Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeugenentschädigung für Verdienstausfall und Vertretungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zeugenentschädigung für Verdienstausfall (§ 2 Abs 1 und 2 ZuSEG) und der Ersatz von Vertreterkosten (§ 11 Abs 1 S 2 ZuSEG) schließen sich grundsätzlich weder gegenseitig aus noch sind sie gegeneinander aufzurechnen (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung, zuletzt LSG Celle, Beschluss vom 25.9.1980 - L 4 S (Ar) 36/80).

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die geltend gemachte Höhe der Aufwendungen für eine notwendige Vertretung.

Der Antragsteller (Ast) ist als Vertragsarzt in H zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und in Gemeinschaftspraxis selbstständig tätig. In seinem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht (SG) Hannover wurde das persönliche Erscheinen im Termin am (richtig:) 22. Juli 1998 angeordnet. Als Entschädigung für die Teilnahme machte der Ast Aufwendungen in Höhe von insgesamt 575,60 DM geltend (nicht streitgegenständliche Fahrtkosten in Höhe von 125,60 DM sowie die Kosten der dreistündigen Praxisvertretung durch die Ärztin für Allgemeinmedizin R zu je 150,-- DM, mithin 450,-- DM). Die Kostenbeamtin bei dem SG Hannover setzte die Aufwendungen auf 200,60 DM fest (Fahrtkosten in Höhe von 125,60 DM sowie Kosten der Praxisvertretung in Höhe von insgesamt 75,-- DM). Zwar würden die Kosten einer notwendigen Vertretung ersetzt, die Stundensätze, dh Pauschbeträge für die Entschädigung des Verdienstausfalles, seien auch für den Vertreter ausreichend. Diese betrügen je Stunde der versäumten Arbeitszeit 4,00 DM bis 25,00 DM, woraufhin für jede Stunde der Praxisvertretung lediglich 25,00 DM entschädigt werden könnten.

Mit dem am 14. August 1998 bei dem SG Hannover eingegangenen Antrag hat der Ast richterliche Festsetzung begehrt. Mit Beschluss vom 21. Juni 1999 hat das SG Hannover die Entschädigung des Ast für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung zu seinem Rechtsstreit -- S 5 KA 476/96 -- am 9. September 1998 (richtig: 22. Juli 1998) auf 575,60 DM festgesetzt. Die Höhe der Vertretungskosten sei nach dem Wortlaut der Entschädigungstatbestände betragsmäßig nicht begrenzt. Die im Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen vom 25. September 1980 -- L 4 S (Ar) 36/80 -- (Bl 12 ff der Verfahrensakte) vertretene Rechtsauffassung fände im Gesetz keine Bestätigung. Die Entschädigung für notwendige Vertreterkosten sei strukturell etwas anderes als die Entschädigung für erlittenen Verdienstausfall. Ohne gesetzliche Grundlage seien kostenfestsetzende Stellen nicht befugt, den für den Verdienstausfall vorhandenen einschränkenden Gebührenrahmen auf die Entschädigungsleistungen für Vertreterkosten auszudehnen. Der Verdienstausfall sei -- wie jede öffentliche Ausgabe -- am Maßstab des Notwendigen zu messen.

Dagegen wendet sich der Antragsgegner (Ag) mit der am 3. August 1999 eingelegten Beschwerde, der das SG Hannover nicht abgeholfen hat. Der Ag beruft sich auf die von ihm vorgelegte Entscheidung des LSG Niedersachsen vom 25. September 1980. Ob sich die Beteiligten für den Tag des Erscheinens vor Gericht zur Erfüllung ihrer beruflichen bzw geschäftlichen Verpflichtungen eines Vertreters bedienten oder nicht, bleibe ihnen überlassen. Finde der Beteiligte einen Vertreter, dessen Einsatz ihn unter Umständen vor einem erheblichen Verdienstausfall bewahre, so könne er für diesen keine höheren Kosten fordern, als ihm selbst ohne Vertretung im Rahmen der Verdienstausfallentschädigung zugestanden hätten. Für den Fall, dass die Höhe der Vertretungskosten nicht betragsmäßig begrenzt werden müsste, seien diese um den Betrag zu verringern, den der Vertreter "an Gewinn einbringe". Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Ast neben den Aufwendungen für die Praxisvertretung von 10.00 bis 13.00 Uhr einen weiteren Verdienstausfall für die Zeit gehabt habe, in der er seiner Beschäftigung als Arzt nicht habe nachgehen können, dh außerhalb der Zeit von 10.00 bis 13.00 Uhr.

Der Ag beantragt,

1.

den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 21. Juni 1999 abzuändern,

2.

die Entschädigung des Antragstellers für die Teilnahme am Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Hannover am 22. Juli 1998 auf 200,60 DM festzusetzen.

Der Ast hat keinen Antrag gestellt und keine weitere Stellungnahme abgegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist gem § 16 Abs 2 Satz 1 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) zulässig, weil der Beschwerdewert 375,-- DM und damit mehr als 100,-- DM beträgt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Rechtsfehlerfrei hat das SG Hannover entschieden, dass notwendige Vertretungskosten des Beteiligten in Höhe der tatsächlich entstandenen notwendigen Auslagen erstattungsfähig sind, wenn der Beteiligte keinen Verdienstausfall geltend macht.

Ist das persönliche Erscheinen eines Beteiligten angeordnet worden, so werden i...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge