Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. nichtärztlicher Leistungserbringer. bürgerlich-rechtliches Abrechnungsverhältnis. Gericht. Festsetzung. angemessene Vergütung. nichtärztliche Leistung. Kündigung. Vertrag. Weitergeltung. Voraussetzung für einstweilige Anordnung
Leitsatz (amtlich)
1. In einem bürgerlich-rechtlichen Abrechnungsverhältnis zwischen nichtärztlichem Leistungserbringer und gesetzlicher Krankenkasse ist den Gerichten die Festsetzung einer angemessenen Vergütung für die nichtärztlichen Leistungen grundsätzlich verwehrt.
2. Das bürgerlich-rechtliche Abrechnungsverhältnis zwischen nichtärztlichem Leistungserbringer und gesetzlicher Krankenkasse wird trotz seiner zivilrechtlichen Rechtsnatur maßgeblich durch sozialversicherungsrechtliche Elemente geprägt.
3. Wird ein Vertrag zwischen einem nichtärztlichen Leistungserbringer und einer gesetzlichen Krankenkasse gekündigt, die vertragliche Beziehung aber trotz Beendigung des Vertrages fortgeführt, so gilt - vorbehaltlich einer anderweitigen ausdrücklichen Regelung - der Grundsatz der Weitergeltung des gekündigten Vertrages bis zum Abschluß einer neuen Vereinbarung.
4. Ein Anordnungsgrund für eine einstweilige Anordnung ist in der Regel nur gegeben, wenn ohne den vorläufigen Rechtsschutz eine konkrete Existenzgefährdung oder -vernichtung des Antragstellers droht. Die Anforderungen an den Anordnungsgrund sind jedoch dann geringer, wenn ein Erfolg in der Hauptsache wahrscheinlich ist und dem Antragsteller ein Abwarten dieses Erfolges nicht zugemutet werden kann (Anschluß an LSG Celle vom 26.6.1992 - L 5 Ka 17/92).
Tatbestand
Das Verfahren betrifft die Vergütung nichtärztlicher Leistungserbringer (§§ 23, 40 Fünftes Sozialgesetzbuch -SGB V-).
Die Antragsteller -Ast- betreiben vier Kurbetriebe und erbringen ortsspezifische und ergänzende physikalische Leistungen im Rahmen ambulanter Vorsorge- und Rehabilitationskuren an Versicherte der Antragsgegner -Ag-. Am 18. Juli 1984 schlossen die Beteiligten eine gesonderte Vergütungsvereinbarung für die Leistungen im Rahmen offener Badekuren (das entspricht den heutigen ambulanten Vorsorge- und Rehabilitationskuren). Dieser Vertrag galt mit Änderungen bis zu seiner Kündigung im März 1995 weiter. Am 24. Mai 1995 schlossen die Beteiligten folgende Vergütungsvereinbarung für ortsspezifische und ergänzende physikalische Leistungen im Rahmen ambulanter Vorsorge- und Rehabilitationskuren:
1. Laufzeit der neuen Preisvereinbarung: 01.04.95 bis 31.03.96 (12 Monate)
2. Weitergeltung der zuletzt vereinbarten Preise bis 31.05.95 und nominelle Preiserhöhung ab 01.06.95 um linear 2,04 % als Ausgleich für die Nullmonate April bis einschließlich Mai '95 mit Sockelbereinigung auf eine reale Preiserhöhung von 1,7 % als Preisausgangsbasis für die Zeit ab 01.04.96.
3. Weitere Sockelverringerung ab 01.04.96, falls die endgültige Veränderungsrate gemäß § 270a SGB V für 1994 die vorgeschätzte unterschreitet.
4. Preisanpassung ab 01.07.96 um die Differenz zwischen 1,9 % und der tatsächlichen Veränderungsrate für das Jahr 1995, falls diese 1,9 % übersteigt.
5. Es gilt die als Anlage beigefügte Preisliste A und B.
6. Kündigungsfrist: 3 Monate, frühestens zum 31.03.96
7. Diese Vereinbarung gilt vorbehaltlich der Genehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde.
Mit Schreiben vom 29. März 1996 kündigten die Ast diese Vergütungsvereinbarung. Nach einem Schriftwechsel zwischen den Beteiligten teilte die Ag zu 1) mit Schreiben vom 16. Januar 1997 mit, daß nach Kündigung sowohl des Vertrages vom 18. Juli 1984 als auch des Vertrages vom 24. Mai 1995 ab 1. April 1997 alle physikalischen Leistungen nach den mit den Berufsverbänden der Masseure und Badebetriebe vereinbarten Preisen abgerechnet würden.
Die Ast haben am 26. März 1997 den Erlaß einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem Ziel, die physikalischen Leistungen im Rahmen ambulanter Vorsorge-und Rehabilitationskuren nach wie vor als "Kurleistungen" (§§ 23, 40 SGB V) und nicht als Heilmittel in der Kurativversorgung (§ 32 SGB V) abzurechnen. Das Sozialgericht (SG) Hannover hat den Antrag mit Beschluß vom 16. Mai 1997 zurückgewiesen. Hiergegen haben die Ast am 14. Juni 1997 Beschwerde eingelegt.
Sie beantragen,
1. den Beschluß des Sozialgerichts Hannover vom 16. Mai 1997 aufzuheben und
2. den Antragsgegnern aufzugeben, für die Vergütungen ortsspezifischer physikalischer Leistungen im Rahmen ambulanter Vorsorge- und Rehabilitationskuren über den 1. April 1997 hinaus die Vereinbarung vom 24. Mai 1995 anzuwenden, und zwar nach der Preisliste für Preise ab dem 1. Juni 1995.
Die Antragsgegner beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist zulässig und überwiegend begründet.
Nach § 123 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-, der im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend gilt, kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlass...