juli 1996 und kündigte eine Untätigkeitsklage an.
Am 8. Juli 1996 vermerkte die Beklagte in der Leistungsakte, daß der geltend gemachte Unterhaltsbedarf in dieser Höhe (3.061,23 DM) nicht glaubhaft sei, so daß S in der Lage sei, ihren Lebensunterhalt mit dem monatlichen Einkommen sicherzustellen.
Am 7. August 1996 erhob der Kläger Untätigkeitsklage, weil die Beklagte bisher ohne Angabe von Hinderungsgründen nicht über den Widerspruch entschieden habe. Nachdem die Beklagte am 15. August 1996 einen Widerspruchsbescheid erlassen hatte, der der Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 21. August 1996 zugegangen ist, ist die Klage als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage durch Abtrennung unter neuem Aktenzeichen (S 12 Kg 16/97) fortgesetzt worden. Hinsichtlich der Untätigkeitsklage erklärte der Kläger den Rechtsstreit für erledigt und beantragte, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Die Beklagte lehnte die Kostentragung ab.
Im Hinblick auf die bestehende starke arbeitsmäßige Belastung der Kg-Kasse könne von einer unsachgemäßen Verzögerung nicht ausgegangen werden. Außerdem habe es sich um einen schwierigen Sachverhalt gehandelt.
Das Sozialgericht (SG) Osnabrück hat mit Beschluß vom 1. April 1998 entschieden, daß außergerichtliche Kosten des Klägers nicht zu erstatten seien. Der Prozeßbevollmächtigten des Klägers sei bekannt gewesen, daß es sich um einen schwierigen Sachverhalt gehandelt habe. Außerdem habe sie wissen müssen, daß die Beklagte aufgrund der Änderung des Familienlastenausgleichs ab Januar 1996 vorübergehend überlastet sein würde. Deshalb habe sie nicht erwarten dürfen, daß die von ihr gesetzte Frist zur Bescheidung des Widerspruchs eingehalten würde. Vielmehr sei eine erneute Rückfrage erforderlich gewesen.
Gegen diesen am 9. April 1998 zugestellten Beschluß hat der Kläger am 6. Mai 1998 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er aus, eine Überlastung der Beklagten sei ihm weder bekannt gewesen noch von der Beklagten mitgeteilt worden. Die Beklagte sei auch imstande gewesen, innerhalb der gesetzten Frist zu entscheiden bzw eine Zwischennachricht zu erteilen, denn die Erteilung des Widerspruchsbescheides sei schon verfügt gewesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 172 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist begründet.
Gemäß § 193 Abs 1 SGG entscheidet das Gericht, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird, auf Antrag durch Beschluß, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben.
Eine Kostenentscheidung hinsichtlich der Untätigkeitsklage ist im vorliegenden Fall auch erforderlich, da die Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheides im Einverständnis mit den Beteiligten Gegenstand eines neuen und gesonderten Klageverfahrens ist.
Hier ist es bei Abwägung der für die Kostenentscheidung maßgebenden Umstände sachgemäß, daß die Beklagte die notwendigen auße...